• 04.03.2006 21:20

Klien: "Mein Leben hat sich nicht verändert"

Christian Klien über die Vorfälle der vergangenen Tage, seinen Umzug, die Vorgabe von Red-Bull-Boss Mateschitz und den Testrückstand mit dem RB2

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Bei unserem letzten Gespräch vor ein paar Wochen hast du erzählt, dass du sehr gerne in deiner Heimat ausgehst, mit deinen alten Freunden, und dass man dich in Vorarlberg großteils in Ruhe lasse - und wenn dann wirklich jemand kommt und mit dir über Formel 1 reden möchte, dass es dann sein kann, dass du einfach sagst: 'Bitte red ma' nit über die Arbeit.' Dann kam die Geschichte mit der Disko. Wie siehst du jetzt diese Thematik? Ist die Unbeschwertheit jetzt weg, gehst du überhaupt noch fort im Ländle?"
Christian Klien: "Ja, ich sehe es eigentlich genau wie vorher - gut, vielleicht sehe ich es ein bisschen anders, aber ich gehe trotzdem noch unter die Leute. Das war jetzt ein Zwischenfall, der sich ja dann doch geklärt hat. Da hat jemand eine Vermutung in den Raum gestellt, nur ist das überhaupt nicht in dieser Art und Weise vorgefallen. Das erste war ja die angebliche Zechprellerei in der besagten Diskothek. Wobei das so gewesen ist, dass sich andere, mir fremde Leute, auf meinen Namen eingeladen haben - und da ist es doch ganz klar, dass ich gesagt habe: 'Nein, das zahle ich nicht und ich möchte das am nächsten Tag mit dem Inhaber der Diskothek persönlich besprechen.'"#w1#

Titel-Bild zur News: Christian Klien

Christian Klien lässt sich auch durch negative Presse nicht stören

Frage: "Da würden sich, denke ich, viele Menschen nicht darüber freuen, wenn sich Leute selber einladen."
Klien: "Ja, und ich habe am nächsten Tag mit dem Disko-Inhaber gesprochen - nur ist das so schnell in die Presse gegangen und es wurde auch ein bisschen falsch transportiert - das war ja eigentlich ein harmloses Ding. Komischerweise kam dann eine Woche später der andere Zwischenfall, der sich ja auch als wagemutig darstellt. Weil erstens haben sich danach überhaupt keine Zeugen mehr gemeldet und zweitens weiß ich ja hundertprozentig, dass ich in diesen Zwischenfall ganz sicher nicht persönlich involviert war. Ich bin mir sicher, dass sich auch hier noch rausstellen wird, dass im Endeffekt überhaupt nichts an der Geschichte dran war. Es hat sich ja auch jetzt schon herauskristallisiert."

Klien und die negativen Presseberichte

Frage: "Die Medien haben sich auf dieses Thema gestürzt."
Klien: "Es hat in der Presse eine Riesenwelle geschlagen. Nicht nur bei uns in Österreich - auch in der englischen Presse wurde dazu ein bisschen was geschrieben - aber das ist jetzt einmal vorbei und jetzt schauen wir wieder nach vorne und jetzt kommen wieder die Rennen. Das ist ja das Schöne am Motorsport."

Frage: "Das stimmt. Nur gab es ja doch neben den dich verteidigenden und den besorgten auch einige ziemlich bösartige Foreneinträge - hast du die gelesen und hat das keinen Einfluss auf deine weiteren Handlungen? Ist die Übersiedlung in die Schweiz eine Konsequenz - dass du dir sagst, du hast jetzt die Nase voll vom Ländle?"
Klien: "Nein, nicht wirklich. Ich habe zwar die Einträge nicht gelesen, weil mich das ehrlich gesagt nicht so sehr interessiert - aber ich denke, dass es ein Bruchteil der Leute war, die anders gedacht haben und ich bin mir sicher, dass viele Vorarlberger hinter mir stehen. Und daher ändert sich für mich nichts und diese Zwischenfälle haben nicht zur Folge, dass ich mich in Vorarlberg nicht mehr blicken lasse. Das ist der Platz, an dem ich aufgewachsen bin und ich werde nach wie vor auch dort unterwegs sein. Ich habe ja auch immer noch meine Kollegen dort. Da hat sich in meinem Leben nicht viel geändert - das ist glaube ich in den Zeitungen ein bisschen anders transportiert worden."

Christian Klien

Christian Klien möchte sich nicht für die Formel 1 verbiegen müssen Zoom

Frage: "Dazu muss man ja auch bedenken, dass jene Menschen, die etwas Negatives zu sagen haben, sich wahrscheinlich eher in diese Foren eintragen."
Klien: Ganz genau, das ist glaube ich alles halb so schlimm."

Frage: "Andererseits kann ich mir durchaus vorstellen, dass es Leute gibt, die jetzt, wenn du wieder einmal ausgehst, es darauf anlegen und dich vielleicht ein bisschen provozieren könnten. Man kennt das ja, nach Mitternacht haben manche einen in der Birne, wie man so schön sagt, und da sitzt dann der Christian Klien und dann könnte jemand denken: 'Schauen wir mal, wie er reagiert.' Gut, diese Menschen sind natürlich in der Minderheit, aber völlig abwegig ist der Gedanke nicht, oder?"
Klien: "Naja, ich weiß nicht - ich glaube nicht, dass es so schlimm ist. Ein bisschen vorsichtiger werde ich schon sein, aber jetzt bin ich ja sowieso eine Zeit lang weg und werde mich voll auf die Rennen konzentrieren. Und danach ist das ja längst vergessen."

Die Suche nach dem goldenen Mittelweg

Frage: "Gab es von Red Bull eine Reaktion auf die Vorfälle, gab es Gespräche über diese Geschichten?"
Klien: "Wir haben natürlich darüber gesprochen - aber ich habe meine Version erklärt und damit war die Sache vom Tisch."

Frage: "Was sagst du prinzipiell zu der Frage, dass einerseits viele beim Anblick eines Felipe Massa beispielsweise den alten Charakterköpfen wie einem James Hunt nachweinen und andererseits man sich fürchterlich aufregt, wenn ein Kimi Räikkönen einmal zu tief in ein Glas schaut. Einerseits wünscht man sich schräge Vögel in den Autos, andererseits wird schwer moralisiert. Was sagst du zu diesem Widerspruch?"
Klien: "(lacht) Ich finde, das hast du sehr, sehr gut erkannt - ich sehe das auch so. Das ist eine interessante Frage. Es heißt ja immer, man soll nicht abheben und trotz allem unverändert bleiben, trotzdem noch weggehen mit den Kollegen - und das sollte man ja auch unbedingt machen. Aber wenn man es dann macht und einmal ein bisschen über die Schnur schlägt, dann passt es auch wieder nicht. Man muss da irgendwie einen Mittelweg finden und das ist mir bis jetzt eigentlich immer sehr gut gelungen. Das war jetzt einmal eine negative Geschichte - aber es ist alles aufgeklärt worden und im Grunde war es nur heiße Luft."

Frage: "Und der Umzug in die Schweiz hat damit nichts zu tun?"
Klien: "Nein, das stand schon im Dezember fest. Es wird ab dem 1. März offiziell. Haben wir schon den Ersten?"

Frage: "Sogar den Vierten."
Klien: "Dann ist es jetzt offiziell, dass ich meinen Wohnsitz in der Schweiz habe. Wobei ich nach wie vor in der Nähe von meiner Heimat lebe."

Frage: "Einfach eine neue Wohnung gecheckt?"
Klien: "Ja, einfach eine neue Wohnung - ich habe mich schon seit längerer Zeit nach einer neuen Wohnung umgeschaut und da drüben gab es halt einfach die richtige Wohnung für mich. Und steuertechnisch ist es auch kein Nachteil."

"Mein Ziel ist natürlich, den Teamkollegen zu schlagen"

"Aber als Sportler ein bisschen einen Druck aufgesetzt zu bekommen, ist doch schön." Christian Klien

Frage: "Ja, da brauche ich danach nicht mehr zu fragen. Bei unserem letzten Gespräch hast du gesagt, dass du in der kommenden Saison den 'Onkel David ein bisschen ärgern' möchtest. Jetzt hat Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz erklärt, dass er von dir auch klipp und klar erwartet, dass du David Coulthard schlägst. Was sagst du dazu?"
Klien: "Er sieht das genau so, wie ich es eigentlich auch in meinem Kopf habe. Ich habe wirklich vor, in diesem Jahr den David zu ärgern und ich denke, dass ich die Schnelligkeit und die nötige Pace dafür auch habe. Man hat es bei den Testfahrten schon gesehen. Und das möchte ich dann auch in den Rennen umsetzen. Mein Ziel ist natürlich, den Teamkollegen zu schlagen."

Frage: "David Coulthard ist immerhin ein 13facher Grand-Prix-Sieger - ist das nicht ein bisschen eine harte Nuss?"
Klien: "Ja, es wird sicher nicht einfach, ihn zu schlagen. Das ist schon ein harter Brocken, weil mit der Erfahrung, die David hat - speziell im Rennen ist er wirklich sehr, sehr stark. Aber es ist völlig klar: Ich möchte ihn schlagen und das werde ich in diesem Jahr auch ganz sicher versuchen."

Frage: "Jetzt hattest du im letzten Jahr mit dieser Fahrerrotation ja schon ziemlich viel Druck auf dir lasten und jetzt legt Dietrich Mateschitz noch vor dem ersten Rennen quasi wieder eine Riesenlast auf deine Schultern, da geht es ja doch auch um die weitere Karriere."
Klien: "Ja, aber ich glaube, dass es im letzten Jahr mit der Rotation schon ein bisschen mehr Druck war. Da hat man ja nie gewusst, wer beim nächsten Rennen im Auto sitzt und wie lange man noch das Renncockpit haben wird. Also das war viel, viel mehr Druck, als es in diesem Jahr der Fall ist. Aber als Sportler ein bisschen einen Druck aufgesetzt zu bekommen, ist doch schön - als Sportler braucht man das ja."

Probleme mit dem Red Bull-Ferrari RB2

Frage: "Das wäre jetzt ein wunderbares Schlusswort - aber ich habe noch eine Frage zu deinem Auto. Wie schaut es aus mit dem RB2-Ferrari?"
Klien: "Naja, also das Auto ist prinzipiell ein schnelles und ein gutes Auto. Aber wir haben ja eigentlich erst vor drei Wochen die Version mit den neuen Seitenkästen erhalten. Und wir haben also erst vor drei Wochen begonnen, erste Longruns zu fahren. Wir liegen jetzt einfach zeitmäßig im Rückstand. Wir hatten auch zuletzt in Valencia Probleme mit dem Motor, da gab es einen Motorschaden. Dann gab es Probleme mit der Kupplung. Also, da gibt es einige Dinge, die noch nicht rund laufen. Und ja - es schaut nicht ganz so rosig aus für die ersten paar Rennen. Man sieht, dass der Wagen prinzipiell gut ist, aber uns ist einfach die Zeit davon gelaufen."

Frage: "Wie groß schätzt du diesen Zeitrückstand?"
Klien: "Wir haben eigentlich erst in der ersten Februar-Woche begonnen, mit der verbesserten Version des RB2 zu testen. Wir liegen also sicher im Vergleich zu den anderen Teams einen Monat im Rückstand."

Christian Klien

Christian Klien hatte einige Defekte am Red Bull RB2 zu verkraften Zoom

Frage: "Was ja gerade bei den ersten Rennen blöd ist, weil man da ja immer gute Punktechancen hat, wenn man die Zielflagge sieht."
Klien: "Ja, genau, das ist natürlich schade. Andererseits haben wir auch schon Renndistanzen oder zumindest viele Runden abspulen können. Die Standfestigkeit ist halt einfach noch nicht wirklich hundertprozentig gegeben. Man versucht aber trotzdem, das Rennwochenende vom Freien Training bis zum Rennen bestmöglich durchzuziehen - es gibt ja trotzdem immer auch die Möglichkeit, dass man das Rennen durchfährt. Natürlich schweben im Hinterkopf die Probleme mit der Standfestigkeit umher."

Frage: "Naja, da kann man also nur die Daumen drücken, dass der RB2 durchhält."
Klien: "Ja, ganz genau."