• 02.10.2013 17:35

Südkorea: Renault jagt Ferraris Pole-Position-Rekord

Sollte am Samstag ein Fahrer mit Renault-Motor im Heck auf die Pole-Position fahren, würden die Franzosen mit Ferrari gleichziehen - Strecke mit zwei Gesichtern

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1-Weltmeisterschaft setzt ihr Asien-Gastspiel fort: Zwei Wochen nach dem Grand Prix von Singapur steht mit dem Grand Prix von Südkorea in Yeongam das nächste Rennen in Fernost auf dem Programm. Der Kurs am Gelben Meer liegt im Südwesten des Landes in der Provinz Jeollanam-do, rund 400 Kilometer von der Hauptstadt Seoul entfernt.

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Fällt in Yeongam der Ferrari-Motoren-Rekord von 208 Pole-Positions? Zoom

Wie viele der aktuellen Grand-Prix-Kurse hat auch der Korean International Circuit (KIC) zwei Gesichter: Im ersten Abschnitt dominieren die Geraden. Hier stehen vor allem eine hohe Motorleistung und bestmögliche Beschleunigung im Fokus. Der zweite Teil besteht aus einer Abfolge sehr flüssig zu fahrender Kurvenkombinationen. Hier bleibt den Piloten keine Zeit zum Verschnaufen, denn eine echte Gerade gibt es in diesem Streckenabschnitt nicht.

Die Anforderungen an die Triebwerke und an die nötige Balance zwischen Power und Fahrbarkeit auf dem Kurs ähneln am ehesten denen von Melbourne. So zählen auch im "Land der Morgenröte" eine gute Fahrbarkeit in den mittelschnellen und langsamen Kurven, ein spontanes Ansprechverhalten beim Beschleunigen aus den Haarnadelkurven sowie eine hohe Spitzenleistung für die drei längeren Geraden.

Für Fahrer und Teams hält der KIC einige große Herausforderungen bereit. Denn der Asphalt bietet verhältnismäßig wenig Grip, zudem ist der Grand Prix von Südkorea für seine wechselhaften Witterungsbedingungen bekannt: Beste Voraussetzungen also für ein spannendes Rennwochenende.

Yeongam im Detail: Drei entscheidende Passagen

Der KIC besitzt drei lange Geraden. Die längste davon führt jedoch nicht über Start und Ziel, sondern erstreckt sich zwischen den Kurven zwei und drei. Bei 1,15 Kilometern Länge laufen die Triebwerke hier rund 15 Sekunden lang bei Maximaldrehzahl. Die Start-Ziel-Gerade selbst ist 700 Meter lang, die Passage zwischen den Kurven drei und vier misst 560 Meter. Dank dieser drei Geraden liegt der Vollgasanteil im ersten Streckenabschnitt bei über 80 Prozent.

Im ersten Sektor kommt es folglich vor allem auf bestmögliche Beschleunigung und maximalen Top-Speed an. Die passende Getriebeabstufung - vor allem die Übersetzung des siebten Gangs - ist deshalb essenziell. Wird die höchste Schaltstufe zu kurz übersetzt, landen die Piloten im Drehzahlbegrenzer, erreichen nicht die potenziell mögliche Höchstgeschwindigkeit und werden leichte Beute der nachfolgenden Konkurrenten. Sind die Gänge zu lang gewählt, verlieren die Piloten beim Beschleunigen wertvolle Zeit.

Die wechselhaften Witterungsbedingungen erschweren die Getriebeabstimmung zusätzlich. Die Nähe zum Gelben Meer und die geringe Höhe über dem Meeresspiegel sorgen dafür, dass sich die Windrichtung innerhalb eines Tages mehrfach verändert. Dies müssen die Ingenieure bei der Abstimmung von Motor, Getriebe und Aerodynamik berücksichtigen.

Strecke mit zwei Gesichtern

Die sanft fließenden Schwünge zwischen den Kurven sechs bis neun gelten zwar als Kurven, können aber mit Vollgas gefahren werden. Damit steht nach den drei Geraden gleich eine weitere, 700 Meter lange Vollgaspassage an. Beim Herausfahren aus Kurve sechs beschleunigen die Fahrer durch die Gänge hoch und versuchen dabei, möglichst viel Schwung durch die leichten Richtungswechsel mitzunehmen.

Bei diesem Vollgas-Slalom treten massive Fliehkräfte nach rechts und links auf und die Öl- und Benzinvorräte werden in den Tanks hin- und hergeworfen. Damit dies gerade gegen Ende des Rennens nicht zu Problemen mit der Schmierung oder der Kraftstoffversorgung führt, müssen die Füllmengen sehr genau berechnet werden.

Ab Kurve neun wechselt die Strecke ihr Gesicht: Der Rest der Runde besteht fast nur noch aus Kurven, die im zweiten bis vierten Gang gefahren werden. Das letzte Stück zwischen den Kurven 14 bis 16 ist typisch für diese Abschnitte. Hier tanzen die Fahrer förmlich auf den Pedalen, um Speed und Balance zu halten. Die Stop-and-Go-Charakteristik dieser Sektion erhöht den Kraftstoffverbrauch erheblich. Der Spritbedarf in Südkorea gehört zu den höchsten des Jahres.

Besondere Herausforderung für die Motoren

"Die Motoren werden auf dem Korea International Circuit durchschnittlich beansprucht", meint Remi Taffin von Renault. "Das moderne Layout der Rennstrecke zeichnet sich durch eine Abfolge von langen Geraden und engen Kurven aus. Bei der Abstimmung der Motor-Mappings stehen daher sowohl eine optimale Leistungsausbeute als auch eine sehr gute Fahrbarkeit im Fokus der Ingenieure."

"Der zweite Streckenabschnitt besteht aus einer Abfolge sehr flüssig zu fahrender Kurvenkombinationen. Hier stehen eine optimale Abstimmung der Motorbremse sowie bestmögliche Traktion und die gute Fahrbarkeit im Fokus", fährt Taffin fort. "Der letzte Sektor des Korea International Circuit zeichnet sich durch seinen Stop-and-Go-Charakter aus: Kurze Beschleunigungsphasen und Rechtskurven wechseln sich ab."

"Das treibt den Benzinverbrauch in die Höhe. Mit Ausnahme von Spa-Francorchamps verbrauchen die Achtzylinder auf keiner anderen aktuellen Grand-Prix-Strecke mehr Kraftstoff als in Yeongam. Unsere Ingenieure nutzen daher spezielle Motorkennfelder, um die benötigte Kraftstoffmenge in den Tanks und damit das Gewicht beim Start des Rennens so gering wie möglich zu halten", so der Franzose.

Aus Sicht von Renault hat der diesjährige Grand Prix von Südkorea eine ganz besondere Bedeutung. Sollte an diesem Wochenende erneut ein Fahrer mit Renault-Power den ersten Startplatz erobern, würden die Franzosen den bisherigen Rekord für die meisten Pole-Positions eines Motorenherstellers in der Formel 1 einstellen. Derzeit führt Ferrari diese Statistik mit 208 an. "Auch wenn es sich eigentlich nur um eine Zahl handelt, so würde es uns doch mit Stolz erfüllen, wenn wir auch in dieser Wertung die Spitzenposition erobern könnten", sagt Taffin.