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  • 12.10.2008 16:00

  • von Dieter Rencken

Domenicali: "Vergesst nicht BMW!"

Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali analysiert den Japan-Grand-Prix: Warum er auf die Silberpfeile nicht sauer ist und wie er die WM-Chancen einschätzt

(Motorsport-Total.com) - Kimi Räikkönen ist als Dritter von Fuji nun auch rechnerisch seinen WM-Titel los, aber Ferrari hat weiterhin ein heißes Eisen im Feuer: Felipe Massa trennen dank des Aufrückens vom achten auf den siebenten Platz in Fuji nur noch fünf Punkte von Lewis Hamilton. Im Anschluss an den Grand Prix von Japan stellte sich Teamchef Stefano Domenicali wie immer einer ausführlichen Analyse mit den Medien.

Titel-Bild zur News: Stefano Domenicali

Stefano Domenicali hat im WM-Kampf auch BMW noch auf der Rechnung

Frage: "Stefano, Lewis Hamilton vermutet, dass Felipe in der zweiten Runde absichtlich in ihn reingefahren ist. Was sagst du zu diesem Statement?"
Stefano Domenicali: "Dazu habe ich keinen Kommentar. Ich denke hundertprozentig nicht so! Ich glaube, wenn du beim Rennfahren daran denkst, dass dich ein anderer Fahrer abschießen könnte, ist das falsch. Daher will ich dazu ehrlich gesagt gar nichts sagen."#w1#

Entscheidung im Qualifying

Frage: "Es sah so aus, als hättet ihr heute das schnellste Auto gehabt. Hättet ihr gewinnen können?"
Domenicali: "Es ist schade, denn unser Rennen hat bereits gestern begonnen, als wir kein perfektes Qualifying hatten. Felipes Rundenzeiten heute waren beeindruckend, sehr schnell, konstant. Das zeigt wieder einmal, wie wichtig es ist, in der Startaufstellung vorne zu stehen. Leider hatten wir dieses Jahr oft Probleme anderer Natur, wenn wir vorne standen! Wir sind froh, dass wir die Führung in der Konstrukteurs-WM zurückerobert und dass wir in der Fahrer-WM zwei Punkte aufgeholt haben, aber andererseits ist es enttäuschend, aus so einer Performance nicht das zu machen, was eigentlich daraus gemacht werden sollte."

"Aus diesem Grund müssen wir nun in den letzten beiden Rennen hart arbeiten und bescheiden bleiben. Das Auto ist da. Und eines möchte ich noch zum Team sagen: Nach dem Rennen in Singapur war der Druck auf der Boxencrew sehr hoch, wie ihr euch vorstellen könnt, aber heute haben sie es sehr gut hinbekommen und dafür möchte ich ihnen danken. Das ist der Geist, den wir für die letzten zwei Rennen brauchen."

"Das ist der Geist, den wir für die letzten zwei Rennen brauchen." Stefano Domenicali

Frage: "Der Unterschied in den Rundenzeiten von Kimi und Felipe war heute teilweise sehr groß. Woran lag das?"
Domenicali: "Kimi hat mir gesagt, dass er bei der Kollision am Start von Kovalainen berührt wurde. Dadurch war die Spur ein wenig verzogen und Kimi konnte nicht so fahren, wie er das gerne gehabt hätte. Dazu kommt, dass Kimi in der Runde vor seinem Boxenstopp mit Nico Rosberg Verkehr hatte und daher leider nicht an Kubica vorbeikam. Aber that's Racing."

Frage: "Zwei Rennen sind noch zu fahren, Felipe hat fünf Punkte Rückstand. Wie geht ihr nun an das Rennwochenende in Shanghai heran?"
Domenicali: "Nicht aufgeben, pushen, arbeiten! Es wird ein sehr harter Kampf zwischen unserem Team und McLaren, aber vergesst nicht BMW! Die sind auf 14 Punkte dran und Kubica hat heute einen weiteren Schritt gemacht. Ich habe vor Beginn der Saison gesagt, dass eines dieser drei Teams Weltmeister wird. Jetzt sind tatsächlich drei Teams da, wobei zwei Fahrer etwas enger beisammen liegen."

Volle Konzentration auf Shanghai

"Unsere Herangehensweise ist, voll konzentriert zu bleiben. China ist nur eine Woche weg und es werden zwei sehr intensive Rennen. Ich sage nicht, dass nur die technische Seite, die Vorbereitung der Autos, die Rennstrategie entscheiden werden, aber die mentale Herangehensweise des Teams, der Ingenieure und nicht zuletzt der Fahrer wird den Unterschied machen. Es wird eine sehr große, eine sehr interessante Herausforderung."

Frage: "Wie bewertest du den Zwischenfall zwischen Felipe und Sébastien Bourdais?"
Domenicali: "Ich habe die Sache mit Hamilton nicht kommentiert und ich möchte dieser Linie auch in diesem Fall treu bleiben. Der zusätzliche Punkt in der Fahrer-WM kann natürlich noch sehr wichtig werden, denn es ist noch ein weiter Weg! Ich habe gerade im Kopf die Anzahl der Runden durchgerechnet, die wir noch fahren müssen. Das sind viele."

"Der zusätzliche Punkt in der Fahrer-WM kann natürlich noch sehr wichtig werden." Stefano Domenicali

Frage: "Wie siehst du die drei großen Zwischenfälle des heutigen Rennens, in der ersten Kurve, Felipe gegen Hamilton und Felipe gegen Bourdais?"
Domenicali: "Aus meiner Sicht war Lewis in der ersten Kurve ziemlich aggressiv. Er hat sehr spät gebremst - und wenn du innen zu spät bremst, dann zwingst du damit die Gegner auf der Außenbahn auch dazu, außen zu bleiben, weil sie nicht einlenken können. Genau dort waren leider unsere beiden Autos. Die Autos, die innen waren, schlüpften durch und hatten nicht das geringste Problem. Dann die Sache mit Lewis und Felipe in der Schikane: Felipe hat natürlich versucht, seine Position zurückzuerkämpfen, also war er aggressiv und ging auf die Kerbs. Leider berührte er Lewis und die Rennkommissare trafen ihre Entscheidung."

Frage: "Und die Bourdais-Situation?"
Domenicali: "Felipe war meiner Meinung nach vorne, ihm gehörte die Kurve. Bourdais berührte ihn an den Hinterreifen."

Rot-silberne Beziehungen ungetrübt

Frage: "Ändert der heutige Tag etwas an den Beziehungen zwischen McLaren-Mercedes und Ferrari?"
Domenicali: "Nein, überhaupt nicht. Auf der Rennstrecke fighten wir ganz normal - so soll das ja auch sein -, aber deswegen ändert sich zwischen uns nichts. Nach Spa wurde mir die gleiche Frage gestellt. Damals habe ich gesagt: 'Es ändert sich nichts!' Heute sehe ich das genauso. Es ist nichts vorgefallen. Beim Rennfahren kann es nun mal Berührungen und Unfälle geben, aber das hat mit den Beziehungen zwischen unseren beiden Teams nichts zu tun."

Frage: "Kimi war im ersten Stint der schnellste Mann auf der Strecke, aber ab Beginn des zweiten Stints war er nicht mehr so schnell wie Fernando Alonso und Robert Kubica. Was war der Grund dafür?"
Domenicali: "Ich weiß es nicht genau. Er hatte den perfekten Abstand, um etwas zu probieren, aber im zweiten Stint konnte er nicht mehr so attackieren, wie er das gerne getan hätte. Wir müssen nun die Daten analysieren und schauen, was da los war."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Japan, Sonntag


Frage: "Es gibt angeblich Bestrebungen, Kundenautos doch weiterhin zuzulassen. Würde Ferrari dagegen ein Veto einlegen und wärt ihr daran interessiert, ein Team wie zum Beispiel Force India mit einem Kundenauto auszurüsten?"
Domenicali: "Ich verstehe, warum du diese Frage stellst, aber dieses Thema ist etwas komplizierter. Wir müssen sehen, wie sich die Formel 1 in Zukunft entwickelt, was mit dem Concorde-Agreement passiert. Dann muss man diese Punkte der Reihe nach durchgehen, um zu beurteilen, ob sie sinnvoll sind oder nicht. Im Concorde-Agreement steht, dass jedes Team ein Konstrukteur sein muss, speziell ab 2010. Super Aguri und Toro Rosso waren Ausnahmen. Ich glaube, dass sich diese Dinge sehr bald entscheiden werden. Im Winter können wir mehr dazu sagen."

Frage: "Force India steht in Verhandlungen mit McLaren-Mercedes. Würde das den Vertrag mit euch brechen?"
Domenicali: "Dazu kann ich nichts sagen. Wir haben einen Vertrag mit ihnen und wir werden ihn von unserer Seite her auch einhalten."