• 16.03.2012 12:44

  • von Dieter Rencken & Stefan Ziegler

Pirelli: Der Reifenverschleiß ist die große Unbekannte

Zwei oder drei Boxenstopps in Melbourne? Pirelli tut sich vor dem Saisonstart noch schwer damit, eine genaue Prognose zum Rennverlauf abzugeben

(Motorsport-Total.com) - Als Pirelli im vergangenen Jahr in die Formel 1 zurückkehrte, wussten die Fahrer und ihre Teams nur bedingt, was sie beim Saisonauftakt erwarten würde. 2012 verfügen sämtliche Beteiligte zwar über die Erfahrung eines kompletten Rennjahres, doch die Pirelli-Reifen sind auch dieses Mal wieder die große Unbekannte: Die Pneus wurden im Winter zum Teil modifiziert, sodass wieder einiges neu sein wird.

Titel-Bild zur News: Paul di Resta

Paul di Resta und seine Kollegen fahren wohl zwei- bis dreimal zum Reifenservice

Das zentrale Thema dabei ist: Wie rasch verschleißen die Reifen und wie lange halten die einzelnen Mischungen. Dies gilt es beim ersten Formel-1-Rennen des Jahres, dem Großen Preis von Australien in Melbourne, herauszufinden. "Noch wissen wir nämlich nicht, wo die einzelnen Autos stehen und wie aggressiv sie die Reifen rannehmen werden", sagt Pirelli-Motorsport-Direktor Paul Hembery.

Bei den Testfahrten vor Saisonbeginn habe man sich zwar ein generelles Bild von der Lage machen können, doch im Rennbetrieb gestaltet sich die Situation meist ein bisschen anders. Hinzu kommt in Australien erschwerend: Der Freitag war verregnet und die gesammelten Daten sind daher nur bedingt aussagekräftig. "Es ist für uns noch immer ein großes Fragezeichen", gesteht Hembery.

Lösung der Reifenfrage erst in Malaysia?

"Malaysia dürfte ein guter Prüfstand werden." Paul Hembery

"Man darf ja nicht vergessen: Selbst wenn die Teams am Freitag zeitgleich auf den unterschiedlichen Reifen fuhren, jeder hat ja ein bestimmtes Programm und auch die Spritladungen sind anders. Es wäre gefährlich, schon jetzt Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Bisher haben wir deshalb nur Vermutungen", meint der Brite. Generell wird es 2012 wieder "eine gewisse Abstufung" geben.


Pirelli erklärt den Albert Park Circuit

Für das Rennen in Melbourne kommen diese Erkenntnisse natürlich zu spät, doch bestimmte Tendenzen sind natürlich schon jetzt ersichtlich. Ausgehend von den bisher gesammelten Daten laufe es in Melbourne vermutlich auf zwei bis drei Boxenstopps je Fahrzeug hinaus, sagt Hembery. "Das hängt allerdings auch davon ab, ob es Safety-Car-Phasen und dergleichen gibt", fügt er hinzu.

Neue Eigenschaften für die Pirelli-Reifen

Zudem eröffne die Streckenposition den Fahrern und ihren Teams eine weitere Dimension in der Strategieplanung: "Liegst du weit vorne, kannst du es dir vielleicht leisten, einen weiteren Stopp einzulegen", sagt Hembery. "Die Mehrheit der Teams wird aber bestimmt zwei Reifenwechsel anstreben. Der Albert Park ist da beinahe eine normale Strecke und nicht wie ein Stadtkurs."

"Die Mehrheit der Teams wird aber bestimmt zwei Reifenwechsel anstreben." Paul Hembery

Schon jetzt meint der Pirelli-Motorsport-Direktor eine wichtige Eigenschaft seiner Reifen erkannt zu haben. "Die mittlere Mischung scheint bei diesen kühleren Bedingungen besser zu funktionieren als im vergangenen Jahr", erklärt Hembery. Ganz allgemein wollte man zur Saison 2012 versuchen, das Aufwärmen der Pneus zu verbessern. Auch diese Aufgabe scheint Pirelli gemeistert zu haben.


Fotos: Großer Preis von Australien


Aber: "Noch haben wir keine fundierten Informationen über den Unterschied zwischen den weichen und den mittleren Pneus", sagt Hembery. "Alle hoffen darauf, die entsprechenden Daten am Samstag zu sammeln. Sollte das nicht gelingen, dürfte uns am Sonntag ein sehr interessantes erstes Rennen bevorstehen." Sehr wahrscheinlich auf einem trockenen Albert Park Circuit, wie Hembery hinzufügt.

Hembery hofft auf eine spannende Saison

Spätestens dann erhofft sich der Brite Klarheit über die Reifenleistung 2012. "Die Reifen verschleißen. Ob genug oder nicht, das weiß ich nicht. Wenn die Kommentare zu positiv ausfallen, wird mich Bernie (Ecclestone; Anm. d. Red.) schon anrufen und mir eine Standpauke verpassen. Die Fahrer scheinen jedenfalls recht zufrieden mit der Balance zu sein", meint Hembery in Melbourne zusammenfassend.

"Das bedeutet hoffentlich, dass wir eine klasse Saison erleben werden." Paul Hembery

"Das liegt sicherlich auch daran, dass die Teams nun mehr Zeit hatten, um ihre Autos um die Reifen herum zu bauen. Insgesamt dürften die einzelnen Fahrzeuge in dieser Saison noch enger beisammen liegen als 2011. Das bedeutet hoffentlich, dass wir eine klasse Saison erleben werden", sagt Hembery. Er selbst sieht sein Unternehmen indes auf einem guten Weg, noch besser zu werden.

"Wir haben eine deutlich bessere Ausgangslage als im vergangenen Jahr", erklärt der Motorsport-Direktor des italienischen Reifenlieferanten. "Unser Verständnis ist viel größer, was zum Beispiel bei solchen Themen wie der Logistik einfach prima ist. Es ist eine sehr komplexe Welt und vieles darin bleibt der Außenwelt verborgen." Die Reifen stehen dagegen ab Sonntag wieder im Zentrum.