• 08.05.2011 13:04

Bei Webber liegen die Nerven blank

Mark Webber droht am Erfolgsrun von Sebastian Vettel zu zerbrechen - Emotionsausbruch nach der erneuten Niederlage im Istanbul-Qualifying

(Motorsport-Total.com/SID) - Erst die erneute Attacke gegen Teamkollege Sebastian Vettel, dann eine unnötige Streiterei mit Nico Rosberg: Bei Mark Webber scheinen die Nerven blank zu liegen. Der inzwischen zementierte Status als Nummer zwei hinter Weltmeister Vettel nagt an dem Australier, der im Vorjahr sowohl den Macht- als auch den Titelkampf gegen den Deutschen verloren hat. Mehr denn je stellt sich bei dem 34-Jährigen auch die Zukunftsfrage - Gerüchte über einen Abschied von Red Bull oder sogar das Karriereende halten sich hartnäckig im Fahrerlager.

Titel-Bild zur News: Mark Webber und Sebastian Vettel

Mark Webber sieht derzeit kein Land gegen seinen Teamkollegen bei Red Bull

Nachdem er im Qualifying zum Rennen in Istanbul zwar Zweiter geworden war, aber eben wieder chancenlos hinter Vettel, verstand Webber endgültig keinen Spaß mehr: "Jetzt bleib mal ernst", schnauzte er Nico Rosberg an, der Vettel ironisch zugeflüstert hatte, er werde Webber schon beim Start überholen. Umstehenden und ohnehin schweigenden Medienvertretern rief der Australier zu: "Und ihr haltet auch den Mund!"

Sticheleien gegen Vettel

Während er auf der Strecke nach missglücktem Saisonstart deutlich aufsteigende Form zeigt, sind es vor allem die Auftritte im Paddock, die Webbers Zukunft gefährden. Bei Red Bull muss man sich genau überlegen, ob man den Routinier trotz seiner ständigen Stänkereien - das Ende von Vettels Siegesserie kürzlich in Schanghai hatte er als "guten Tag für den Rennsport" bezeichnet - im Team noch gebrauchen kann.

Seine Berechtigung habe dies derzeit vor allem dadurch, dass er den 23-jährigen Weltmeister durch seine sportlichen und verbalen Attacken immer pushe und motiviere, sagen Befürworter. Doch auch dieses Argument gilt nicht für alle: "Sebastian bräuchte theoretisch überhaupt keinen Teamkollegen", sagt Ex-Rennfahrer und 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer. "Er holt mit seinem Team alles aus dem Auto raus und würde auch alleine gewinnen und Weltmeister werden. Dazu braucht er keinen Webber."

Surer würde den Australier dennoch halten - sofern er die Rolle als Nummer zwei akzeptiert und sich mit ihr arrangiert: "Was wäre denn die Alternative?", fragt er. "Man muss Mark jetzt zurückpfeifen, damit er die tolle Ausgangsposition Vettels nicht gefährdet. Man muss ihn steuern und es ihm schmackhaft machen, dass er das beste Auto im Feld hat, mit dem er gewinnen kann, wenn Sebastian Probleme hat."


Fotos: Red Bull, Großer Preis der Türkei


Dies scheint aber nicht dem Selbstverständnis des Piloten aus New South Wales zu entsprechen. Vor allem im vergangenen Jahr, als der Sohn eines Motorradhändlers nach später und mäßiger Karriere plötzlich den WM-Titel vor Augen hatte, gefährdete er immer wieder den Teamfrieden. Als er zwei Rennen vor dem Saisonende 14 Punkte vor Vettel lag, forderte er unverhohlen, der Deutsche müsse für ihn fahren - obwohl Teamorder verboten war, Vettel selbst noch Titelchancen hatte und Webber seit Mai 2010 keinen Wettkampf auf der Strecke gegen den Shootingstar gewonnen hatte.

Vettel beruhigt die Situation

Vettel bestand neben der sportlichen auch diese persönlich Reifeprüfung. Fast grotesk mutet es derzeit an, dass der elf Jahre jüngere "Bulle" in die Rolle des Reiferen schlüpfen und die ständigen Brandherde löschen muss. "Insgesamt bin ich mit Mark zufrieden", sagte er in Istanbul, unbeirrt vom neuerlichen Affront des Feindes im eigenen Lager: "Wir sind nicht die besten Freunde, aber zeigt mir ein Fahrerpaar in der Formel 1, das abends ein Bier zusammen trinken geht."

So erweckt der Weltmeister derzeit nicht den Eindruck, dass ihm die Zusammenarbeit mit Webber schaden würde. Spannend wird es vor allem dann, wenn Webber dem Kollegen-Rivalen wirklich helfen muss. Schließlich ist die Teamorder inzwischen legal und der Punkteabstand beträgt nach drei Rennen schon stolze 31 Zähler.

Mark Webber

Fahrerisch kann Mark Webber Sebastian Vettel derzeit nicht das Wasser reichen Zoom

Offiziell gibt es über die Zukunft des Australiers keine klaren Aussagen. Teamchef Christian Horner erklärt ausweichend, er sei "im Moment" mit der Fahrerpaarung zufrieden, das Thema würde man später besprechen. Webber selbst erklärt lapidar, es gebe drei Möglichkeiten: "Entweder ich bleibe, wechsle oder höre auf." Die letzte scheint zumindest nicht die unwahrscheinlichste...