• 23.06.2018 23:12

  • von Heiko Stritzke & Benjamin Vinel

Grosjean rätselt über Unfall auf alten Reifen

Romain Grosjean sorgte beim Frankreich-Qualifying für eine Rote Flagge - Warum er sich in Kurve 3 wegdrehte, ist dem Haas-Piloten selbst nicht klar

(Motorsport-Total.com) - Dem Haas-Team will es einfach nicht gelingen, mal ein Wochenende ohne Zwischenfälle zu erleben und das Maximum aus den Möglichkeiten herauszuholen. Zum Glück bleiben die Folgen des Ausrutschers von Romain Grosjean im Q3 beim Qualifying zum Großen Preis von Frankreich 2018 überschaubar: Statt eines möglichen siebten Platzes startet der Franzose nun von Position zehn - neben Kevin Magnussen, der nach seinem Duell mit Kimi Räikkönen auch nicht das Optimum herausholen konnte.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Nicht zum ersten Mal in dieser Saison musste Romain Grosjean den Walk of Shame gehen Zoom

Grosjeans erste Qualifying vor heimischer Kulisse endete unrühmlich im Reifenstapel in der Schikane vor dem Streckenabschnitt St. Beaurne. Er hatte den Randstein innen extrem hart überfahren, wie es auch Charles Leclerc tat. Anders als der Sauber C37 brach der Haas VF-18 aber urplötzlich auf dem Randstein aus. Grosjean brachte es fertig, auf dem parkplatzähnlichen Circuit Paul Ricard eine Begrenzungsmauer zu finden.

"Keine Ahnung, was da passiert ist", kratzt sich der 32-Jährige am Kopf. "Ich habe genau dasselbe gemacht wie in der Runde zuvor, deshalb habe ich keine Erklärung. Selber Brems- und selber Einlenkpunkt. Das Auto hat übersteuert. Wie gesagt, wir müssen noch verstehen, was passiert ist. Ich bin nicht wie ein Verrückter gefahren, deshalb macht es eigentlich keinen Sinn, dass das Heck so ausgebrochen ist."" Auch Teamchef Günther Steiner ist verwundert: "Ich weiß nicht, ob er einfach das Auto verloren hat oder ob es etwas anderes war."

Waren alte Reifen schuld?

Der Südtiroler hat aber eine mögliche Erklärung parat: Grosjean war nämlich auf gebrauchten Ultrasofts unterwegs. "Wir hatten lange überlegt, ob wir wegen möglichem Regen neue Reifen (gleich im ersten Versuch; Anm. d. Red.) draufmachen sollten. Dann hätten wir eine schnelle Runde im Kasten gehabt. Aber wir haben uns in letzter Sekunde entschieden, doch die Alten drauf zu lassen, weil wir keine zwei neuen Sets mehr hatten." Der Wetterbericht hatte sich gebessert.

Ob das der Grund war? Steiner weiß es nicht: "Wir müssen in die Daten schauen, ob die Aero-Balance deshalb aus dem Gleichgewicht geraten ist oder ob er einfach den Randstein zu heftig erwischt hat. Momentan weiß ich es noch nicht." Für Grosjean, der nach einigen Fahrfehlern im Frühling in der Kritik stand und sich gerade wieder aufraffte, war dies ein Rückschlag zum falschen Zeitpunkt: "Ich weiß, dass ich Siebter oder Achter hätte werden können. Das wäre natürlich schöner gewesen." Immerhin fiel er noch relativ sanft.

Das in dieser Saison scheinbar ewige Haas-Pech schlug auch dieses Mal wieder zu. Eigentlich war es nämlich kein heftiger Unfall und Grosjean hätte problemlos weiterfahren können. Doch wieder musste etwas Kurioses passieren: Die beschädigte Nase verfing sich in der Werbebande und hielt den Franzosen davon ab, rückwärts zu fahren. "Sonst wäre ich an die Box zurückgekommen, hätte einen neuen Flügel dran machen lassen und wäre weitergefahren", weiß er.


Fotos: Grand Prix von Frankreich, Samstag


Sperrstunde für Motorwechsel gebrochen

Haas brach in der Nacht von Freitag die Sperrstunde, weil Romain Grosjeans Motor nun doch getauscht wurde. Das Aggregat, das in Kanada eine dicke Qualmwolke entfachte, hatte zwar von Ferrari das Okay bekommen. Doch im Qualifying zeigte sich eine Anomalie in den Daten im Bereich der MGU-H, als der Bolide um 1:30 Uhr angelassen wurde - eine halbe Stunde vor Inkrafttreten der Sperrstunde, die bis 10 Uhr morgens reicht. Das Aggregat wurde sofort nach Maranello geschickt.

Grosjean fährt nun wieder mit dem Motor, den er zu Beginn der Saison und in Kanada benutzt hat. Dieser ist noch auf einem älteren Stand. Das wertet seine Leistungen in Q1 und Q2 auf, in denen er jeweils knapp schneller war als Teamkollege Magnussen. Den Mechanikern blieben so nur zwei Stunden Schlaf. Zum Glück für die Mechaniker war der Verkehr am Samstag nicht mehr so übel wie noch am Freitag, als sich Grosjean sogar mit Polizisten anlegte. Das Sperrstunden-Foul bleibt für das Team ohne Konsequenzen, denn es war erst der erste von zwei erlaubten Verstößen.

Statt Reihe vier nun also die fünfte Startreihe für das Haas Team. Zeit, mit beiden Autos in die Punkte zu fahren, nachdem man sich am Freitag als vierte Kraft etabliert hat. "Es ist an der Zeit, die Ernte einzufahren", findet Steiner. "Wir starten bereits aus Punktepositionen und sollten uns nach vorne und nicht nach hinten arbeiten. Es ist gut, mit beiden Autos ins Q3 zu kommen, aber wir müssen noch besser werden. Wir müssen morgen hart attackieren. Das Auto dafür haben wir. Das stellt mich am meisten zufrieden."

Grosjean will sich aber auf kein Hochrisikospiel einlassen: "Wir müssen sehen, wie die erste Runde läuft, schließlich sind wir das erste Mal hier. Natürlich wollen wir das Rennen beenden. Dafür sollten wir einen guten Start hinlegen und uns dann aus allem raushalten. Wenn man sich unsere Pace ansieht, sollte es so ganz gut laufen." Nur wer weiß, was das Schicksal sich diesmal wieder einfallen lässt...

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