• 24.03.2009 12:20

  • von Henri Pescarolo

Pescarolo-Kolumne: "Lasst euch nicht täuschen!"

Le-Mans-Urgestein Henri Pescarolo analysiert in seiner Kolumne die Aussichten für die neue LMS-Saison und den Wettstreit zwischen Diesel und Benzinern

Liebe 'Motorsport-Total.com'-Leser,

Titel-Bild zur News: Henri Pescarolo

Rekordhalter: Henri Pescarolo wer bisher 33 Mal bei den 24 Stunden von Le Mans

ich freue mich, dass ich ab diesem Jahr als neuer Kolumnist meine Ansichten bezüglich der aktuellen Lage im Sportwagen-Sport mit vielen Leserinnen und Lesern teilen darf. Es gibt bestimmt wieder spannenden Sport in der neuen Saison und es gibt ganz sicher auch wieder viel Diskussionsstoff. Ein neues Jahr, neue Chancen. Ich hoffe, dass ich mit meinem Team Pescarolo Sport eine gute Saison erleben darf.

In diesem Jahr gibt es eine ganz neue Wendung. Erstmals hat der Le-Mans-Veranstalter ACO zugegeben, dass er mit der Einstufung von Dieselmaschinen und Benzinern vollkommen daneben gelegen hat. Also haben sie etwas geändert. Wir wissen zwar noch nicht, ob der Eingriff ins Regelwerk ausreichen wird, aber immerhin werden die Diesel rund zehneinhalb Prozent weniger Leistung haben. Auf der anderen Seite wurden die Motoren natürlich gleichzeitig weiterentwickelt.#w1#

Ich werte es erst einmal als ein absolut positives Zeichen, dass der ACO diese Einstufungen angepasst hat. Allerdings kann man auch nach dem Saisonauftakt in Sebring noch nicht ganz einschätzen, wie sich das in der neuen Saison der Le-Mans-Series (LMS) auswirken wird. Ich persönlich bezweifele, dass die privaten Teams auf dem Niveau der Hersteller fahren können. Aber trotzdem erwartet uns eine spannende Saison, weil es unter anderem mit Aston Martin, Oreca, Zytek und uns sehr viele gute Benzinerautos gibt.

Ein neues Auto für die LMS

Die großen Namen Audi und Peugeot werden werksseitig nicht an der kompletten LMS-Saison teilnehmen. Ich finde, dass es für eine Serie immer schlecht ist, wenn sich zwei namhafte Hersteller verabschieden. Aber aus meiner Sicht würde es sogar bei der neuen Einstufung keinen fairen Wettbewerb geben. Auf langsamen Strecken, wie wir sie oft im LMS-Kalender haben, wird der Abstand im Vergleich zum Vorjahr nicht mehr ganz so groß sein. Aber ich wünsche mir eigentlich, dass es gar keine Differenz mehr gibt.

Jean-Christophe Boullion, Le Mans, Circuit de la Sarthe

Jean-Christophe Bouillon wird auch 2009 im Pescarolo-Cockpit sitzen Zoom

Erst wenn alle Teams mit der gleichen Power antreten können, werden wir wieder interessantere Wettkämpfe um Siege und Titel erleben. Es würde dann auch deutlich einfacher für Teams wie Oreca oder Pescarolo. Ich hoffe sehr, dass wir vielleicht schon bald Chancengleichheit erleben dürfen. Wir könnten dann wirklich schöne Kämpfe auf den LMS-Strecken und vielleicht auch beim Saisonhöhepunkt in Le Mans sehen.

Unser Team bringt in diesem Jahr einen ganz neuen Wagen zum Saisonstart nach Barcelona. Das Auto hat eine komplett neue Aerodynamik, es sollte wirklich konkurrenzfähig sein. Wir haben viel Zeit, aber leider nur wenig Geld investieren können. Wir haben mit einem weißen Blatt Papier angefangen und erstmals haben wir ein Modell für den Windkanal gebaut. Zehn Tage waren wir im Windkanal in der Schweiz, hoffentlich zahlt sich das aus. Wir haben fast kein einziges Teil vom Vorjahreschassis übernommen.

Überlebenskampf im harten Winter

Wir hatten im November und Dezember wirklich eine schwierige Phase. Mein Team war in einer wirklich kritischen Situation. Ich musste ums reine Überleben kämpfen und gleichzeitig ein neues Auto entwickeln. Das war ein hartes Stück Arbeit. Leider werden wir deshalb auch nur einen Wagen beim Auftakt auf aktuellstem Stand haben. Wir bringen als zweites Auto ein überarbeitetes Vorjahresmodell nach Barcelona. Jean-Christophe Bouillon und Christophe Tinseau dürfen den neuen LMP1 fahren, Bruce Jouanny sitzt im zweiten Wagen. Wer sein Teamkollege wird, entscheidet sich in den kommenden Tagen.

Jean-Christophe Boullion, Emanuell Collard, Monza, Autodromo di Monza

Pescarolo wird in der neuen LMS-Saison in beiden Prototypen-Klassen fahren Zoom

Ich hoffe, dass wir in diesem Jahr mehrfach ganz vorne mitmischen können. In den vergangenen Jahren gab es eigentlich keinen wirklich fairen Wettbewerb. Die Dieselautos hatten 50 PS mehr, vom Drehmoment ganz zu schweigen. Das war eine wirklich dämliche Situation. Aber der ACO hat versprochen, dass man sich die Leistungsdichte in den ersten LMS-Rennen anschaut und dann eventuell vor Le Mans noch einmal Anpassungen an der Einstufung vornimmt.

Aber es stellt sich die Frage, welche Grundlage man für eine solche Entscheidung hat. Schaut euch mal die Rundenzeiten aus Sebring an und lasst euch nicht täuschen! Wenn in Sebring zwischen Audi und Acura etwa ein bis zwei Sekunden pro Runde liegen, dann wird der Abstand in Le Mans ganz sicher sechs, sieben oder sogar acht Sekunden betragen. Das liegt einfach an der wahnsinnig schnellen Strecke bei mir zuhause. Ich hoffe natürlich, dass ich falsch liege, weil ich gern mit meinem Auto ganz nah dran wäre.

Kritische Situation in der GT1-Klasse

Wir hoffen jetzt zunächst einmal, dass es in der neuen LMS-Saison, die schon bald beginnt, einen schönen Wettbewerb geben wird. Audi schickt mit dem Kolles-Team zwei Vorjahreswagen an den Start und ich fürchte, dass die 2009 weitere Siege sammeln werden. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob sie genauso gut sein werden wie unter der Joest-Flagge im Vorjahr. Ein Einsatz solcher Autos ist bestimmt nicht ganz einfach. Vielleicht können Lola, Aston Martin, Oreca, Zytek oder wir zum Spielverderber werden.

In der LMP2-Klasse gibt es viele neue Autos. Ich hoffe, dass wir mit unserem Pescarolo-Mazda gut mithalten können. Für uns Private ist es immer schwierig in der kleinen Prototypen-Klasse. Ein Problem ist auch, dass in den privaten Teams fast ausschließlich Gentleman-Driver zum Einsatz kommen, wir können uns einfach keine Stars leisten. Das ist schade, aber anders lässt sich ein solches Programm nicht finanzieren. Es wird in der LMP2 viele schnelle Autos geben. Die Lolas werden gut sein und Porsche natürlich auch.

Die GT1-Klasse ist in einer kritischen Situation. Das entsprechende Reglement der FIA ändert sich zum kommenden Jahr. Es hat den Anschein, als würde die schöne GT1 wegfallen und durch eine Art GT2 ersetzt. Keiner weiß im Moment, wie es aussehen wird. Daher ist es logisch, dass nur wenige Teams in der GT1 antreten. In der kleinen Klasse gibt es dagegen einen gewaltigen Wettkampf. Ferrari wird wieder stark sein, Porsche auch und viele andere können ebenfalls schnell fahren. Das wird interessant.

Lasst uns in diesem Jahr auf einen fairen Wettkampf auf der Strecke hoffen. Drückt meinem Team Pescarolo Sport die Daumen!

Herzlichst,

Henri Pescarolo

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