• 21.07.2007 13:12

  • von Britta Weddige

Vertraut wie ein altes Ehepaar

Mattias Ekström und sein Renningenieur Alex Stehlig haben eine ganz besondere Beziehung zueinander - und auch jede Menge Spaß miteinander

(Motorsport-Total.com) - Wenn man sich mit Audi Pilot Mattias Ekström und seinem Renningenieur Alex Stehlig zusammensetzt, dann merkt man gleich: Hier hat man es mit zwei dicken Freunden zu tun. Seit ziemlich genau sechs Jahren arbeiten die beiden zusammen, ihr erstes gemeinsames Rennen war am Norisring 2001. 'Motorsport-Total.com' hat sich mit den beiden getroffen und mit ihnen über ihr spezielles Verhältnis - geplaudert, könnte man sagen.

Titel-Bild zur News: Mattias Ekström Alexander Stehlig

Mattias Ekström und Alex Stehlig arbeiten seit sechs Jahren eng zusammen

So konzentriert und hochprofessionell sie auf der einen Seite arbeiten, so locker ist auf der anderen Seite ihr Umgang miteinander. Es beginnt schon mit der ersten Frage: "Was sind die Aufgaben des Renningenieurs", wollen wir von Stehlig wissen. Es folgt ein herausforderndes "Jetzt wird's interessant!" von Ekström, bevor er seinen Ingenieur zu Wort kommen lässt.#w1#

Schauen, dass rundherum alles passt

"Ich bin sein 'Mama-Ersatz' an der Rennstrecke", witzelt Stehlig zurück. "Nein, Spaß beiseite. Ich kümmere mich um viele Dinge. Ich vergewissere mich, dass am Auto rundherum alles passt, schaue, dass die Mechaniker unsere Wünsche umgesetzt haben und mache mich dann mit Mattias an die Abstimmungsarbeit. Es ist auch sehr wichtig, dass ich ihm das Gefühl gebe, dass ich ihm den Rücken freihalte, dass alles perfekt geplant ist, dass er im Rennen keinen Verkehr haben wird, dass die Reifen durchhalten und so weiter. Ich muss ihm vermitteln können, dass alles optimal läuft."

"In einer normalen Beziehung hast du die Liebe als Basis und bei uns ist es der Motorsport." Mattias Ekström

Dazu notwendig ist absolutes Vertrauen des Piloten in seinen Ingenieur. Misstrauen wäre fehl am Platz. "Zwischen einem Fahrer und seinem Ingenieur muss es genau so viel Vertrauen geben, als wenn man verheiratet ist oder schon eine lange Beziehung hat", erklärt Ekström. "Man muss einander voll vertrauen können, immer alles besprechen und klären, warum man was wie macht. In einer normalen Beziehung hast du die Liebe als Basis und bei uns ist es der Motorsport und das Rennauto." Einwurf von Stehlig: "Genau, ich liebe ihn über das Rennauto" - und beide lachen herzhaft.

"Man muss totales Verständnis für den anderen haben, wie normale Menschen, die eine Beziehung miteinander führen", fährt Ekström ernsthaft fort - nicht ohne dann aber lachend hinzuzufügen: "In ein paar Jahren bin ich auch die längste Beziehung in Alex' Leben." Stehlig pflichtet schmunzelnd bei: "Das stimmt, er muss noch meine Ex-Freundin überleben, das waren neun Jahre, und wir sind erst bei sechs Jahren. Noch ein paar Jahre, dann ist er meine längste Beziehung."

Unterschiedliche Ansichten ja, Streit nein

"'Streiten' würde ja heißen, dass man sauer aufeinander ist und so etwas passiert bei uns nicht." Alex Stehlig

In jeder guten Beziehung gibt es allerdings auch Streit, und wie sieht es da in diesem engen Arbeitsverhältnis aus? "Ja klar, gibt es mit Sicherheit auch. Aber da gibt es immer Lösungen", erklärt Ekström. Stehlig differenziert: "Ich würde sagen, 'streiten' kann man das nicht nennen. Denn 'streiten' heißt, dass man einen Disput über eine Sache hat, den man nicht unbedingt löst. Man hat manchmal unterschiedliche Ansichten und die werden aneinander angepasst. Aber streiten? Nein. Denn 'streiten' würde ja heißen, dass man sauer aufeinander ist und so etwas passiert bei uns nicht."

Sechs Jahre sind die beiden schon gemeinsam durch dick und dünn gegangen, sie haben 2004 zusammen den Meistertitel geholt, jetzt führen sie wieder die Meisterschaft an. Geteilte Freude ist doppelte Freude, und so ist es auch bei Ekström und Stehlig. Befragt zu ihren schönsten gemeinsamen Erinnerungen bekommen sie ein strahlendes Glitzern in ihre Augen. Denn da gab es einige. "Ein schönes Erlebnis war unser zweites Rennen, das wir zusammen gemacht haben, das war am Lausitzring und wir sind gleich aufs Podest gekommen", so Stehlig. "Das war schon klasse, denn es war mein erstes Podium in der DTM und das war schön, nach zwei Rennen schon zu sehen dass es funktioniert. Der erste Sieg war auch toll. Ich glaube, Podium, Pole, Sieg und Meisterschaft, das toppt sich dann schon."

"Wenn wir etwas ausprobieren und jeder sagt uns, dass es nicht funktionieren würde und dann klappt es doch, das sind auch schöne Erlebnisse." Alex Stehlig

"Das erste Podium war am Lausitzring, der erste Sieg war in Zandvoort 2002, die erste Pole war 2002 am Norisring", erinnert sich Ekström noch genau. Und dann eben 2004 die Meisterschaft. "Klar ist die Meisterschaft das tollste gewesen", ergänzt Stehlig. "Aber es gibt auch sonst manchmal schöne Erlebnisse, wenn wir zum Beispiel ein Setup ausprobieren und jeder sagt uns, dass es nicht funktionieren würde und dann klappt es doch, das sind auch schöne Erlebnisse."

Kleine Erfolgserlebnisse hinter den Kulissen

Dem pflichtet Ekström bei - was besonders verbindet, sind die kleinen gemeinsamen Erfolgserlebnisse hinter den Kulissen. "Das sind Erlebnisse, die niemand außer uns beiden so wirklich mitbekommt", erklärt der Schwede. "Wenn du auf dem Podest stehst und Topergebnisse holst, das sieht ja jeder. Aber dann gibt es noch die Interna, wenn wir im Training irgendwas Verrücktes ausprobieren und das auch noch funktioniert."

"Mein Freund, wenn wir jetzt raus fahren und du versagst da draußen, haben wir ein Problem." Alex Stehlig

Ein Beispiel dafür bitte? "Manchmal gab es Situationen im Training, in denen wir gesagt bekamen, es mache keinen Sinn früh raus zu fahren.", erinnert sich Stehlig. "Wir wollten das aber unbedingt tun. Du entscheidest dich gegen den Rat anderer Leute und ich sage ihm schon: 'Mein Freund, wenn wir jetzt raus fahren und du versagst da draußen, haben wir ein Problem' - und dann fährt er die Bestzeit, das sind auch schöne Erlebnisse."

"Ich glaube, das war 2003 in Zandvoort, da hat uns jeder gesagt, es bringt nichts früh raus zu fahren, weil sowieso so viel Sand auf der Strecke sei - und dann habe ich Bestzeit geholt", ergänzt Ekström.

Manchmal geht es auch schief

Das könnte allerdings auch nach hinten losgehen - wir wollen wissen, ob so etwas auch schon mal schief gelaufen ist. "Ich würde sagen, so richtig daneben gegangen ist das noch nie", antwortet Ekström. Ergänzung Stehlig: "Doch - Norisring 2004, in der Qualifikation." Das weckt Erinnerungen bei Ekström: "Oh ja, oh ja, als wir früh raus gefahren sind, oooooohhhhh", pflichtet er seinem Ingenieur theatralisch Kopf nickend bei.

Was war passiert? "Da hatte ich gedacht, man könnte ja mal früh im Qualifying raus fahren, das ist gut! Und dann sind wir als Allererste raus gefahren und alle haben nur den Kopf geschüttelt. Ja, und wir waren zwei Sekunden zu langsam - da haben wir versagt", räumt Stehlig einen der wenigen Fehler ein.

Privat ist privat

"Ich zerstöre oft seinen freien Sonntag." Mattias Ekström

Ekström und Stehlig sind an der Rennstrecke eine verschworene Gemeinschaft, wie gesagt beinahe wie ein altes Ehepaar. Wer sie zusammen erlebt, muss eigentlich davon ausgehen, dass sie auch privat dicke Freunde sind. Doch da kommen überraschende Antworten: "Ich sage immer, wir haben ein sehr freundschaftliches und sehr enges Verhältnis und im Arbeitsbereich ist unsere Beziehung extrem eng", erläutert Stehlig. "Aber privat? Wir haben weder zusammen Urlaub gemacht noch verbringen wir privat viel Zeit miteinander. Ich glaube, es ist auch gut, wenn man im Privatleben etwas anderes macht als im Beruf. Ich würde ihn nicht fragen, ob er im November mit mir in den Urlaub fahren würde, weil ich ganz froh bin, wenn ich mal weit weg vom Motorsport etwas machen kann."

Dem schließt sich Ekström an, fügt jedoch lachend hinzu: "Aber ich zerstöre oft seinen Sonntag. Wenn er frei hat und ich auch zu Hause bin, dann habe ich eigentlich immer eine sehr gute Idee, die so wichtig ist, dass sie unbedingt an diesem Sonntag noch besprochen werden muss und dann rufe ich natürlich sofort an." In solchen Fällen lässt sich Stehlig aber auch gern in der Freizeit stören. "Das ist ja auch in Ordnung. Aber ansonsten sagen wir beide: Privat ist privat und das kann man schon gut trennen."