• 17.03.2012 13:51

  • von Dieter Rencken & Roman Wittemeier

Ricciardo: Starke Leistung vor heimischer Kulisse

Toro-Rosso-Neuzugang Daniel Ricciardo wird seinen ersten Heim-Grand-Prix von Startplatz zehn in Angriff nehmen: Lob von Landsmann Mark Webber

(Motorsport-Total.com) - Für Daniel Ricciardo geht an diesem Wochenende ein großer Traum in Erfüllung. Am Steuer eines Toro Rosso darf der Australier seinen ersten Heim-Grand-Prix in Melbourne bestreiten. "Ich habe schon als kleiner Junge davon geträumt, ein Formel-1-Rennen in der Heimat zu fahren. Als ich vor zehn Jahren dann Mark hier fahren sah, da wurde es noch greifbarer. So richtig realistisch aber erst ab dem Zeitpunkt, an dem ich einen Red-Bull-Vertrag bekam. Da erst ging es voran und die Möglichkeiten waren plötzlich vorhanden."

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo

Daniel Ricciardo will bei seinem ersten Heim-Grand-Prix glänzen

Die Möglichkeiten nutzte der Australier perfekt. Er zeigte in den Nachwuchsserien starke Leistungen, durfte bei den Young-Driver-Days im Red Bull glänzen, bekam Freitagseinsätze und sogar erste Grand-Prix-Erfahrung im HRT 2011. Nun geht es um die Zukunft. Bei Toro Rosso will sich Ricciardo als potenzieller Webber-Nachfolger in Position bringen. Der erste Schritt dorthin ist bereits gelungen. Mit Platz zehn im Qualifying in Melbourne zeigte Ricciardo eine starke Leistung.

"Ich bin sehr glücklich. Hoffentlich geht es so gut weiter", lacht der Youngster. Von Webber gibt es Lob: "Ich sah, dass er in Q3 mit dabei war. Das ist eine richtig gute Leistung. Ich glaube, er hatte ein schönes Duell mit Jean-Eric (Vergne; Anm. d. Red.). Toro Rosso schnitt wohl ein bisschen besser ab, als sie es selbst vermutet hatten. Es ist schön zu sehen, dass sie gut waren. Daniel hat gute Arbeit geleistet und wird am Sonntag sicherlich noch weitere tolle Erfahrungen machen."

Webber lobt Ricciardo

Webber liegt mit seiner Einschätzung richtig. Mit dem Einzug in Q3 hatten nicht alle im Lager von Toro Rosso gerechnet. "Bei den Wintertests konnte man kaum erahnen, wo man steht. Natürlich hatte ich den Einzug ins Q3 im Hinterkopf, als ich hierher kam. Aber irgendwie hatte ich dann das Gefühl, dass wir das nicht ganz schaffen werden", sagt Ricciardo. "Ich bin Optimist, aber der Realist in mir signalisierte, dass der Einzug ins Q3 schwierig werden würde. Erst nach dem gestrigen Freitag hatte ich das Gefühl, dass es tatsächlich klappen könnte."

Der Australier bot sich während der Zeitenjagd ein intensives Duell mit seinem Teamkollegen Jean-Eric Vergne. Der Franzose setzte den etwas erfahreneren Ricciardo gehörig unter Druck, konnte von ihm erst im letzten Moment auf Platz elf verdrängt werden. "Das ist krass, aber so etwas macht Spaß. So müssen sich zwei Teamkollegen gegenseitig fordern und antreiben", sagt Ricciardo. "Ich hatte gesehen, dass er eine Weile vor mir lag. Da muss man sich dann etwas einfallen lassen, um wieder vorbeizuziehen und die Nase vorn zu haben. Ich habe wirklich alles gegeben. So muss es laufen, so holt man alles aus einem Auto heraus. Wir werden uns auch in Zukunft gegenseitig pushen."


Fotos: Daniel Ricciardo, Großer Preis von Australien


"Es steckt vielleicht noch etwas mehr im Auto", meint er. "Allerdings ist es wirklich gut, mit unserem Material ins Q3 einzuziehen. Die Balance und ein paar andere Details hätten noch besser sein können. Das hätte uns aber nicht gleich ein paar Plätze weiter nach vorne gebracht. Die Top 10 sind für uns schon eine tolle Sache. Ich habe mir dann einen Reifensatz gespart und bin nicht mehr gefahren. Vielleicht hätte ich Hülkenberg und Maldonado schlagen können, aber der Poker zahlt sich womöglich morgen aus."

Erstaunlich war, mit welch einer Coolness der Australier dem Druck der Qualifikation begegnete. Eine Situation, die er von seinen HRT-Einsätzen nicht kannte. Im spanischen Team war er nie in der Lage, um den Einzug in Q3 zu kämpfen. "Wir haben bei den Wintertests ein paar Qualifyingversuche unternommen, um mal den Druck zu simulieren, der vorhanden ist, wenn du genau eine schnelle Runde zur Verfügung hast. Ich finde aber, das man sich vorab nicht zu viel damit beschäftigen sollte", sagt er. "Oft ist es besser, sich ins Auto zu setzen, Vollgas zu geben, anstatt sich vorher den Kopf darüber zu zerbrechen. Ich war anfangs etwas nervös, aber auf der schnellen Runde war das kein Thema mehr."

Der Toro-Rosso-Youngster im PR-Stress

"Die Woche war voller PR-Termine und somit ziemlich anstrengend. Da waren die Fahrten im Auto regelrecht erholsam, denn dort konnte ich das tun, was ich am liebsten mache. Es war kein Druck da, sondern es war eher eine Erlösung, endlich fahren zu dürfen", schildert Ricciardo, der in Melbourne stets umlagert war. "Ich würde nie sagen, dass ich gern aus Australien abhauen würde. Ich bin hier zu Hause, bin sehr gern in Australien. Aber ich bin dennoch überzeugt, dass ich das Wochenende in Malaysia ganz anders erleben werde. Vielleicht werde ich mich dort regelrecht einsam fühlen."

Daniel Ricciardo

Hat meist ein Lächeln im Gesicht: Toro-Rosso-Neuzugang Daniel Ricciardo Zoom

Einsamkeit wird der Youngster höchstens dann erleben, wenn die Ergebnisse mäßig sind. Setzt Ricciardo seinen bislang guten Trend fort, dann dürfte der Rummel anhalten - auch außerhalb seiner Heimat. Der Schlüssel für ein gutes Resultat im Heimrennen dürfte in der Taktik liegen. Hier hat sich Ricciardo mit seinem gesparten Satz weicher Pneus eine gute Basis verschafft. "Man mag es mit einem oder zwei Stopps probieren. Ich denke aber, dass die meisten zweimal anhalten werden", sagt er.

"Wir fangen erst gar nicht mit Reifenschonen an. Wir geben vom Start weg Vollgas. Es sollte aus Fahrersicht ein aggressives Rennen werden", verspricht Ricciardo Action. "Williams und Force India liegen einen Hauch vor uns. Das sind die Teams, die wir im vergangenen Jahr schon einmal hinter uns gelassen hatten. Die wollen wir nun natürlich wieder überholen. Vor allem Williams macht hier aber einen starken Eindruck. Ich bin nicht sicher, ob wir die packen können."