"Die haben alles schon erlebt": Toto Wolff hält Simracing für sinnvoll
Computer einschalten, Lenkrad anschließen, Software laden und los geht's: Simracing ist für viele Fans eine große Leidenschaft - Toto Wolff versteht den Hype
(Motorsport-Total.com) - Wer Motorsport betreiben will, braucht nicht nur Talent, Mut und Zeit, sondern zudemx eine Menge Geld, denn Testtage und die Teilnahme an Rennen kosten viele tausend Euro. Doch es gibt eine kostengünstige Alternative, die bereits viele Motorsportfans in ihren Bann gezogen hat: Simracing! Am Computer oder an der Konsole wird auf der virtuellen Rennstrecke gefahren, was auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff für sinnvoll hält.

© Motorsport Images
Toto Wolff erlebt es Zuhause: Simracing ist Teil der Motorsportwelt geworden Zoom
Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Kosten für einen PC inklusive Lenkrad und Software sind deutlich geringer als die Teilnahme an einem realen Rennen. Im Falle eines Unfalls müssen keine Schäden bezahlt werden, Reifen und Benzin gibt es kostenlos und die Anreise entfällt. Es braucht auch kein Team, das sich um das virtuelle Auto kümmert, sondern der Bolide steht jederzeit auf Knopfdruck auf zahlreichen Rennstrecken weltweit zur Verfügung.
Motorsport war und ist in der Realität ein teures Vergnügen, keine Frage, und es gibt viele Menschen, die sich deshalb ihren Traum vom Rennfahren nicht erfüllen können. Simracing hat die Einstiegshürde massiv gesenkt und sorgt auch für Motorsport-Nachwuchs, denn Jugendliche lassen sich schnell für den Rennsport am Bildschirm begeistern.
Realismus wird immer extremer
Wer glaubt, Simracing habe etwas mit den arcadelastigen Spielen der 1990er- und 2000er-Jahre zu tun, liegt falsch. Die Autos sind den realen Vorbildern nachempfunden, die Strecken werden je nach Simulation lasergescannt und bringen jede Unebenheit ins Wohn- oder Kinderzimmer. E-Sport ist in anderen Bereichen bereits ein Kassenschlager, auch bei Action- und Strategiespielen füllen sich die Hallen mit Fans, die den professionellen Spielern zuschauen. Die Preisgelder gehen mittlerweile in die Millionen.

© Max Verstappen
Max Verstappen fährt nimmt regelmäßig an namhaften Simracing-Rennen teil Zoom
Auch das Simracing hat, vor allem im Zuge der Coronavirus-Pandemie, Fahrt aufgenommen. Viele namhafte Serien veranstalten inzwischen offizielle virtuelle Meisterschaften und große Rennen, bei denen die besten Fahrer aus aller Welt gegeneinander antreten. William Byron in der amerikanischen NASCAR und Tim Heinemann in der DTM sind nur zwei Beispiele für Simracer, die den Sprung in den realen Profi-Motorsport geschafft haben. Auch Max Verstappen fährt mit seinem Team Redline regelmäßig am Computer und feiert in dieser Disziplin große Erfolge.
Natürlich gibt es auch beim Simracing Unterschiede im Budget: Lenkräder können an den Schreibtisch geklemmt werden oder die Fahrer greifen auf Motion-Simulatoren zurück und nutzen VR-Brillen für ein möglichst realistisches Erlebnis. Wichtig ist aber: Die Einstiegshürde in den virtuellen Rennsport bleibt niedrig. Jeder kann in den Genuss kommen, sich im Wettbewerb zu messen. Motorsport wird zum Breitensport.
Wolff erlebt Simracing Zuhause
In den großen Fabriken der Formel-1-Teams stehen riesige Simulatoren, in denen die Fahrer auf die Rennen vorbereitet und Abstimmungen getestet werden. So können Testverbote kompensiert und Euro für reale Tests gespart werden. Bei Dallara im italienischen Parma steht beispielsweise ein Simulator, der nur in einer großen Lagerhalle Platz hätte.
Der Profi-Simulator bei Dallara
Ziel der renommierten Simulationen ist es, die Realität so gut wie möglich abzubilden, weshalb sie auch von professionellen Rennfahrern zur Vorbereitung genutzt werden. So auch der siebenjährige Sohn von Wolff, der die Kart-Rennstrecken der Welt schon kannte, bevor er sie überhaupt besuchte. Seitdem ist Wolff ein Fan der virtuellen Rennwelt, wie er im Gespräch mit auto motor und sport verrät.
Als der Mercedes-Teamchef auf Verstappens virtuelle Einsätze angesprochen wird, erzählt der Formel-1-Strippenzieher die Geschichte seines Sprösslings: "Mein Sohn ist sieben Jahre alt. Er hat zu Hause einen Kartsimulator. Da fährt er gegen andere online Kartrennen. In Italien gibt es vier relevante Strecken. Auf einer ist er noch nie gefahren. Er kannte sie aber vom Simulator. Dann haben wir dort an einem Rennen teilgenommen. Er geht auf die Strecke und ist sofort Schnellster."
Gutes Training für Fahrer aller Art
"Dann sagt er zu mir: 'Ich kenne die Strecke.' Ich antworte: 'Ja, aber nur vom Simulator. Er wieder: 'Ich sage dir, ich war schon mal hier.' Was schließen wir daraus? Die jungen Leute machen keinen Unterschied mehr zwischen Realität und virtueller Welt. Die Grafiken sind mittlerweile so gut, und die Köpfe der jungen Menschen funktionieren anders", so Wolff weiter.
"Mein Sohn fährt manchmal 20 Kartrennen a fünf Minuten hintereinander", erklärt der Mercedes-Teamchef. "Da ist alles dabei, vom Start bis zum Crash. Die haben alles schon erlebt. Normalerweise müsste man diese Art Training jedem Fahrer empfehlen. Die Älteren werden sich da wahrscheinlich etwas schwerer tun. Und vielleicht funktioniert es auch nicht bei jedem so wie bei Max."
Fazit: Simracing ist eine Chance, Motorsport als Breitensport für jedermann zu etablieren. Gleichzeitig ist es eine Möglichkeit für Profis, sich noch besser auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Sicher ist: Die virtuelle Rennsportwelt entwickelt sich rasant weiter und wird von Tag zu Tag realistischer: Wetter, Verschmutzungen auf der Strecke, perfekte Nachbildungen von Autos und Strecken und ein realistisches Fahrgefühl sind heute schon Standard.


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