Fernandes: "Haben nie Ausreden gesucht"

(Motorsport-Total.com) - Tony Fernandes ist kein gewöhnlicher Teamchef, und als Querdenker liebt er es, neue Wege einzuschlagen. So stellte sein Caterham-Rennstall (vormals Lotus) den neuen CT01 nicht etwa am neuen Stammsitz in Leafield vor oder virtuell im Internet, sondern im britischen Printmagazin 'F1 Racing'. Über die ungewöhnliche Präsentation, die Nähe zu den Fans, soziale Netzwerke und das chinesische Jahr des Drachen, das ihm für die Formel-1-Saison 2012 Mut macht, spricht der malaysische Geschäftsmann im Interview.

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Tony Fernandes glaubt an Caterham, die eigene Schaffenskraft und positive Energie

Frage: "Tony, wie hast du die Präsentation erlebt? Sie war doch etwas speziell, oder?"
Tony Fernandes: "Ja. Und ich bin froh, dass sie das war. Wir sind Caterham, wir sind offen und in unserem Team geht es darum, die Formel 1 den Fans nahe zu bringen. Wenn wir den Leuten das Auto so früh wie möglich zeigen können, dann machen wir das. Um ehrlich zu sein: Es ist unwahrscheinlich, dass Red Bull, McLaren oder Ferrari unser Auto in dieser Saison kopieren. Wir haben also nichts zu verlieren, wenn wir den Boliden als Erste enthüllen."

"Die Präsentation hat eine Diskussion angestoßen - wir dürfen also behaupten, mit der Nase einen Trend gesetzt zu haben. Solche Präsentationen würde ich gerne weiterhin machen. Den Fans so früh wie möglich zeigen, wie das Auto aussieht, kommt jedem zugute. Im nächsten Jahr werden wir einen anderen Weg finden."

Vertrauen in die Designer

Frage: "Seit die Tests begonnen haben, hat die Fachwelt gesehen, dass die Mehrheit des Feldes eurem Trend gefolgt ist. Aber was hast du gedacht, als McLaren ein Auto präsentiert hat, das eine eher konventionelle Nase hat?"
Fernandes: "Wir haben ein unglaublich gutes Designteam und ich war natürlich schon eine ganze Zeit darüber im Bilde, wie das Auto aussehen würde. Wie ich mehrmals betont habe, will ich die fähigsten Leute ins Geschäft bringen. Ich versuche, ihnen ein optimales Arbeitsumfeld zu geben, um das Beste aus ihrem Talent zu machen. Und ich versuche, ihnen zu vertrauen."

"Ich wäre kein Mensch, hätte ich nicht einen klitzekleinen Gedanken daran verschwendet, wie wir das Regelwerk gelesen haben, als ich den neuen McLaren sah. Aber dieser Gedanke ging so schnell wieder, wie er gekommen war. Ich weiß, wozu wir in der Lage sind - also war mein nächster Gedanke, ob nicht McLaren einen Winkelzug übersehen hat."

"Ich bin so stolz auf unser neues Auto. Natürlich müssen wir es noch unter Rennbedingungen erleben. Aber zu diesem Zeitpunkt denke ich, dass wir uns von Saison zu Saison verbessern und den richtigen Kurs eingeschlagen haben. Verglichen mit dem, wo wir vergangenes Jahr standen, haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht. Mein Glaube an den CT01 ist also berechtigt. Ich freue mich für jeden, der an seiner Entstehung mitgewirkt hat, und bin mir sicher, dass er den nächsten Schritt für unser Team bedeutet."

Frage: "Es ist das dritte Jahr. Es gibt also keine Ausreden mehr?"
Fernandes: "Wir haben nie Ausreden gesucht - obwohl ich verstehe, wie schwierig es ist, sich mit Teams zu messen, die seit Jahrzehnten dabei sind. Ich hätte trotzdem nichts anders gemacht. Und wenn ich an die Zeit zurückdenke, als wir unser Formel-1-Projekt gestartet haben - das kommt mir vor, als sei es eine Ewigkeit her."

Ganz eigene Geschäftsphilosophie

"Ich bleibe bei meiner Philosophie: Schaffe den Erfolg mit deinen eigenen Händen. Das mache ich. Ich greife erfolglose Geschäftsfelder oder sehr herausfordernde Projekte auf und gebe ihnen eine neue Richtung. Mit Leuten wie Din (Meranun), Nasa (Nasarudin) und Riad (Asmat; Anm. d. Red.) an meiner Seite werde ich immer bei dieser Philosophie bleiben."

"Das Caterham-Team wird stärker und stärker. Wie stabilisieren uns und erweitern die Kernmannschaft. Wir verpflichten Topleute und haben bewiesen, dass wir gekommen sind, um zu blieben, um uns im Feld vorzukämpfen. Es ist ein langsamer Prozess, aber trotzdem hat es bisher gut geklappt. Es gibt auf diesem Weg keine Abkürzungen, aber ich bin sehr zuversichtlich und bereit, weiterzumachen."

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Fernandes glaubt an den neuen CT01 und Stammpilot Heikki Kovalainen Zoom

Frage: "Im Chinesischen Kalender ist es das Jahr des Drachen. Warum ist das wichtig für dich?"
Fernandes: "Ich will das nicht überbewerten. Da ich in diesem Jahr geboren wurde, wird es der chinesischen Tradition zufolge ein gutes für mich. Aber jeder hat die Möglichkeit, seine Zukunft zu jeder Zeit zu beeinflussen. Ich habe mich schon immer darüber gewundert, warum die Menschen sich an Neujahr Vorsätze machen, wenn sie doch immer dann etwas verändern können, wenn sie das wollen. Vielleicht gibt es an Neujahr etwas mehr positive Energie?"

Große Schritte erfordern Courage

"Wie auch immer: Man muss diese Energie nutzen. Mit Warten hatte noch nie jemand Erfolg. Es braucht viel Mut, einen großen Schritt im Leben zu gehen. Aber sobald man sich entschieden hat, einen Weg einzuschlagen, ist man schon fast am Ziel. Diese Maxime hat mich immer begleitet und mich noch nicht im Stich gelassen."

Frage: "Das sind inspirierende Worte. Regst du die Jungs im Team also an, anders zu denken?"
Fernandes: "Ich denke schon. Die Techniker wissen viel mehr als ich und ich kann das Design nicht beeinflussen - ich versuche es nicht einmal. Aber wenn es um das Marketing, die Kommunikation nach außen und die Einbindung der Fans geht, sind wir wohl einen sehr eigenen Weg gegangen. Die sozialen Netzwerke sind etwas, dass alle Teams nutzen. Aber wir sind möglicherweise die Ersten, die sie begeistert annehmen. Ganz speziell Twitter. Wir sind eines der offensten Teams. Und vielleicht auch das Team mit dem meisten Charakter."

Frage: "Du liebst die Formel 1 also noch immer und du begeisterst dich für ein 'fantastisches kleines Team', wie du Caterham schon genannt hast?"
Fernandes: "Ja, und zwar mehr als je zuvor. Wir sind in so kurzer Zeit so weit gekommen. Wir haben viele Schlachten geschlagen und es werden noch viele weitere kommen. Es sind die Menschen in der Caterham-Familie, die mir dafür Stärke geben."

"Ich kann die Zukunft kaum erwarten. Wenn ich bis an den Tag, an dem wir unseren ersten WM-Punkt, das erste Podium, den ersten Sieg oder den ersten Titel holen, vorspulen könnte - ich würde es nicht tun. Ich möchte den Weg dorthin nicht missen. Ich genieße jede Herausforderung und liebe unser Projekt. Lange möge das so bleiben."