• 31.07.2007 14:03

  • von Fabian Hust

Stepney: "Der Spion ist noch bei Ferrari"

Die Formel 1 wird der "Spionage-Fall" weiterhin beschäftigen - Nigel Stepney fühlt sich von seinem ehemaligen Arbeitgeber ausspioniert

(Motorsport-Total.com) - McLaren-Mercedes mag vom Weltmotorsportrat der FIA in der "Spionage-Affäre" ungestraft davongekommen sein, doch der Fall schwebt nach wie vor wie ein Damoklesschwert über der Formel 1. "Diese Geschichte ist noch lange nicht zu Ende", so Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo, der mit dem Urteil nicht zufrieden ist.

Titel-Bild zur News: Nigel Stepney

Nigel Stepney ist überzeugt, dass der "wahre Spion" noch bei Ferrari ist

Die FIA hat eine klare Warnung ausgesprochen: Sollte dem Team nachgewiesen werden können, dass man die vertraulichen Ferrari-Informationen im Team eingesetzt hat, könnte man aus der diesjährigen und kommenden Formel-1-Saison ausgeschlossen werden - das wäre für das erfolgsverwöhnte Team und Partner Mercedes der GAU.#w1#

"Alles, was Ferrari jetzt tun muss, ist zu beweisen, dass irgendein Teil am McLaren dem Pendant am Ferrari ähnelt", so Ex-Formel-1-Pilot Marc Surer gegenüber der 'motorsport aktuell'. "Und sofort hätten sie ein Argument, wonach die Briten eben doch nicht nur von der italienischen Technik wussten, sondern auch etwas davon umgesetzt haben."

Einen Einspruch gegen die Entscheidung des Weltmotorsportrats können die Italiener bekanntlich nicht einlegen, doch gestern machte das Gerücht die Runde, dass Ferrari nun den Gang vor ein Zivilgericht wagen wird.

Ferrari "wird alle möglichen Optionen betrachten", ließ ein Sprecher des Rennstalls aus Maranello mitteilen. Ferrari-Rechtsanwalt Nigel Tozzi erklärte, dass unabhängig davon das Verfahren gegen Ex-McLaren-Mercedes-Chefdesigner Mike Coughlan "den üblichen Weg nehmen wird", auch wenn derzeit keine Anhörungen bevorsteht.

Die Formel-1-Szene wartet gespannt darauf, wann Ex-Ferrari-Techniker Nigel Stepney auspackt und die von ihm erwähnten "Leichen im Keller bei Ferrari" beim Namen nennt. Von Spionage und Sabotageversuchen will der Brite bekanntlich nichts wissen und geht seinerseits mit seinem ehemaligen Arbeitgeber hart ins Gericht.

"Ferrari spioniert mich aus. Man hat mich sogar während meiner gesamten Reise in den Urlaub von Modena bis nach Frankreich beschattet", so Stepney gegenüber der 'La Repubblica', der sich "ausspioniert" fühlt. "Gegen mich können sie tun, was sie wollen, meine Familie sollten sie aber raushalten", so der Ingenieur weiter, der mit seiner Familie wieder in den Urlaub geflüchtet ist.

Weil ihn Unbekannte im Auto verfolgt haben, hat Stepneys Rechtsanwältin Sonia Bartolini bei der Staatsanwaltschaft von Modena eine Anzeige gegen Unbekannte eingereicht. Der 48-Jährige vermutet eine Intrige, so habe er auch nichts mit dem weißen Pulver zu tun, das vor dem Monaco-Grand-Prix an den Tanks der Ferrari gefunden wurde: "Man hat mir das Pulver in die Hosentasche gesteckt, während ich geduscht habe."

Stepney glaubt, dass der eigentliche Spion immer noch bei Ferrari arbeitet: "Ich habe keine Skizzen von Ferrari genommen. Jemand hat das getan, man hat ein Komplott gegen mich ausgeheckt und der Verantwortliche ist noch bei Ferrari. Ich will keine anderen Kollegen belasten, ich kenne nur einen Teil der Geschichte. Ferrari kennt die ganze Geschichte."

Das klingt in den Augen von Marc Surer durchaus glaubhaft: "Normalerweise hat eine Person nur zu jenen Unterlagen Zugang, die seine Arbeit betreffen. Wie kann es sein, dass ein Einzelner die ganzen Geheimnisse abrufen kann? Steckt da vielleicht doch eine Verschwörung dahinter, wie Stepney weismachen will?"

Stepney will freiwillig vor der Staatsanwaltschaft aussagen, um seine Unschuld zu beweisen, wird demnächst auch vom Automobilweltverband FIA vorgeladen, wo ihm wie Mike Coughlan ein Berufsverbot im Motorsport droht. Beide hatten sich zusammen bei Honda beworben, wollten dort ihrer Karriere neuen Schwung verleihen.

Stepney scheint das Kapitel Motorsport aber schon abgehakt zu haben, denn er hat außerhalb von Italien einen neuen Job angenommen: "Aber dieser hat weder mit der Formel 1, noch mit McLaren zu tun. Ich mag Ron Dennis (McLaren-Teamchef; Anm. d. Red.) nicht. Ich habe ihn nur einmal getroffen und er hat mir vorgeschlagen, für ihn in Japan zu arbeiten."