• 19.04.2009 14:43

  • von Dieter Rencken

Sutil: "Es will einfach nicht sein"

Im ausführlichen Interview spricht Adrian Sutil über seinen unglücklichen Ausfall in Schanghai und sein Duell mit Weltmeister Lewis Hamilton

(Motorsport-Total.com) - Es will einfach nicht sein für Adrian Sutil: Nachdem er schon in Monte Carlo 2008 mit einer Klasseleistung bis auf Platz vier nach vorne gefahren war, dann aber wenige Runden vor Schluss ausschied, erlitt er heute im Regen von Schanghai an sechster Stelle liegend ein ähnliches Schicksal. Allerdings drehte er sich diesmal ohne Fremdeinwirkung von der Strecke.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil und Heikki Kovalainen

Adrian Sutil: Rad an Rad mit dem Silberpfeil von Heikki Kovalainen

Frage: "Adrian, da wurden Erinnerungen an Monaco 2008 wach, als du auch Punkte vor Augen hattest und dann mit dem amtierenden Weltmeister hinter dir ausgeschieden bist. Was ist passiert?"
Adrian Sutil: "Es wurde am Ende schwierig, denn es hat noch stärker zu regnen angefangen. Meine Reifen haben allmählich abgebaut. Ich war sehr lange draußen, habe nur einen Stopp gemacht, riskiert. Ich hatte ja am Anfang während der Safety-Car-Phase schon aufgetankt. Dadurch hatte ich dann am Ende extrem viel Aquaplaning."#w1#

Grip wurde immer weniger

"Die zehn Runden davor war es eigentlich schon eine Kunst, das Auto auf der Strecke zu halten, aber ich dachte mir: Die sechs Runden schaffst du jetzt auch noch! Mit der geringen Downforce, die wir haben, ist es doppelt so schwierig. Dann ging's halt einfach weg. Ich hatte keine Chance mehr, das Auto noch irgendwie abzufangen. Es ist auf einer Geraden einfach links abgebogen - sonst ist das eine kleine Kurve, die man gar nicht spürt. Natürlich ist das enttäuschend, aber wir konnten trotzdem eine gute Leistung zeigen und das Team sollte zufrieden sein."

¿pbvin|512|1466||1pb¿Frage: "Der Unfall sah sehr spektakulär aus, die Frontpartie wurde komplett zerstört. Hättest du den Crash irgendwie verhindern können?"
Sutil: "Nein. Ich war total überrascht. Es war eine schwierige Stelle, weil dort viel Wasser stand. Ich bin jede Runde nur durchgeschwommen und hatte keine Kontrolle. Ich habe nichts anders gemacht, aber das eine Mal brach das Auto plötzlich aus. Ich wollte es noch abfangen, aber keine Chance. Und dann wartete ich nur noch auf den Einschlag in die Barriere."

Frage: "Du hattest dich eigentlich auf Regen gefreut, oder?"
Sutil: "Ich habe mich gefreut - und das hat man auch gesehen, denke ich. Ich habe alles gegeben, denn im Regen ist unsere Chance sehr groß. Da können wir was zeigen und da macht es doppelt Spaß. Es waren sehr schwierige Bedingungen. Es war wirklich am Limit, überhaupt zu fahren - extrem viel Wasser auf der Strecke, man konnte nichts sehen. Es waren extreme Bedingungen, aber trotzdem ein sehr spannendes und interessantes Rennen."

Frage: "Wärst du mit dem Benzin bis zum Ende durchgekommen? Und hätten es die Reifen bis zum Ende mitgemacht?"
Sutil: "Der Reifen löst sich ja nicht auf im Regen, auch wenn es schwierig war, keine Frage. Trotzdem konnte ich die Pace noch gehen. Die Geraden waren das große Problem, weil das Profil Millimeter um Millimeter weniger wurde. Die Traktion wurde auch immer schlechter."

Zum Greifen nahe

"In den Kurven war es okay, da hatte sich nichts geändert, aber sobald ich irgendwo auf Wasserlachen gekommen bin, hatte ich keine Kontrolle mehr über das Auto. Vom Benzin her wären wir durchgekommen. Es stimmt, dass es knapp war - ich musste zwischendurch auch ein bisschen sparen. Aber in den letzten zehn Runden konnte ich wieder normal attackieren."

"Ich habe ehrlich gesagt gar nicht gewusst, ob es Kovalainen oder Lewis ist." Adrian Sutil

Frage: "Es ist kein Geheimnis, dass du mit Lewis Hamilton befreundet bist. Hast du kurz daran gedacht, ihm zuzuwinken, als du nach seinem Dreher an ihm vorbeigefahren bist?"
Sutil: "Ich habe ehrlich gesagt gar nicht gewusst, ob es Kovalainen oder Lewis ist, sondern ich habe nur einen McLaren gesehen, der quer daherkam und den ich beinahe getroffen hätte. Das war richtig eng! Natürlich war es schön, inmitten eines McLaren-Sandwichs zu sein und richtig mit ihnen fighten zu können, denn wir hatten die Pace dafür. Ich habe ja davor schon einen McLaren überholt, als ich aus der Box rausgekommen bin."

Frage: "Hättest du Lewis hinter dir halten können?"
Sutil: "Ich denke schon, denn es ist sehr schwierig, im Regen zu überholen. Man sieht auf den Geraden überhaupt nichts und es ist ein großes Risiko, da irgendwas zu versuchen. Als Lewis vor mir war, war unsere Pace auch ziemlich ähnlich. Von der schnellsten Runde her waren wir auch ähnlich. Ich denke, der sechste Platz wäre zu schaffen gewesen."

Im silbernen Sandwich

Frage: "Ihr seid wieder mit Mercedes-Motoren gegeneinander gefahren, fast wie in alten Formel-3-Tagen, als ihr Teamkollegen wart..."
Sutil: "Ha, stimmt! Aber wie gesagt: Ich wusste gar nicht, ob es überhaupt Lewis ist. Das Team hat mir auch nichts gesagt. Es war ja alles klar und es war ganz egal, wer vor oder hinter mir ist, denn ich war voll darauf konzentriert, es bis zum Ende zu schaffen."


Fotos: Adrian Sutil, Großer Preis von China, Sonntag


Frage: "Damit sind dir drei Punkte durch die Lappen gegangen..."
Sutil: "Ich muss leider sagen, es waren wahrscheinlich drei Punkte drin, ja, aber ich habe es leider nicht geschafft. Ich bin sehr enttäuscht, aber ich muss das hinter mir lassen, denn es gibt immer ein nächstes Rennen. Das ist das Gute daran, aber es sitzt schon tief. Wir hätten uns das verdient gehabt und wir waren wieder so nahe dran, aber es will einfach nicht sein! Wir geben nicht auf. Wir kriegen wieder mal eine Chance und die nutzen wir dann."

Frage: "Ist deine Enttäuschung größer als in Monaco?"
Sutil: "Nein, Monaco war schon schlimmer, denn dort habe ich gar nichts falsch gemacht, sondern ich wurde von jemandem getroffen. Hier sind wir halt das Risiko mit den Reifen eingegangen. Wenn der Regen aufgehört hätte, hätte es geklappt, aber es begann stärker zu regnen und dadurch wurde es sehr schwierig. Das hat uns das Ergebnis kaputt gemacht."

Frage: "Das Auto scheint im Regen ganz gut zu sein, nicht wahr?"
Sutil: "Naja, es ist auch im Regen deutlich schlechter, weil wir weniger Downforce als alle anderen haben. Daher sind wir die Ersten, die an Aquaplaning leiden. Man braucht auch im Regen den Grip in den Kurven. Ich weiß nicht, warum wir im Regen so stark sind. Dass mir das liegt, ist kein Geheimnis. Vielleicht treffen wir einfach die richtigen Strategieentscheidungen."

Endlich wieder Potenzial gezeigt

Frage: "Ist es ein Trost für dich, dass du zumindest mal wieder vorne mitfahren konntest?"
Sutil: "Ja. Es ist immer gut, ein starkes Rennen wie dieses zu zeigen. Wir haben eineinhalb Stunden oder sogar mehr geschafft und wären beinahe ins Ziel gekommen. Wenn das Force-India-Auto mal vorne dabei ist, ist das gut für uns, gut für das Team. Das motiviert uns."

"Wir sollten über unser heutiges Rennen glücklich sein." Adrian Sutil

Frage: "Hast du schon mit Vijay Mallya gesprochen?"
Sutil: "Ja, natürlich. Das Team ist glücklich - und wir sollten über unser heutiges Rennen auch glücklich sein. Klar, es ist eine Enttäuschung, aber die müssen wir hinter uns lassen. Es ist vorbei. Man kann es sowieso nicht mehr ändern."

Frage: "Ihr bekommt schon für Bahrain einen neuen Diffusor. Erwartest du dir davon eine verbesserte Performance?"
Sutil: "Ja, das sollte definitiv helfen. Schauen wir mal, ob wir damit aufholen, weil ja auch die anderen etwas bringen werden. Ich hoffe, dass wir den Rückstand verkürzen können. Wir müssen aber weiter auf Regen hoffen, um eine Chance auf Punkte zu haben. Das ist in Bahrain unwahrscheinlich."