Qualifying-Poker in DTM: Wieso kommen Fahrer nach Outlap wieder an die Box?

Was es mit der sogenannten Out-In-Lap auf sich hat, wie komplex der Qualifying-Poker in der DTM 2023 ist und wieso manche Fahrer auf den Trick verzichten

(Motorsport-Total.com) - Bei vier der bisherigen sechs Rennen startete der Sieger von Pole. Das Qualifying ist also in der DTM-Saison 2023 der Schlüssel zum Erfolg, doch durch den Wechsel von Michelin- auf Pirelli-Reifen hat sich die Herangehensweise im Kampf um die schnellste Rundenzeit komplett geändert.

Titel-Bild zur News: Lucas Auer

Qualifying-Taktik: Wer fährt eine Runde vor dem entscheidenden Run, wer verzichtet? Zoom

Das liegt nicht nur daran, dass die Piloten in beiden Qualifyings durch eine Regeländerung nur je einen frischen Reifensatz zur Verfügung haben. "Die größte Herausforderung ist es für uns dieses Jahr, den Reifen im Qualifying ins richtige Fenster zu bringen", sagt Winward-Teamchef Christian Hohenadel.

"Was wir letztes Jahr bis zur Perfektion beherrscht haben, ist dieses Jahr durch den Pirelli-Reifen anders", erklärt Hohenadel, dessen Team mit Lucas Auer im Vorjahr zwei Poles holte und dieses Jahr noch an der perfekten Herangehensweise feilt.

"Wir wärmen durch abstrahlende Hitze die Reifen"

Damit ist die Mercedes-Truppe nicht allein. Denn bei den bisherigen Qualifyings griffen die Teams in die Trickkiste, um das schmale Arbeitsfenster des Pirelli-Reifens zu treffen. Auffällig ist dabei, dass viele Fahrer zu Beginn der Session - wie bisher auch im ADAC GT Masters - aus der Box fahren und noch in der selben Runde zurückkehren, ohne dabei eine schnelle Runde zu drehen.

"Wir dürfen die Reifen nicht heizen", verweist Landgraf-Mercedes-Pilot Maro Engel auf die Regel, dass Heizdecken oder Reifenwärmer in der DTM verboten sind. "Durch die warme Bremse und die abstrahlende Hitze wärmen wir so die Reifen, das machen so ziemlich alle."

Jedes Team und jeder Fahrer versuche, "die beste Lösung zu finden", weiß der Pole-Setter von Zandvoort. "Es geht um jede Hundertstel. Wenn du es schaffst, den Reifen etwas besser zum Arbeiten zu kriegen, kannst du den Unterschied machen."

Darauf kommt es in der Out-In-Lap an

Doch worauf kommt es in dieser sogenannten Out-In-Lap an? "Man muss schauen, dass man die Bremstemperatur hochbekommt, damit du dann beim Stehen diesen Abstrahleffekt und eine gute Durchheizung der Felge bekommst", erklärt Thomas Jäger, der bei Mercedes-AMG DTM-Sportdirektor ist. "Das geht dann in den Reifen über."

Danach ist es wichtig, dass die Temperatur im System bleibt, denn laut Reglement dürfen nur 50 Prozent der Verkleidungsöffnungen des Fahrzeugs abgeklebt werden. Davon macht man in der Regel gebrauch. "So kannst du mehr Hitze ins System bringen, aber auf die Distanz musst du es abziehen, außer es ist sehr kalt, weil sonst das System überhitzt", erklärt Jäger.

In der Box wird dann auch der Luftdruck im Reifen, der durch die Out-In-Lap gestiegen ist, wieder gesenkt, um dann beim entscheidenden Versuch rasch den gewünschten Ziel-Reifendruck zu erreichen. Denn auch der Pirelli-Reifen ermöglicht die besten Runden ganz am Anfang.

Je weniger Prep-Laps, desto besser

"Der Reifen hat einen sogenannten Peak", erklärt Jäger. "Damit der Peak nicht schon weg ist, bevor der Luftdruck da ist, versucht man, das künstlich nachzustellen. Und beschleunigt diesen Vorgang, damit man den richtigen Druck mit dem Reifenpeak zusammenbringt. Da hat jedes Team im Vorfeld sein eigenes System herausgearbeitet. Wichtig ist dabei auch eine gewisse Reproduzierbarkeit."

Das ist aber alles andere als einfach, denn jede Strecke bringt unterschiedliche Bedingungen. Manchmal benötigen die Fahrer nach der Runde aus der Box zwei sogenannte Prep-Laps, damit der Reifen im richtigen Fenster ist, manchmal klappt es schon nach einer Prep-Lap. Das ist das Ziel, denn so kann man den Peak besser nutzen.

Aber welche Rolle spielt der Mann am Steuer? "Er hat eine Schlüsselrolle, denn er muss spüren, wann es funktioniert und wie sich die Strecke entwickelt", erklärt Winward-Teamchef Hohenadel. "Und dann ist man noch mit fast 30 Autos auf der Rennstrecke", ergänzt HRT-Teamchef Ulrich Fritz. "Du musst den idealen Slot erwischen - sowohl in den Prep-Laps als auch in der schnellen Runde."

Warum verzichten manche Teams auf die Out-In-Lap?

Kelvin van der Linde

Die Audi-Piloten verzichten in der Regel auf eine Out-In-Lap im Qualifying Zoom

Aber wie ist es zu erklären, dass vor allem die Mercedes-AMG-Teams auf die Taktik mit der Out-In-Lap setzen, bevor man auf den entscheidenden Versuch geht, während die Audi-Teams in der Regel darauf verzichten?

Das hat auch damit zu tun, dass der Mercedes-AMG ein eher reifenschonendes Auto ist und eine ausgeglichene Gewichtsbalance hat, während der Audi durch den Mittelmotor mehr Gewicht auf der Hinterachse hat. Auch die Kinematik des Boliden spielt eine Rolle. "Wir haben in Oschersleben gesehen, dass der Audi in den Outlaps nach dem Stopp extrem stark war und die Räder sofort gekommen sind", verrät Jäger.

Auch das Meisterteam Schubert verzichtet beim BMW, der durch den Turbomotor die Reifen schneller auf Temperatur bringt, auf die Out-In-Lap. "Ich glaube nicht, dass es ein Vorteil ist, und wir machen es nicht", sagt Rast, der nach Teamkollege Sheldon van der Linde am Vortag die Sonntags-Pole am Norisring holte. "Es geht auch ohne."

SSR-Lamborghini-Pilot Mirko Bortolotti will sich währenddessen auf keine Herangehensweise festlegen. "Es gibt Strecken, auf denen du das machst und andere, auf denen du es nicht machst. Ich werde aber nicht verraten wo", will er sich im Qualifying-Poker nicht in die Karten blicken lassen.

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