"Fahrerlager versteht es nicht": Wieso wurde Qualifying nicht neu gestartet?

Der Crash-Abbruch des Qualifyings sorgt für Diskussionen und bremste Lucas Auers Titelambitionen: Wie die Rennleitung die Entscheidung argumentiert

(Motorsport-Total.com) - Nachdem sich Lucas Auer vor dem entscheiden Sonntagsrennen in Hockenheim bis auf zwei Punkte an DTM-Leader Sheldon van der Linde herangearbeitet hatte, zerstörte der Qualifying-Abbruch am Morgen seinen Tag: Er startete nur von Platz elf und konnte sich mit den 25 Kilogramm Erfolgsgewicht nur auf Platz sieben nach vorne arbeiten.

Titel-Bild zur News: Lucas Auer

Vorzeitig Schuss im Qualifying: Das riss Lucas Auer aus seinen Titelträumen Zoom

Der Vizemeister verstand nach dem Rennen nicht, warum man das Qualifying nach dem Crash von Felipe Fraga 2:25 Minuten vor Schluss nicht noch einmal gestartet hatte. "Wenn es keinen Sinn ergibt, neu zu starten, weil sich die Outlap und dann eine gezeitete Runde nicht mehr ausgehen, dann okay", so Auer.

"Aber jeder hätte noch eine Runde geschafft", sagt der Winward-Mercedes-Pilot, der zum Zeitpunkt des Abbruchs seinen einzigen frischen Reifensatz noch nicht ordentlich genutzt hatte. "Sie hatten sicher ihre Gründe, warum sie es nicht gemacht haben", sagt Auer über den ausbleibenden Neustart. "Und am Ende hat es Rene (Rast, Pole-Setter; Anm. d. Red.) hingekriegt, aber der Großteil des Feldes nicht."

So erklärt Renndirektor Elkins die Qualifying-Entscheidung

Doch wie erklärt Renndirektor Scot Elkins, dass man weder eine Gelbe Flagge zeigte, wodurch viele Piloten ihre Runden noch zu Ende fahren hätten können, noch die Session noch einmal gestartet wurde?

"Die Rote Flagge wurde durch den Unfall der #74 in Kurve 1 erforderlich", sagt der US-Amerikaner. "Da es sich um einen Hochgeschwindigkeitsabschnitt der Strecke handelt, konnten wir nicht riskieren, das Fahrzeug ohne Rote Flagge zu bergen. Und aufgrund der umfangreichen Reparaturarbeiten an den Leitplanken haben wir die Sitzung nicht wieder aufgenommen."

Darüber zeigt sich Mirko Bortolotti verwundert. Der Grasser-Lamborghini-Pilot, der beim Qualifying die Pole hätte fahren müssen, um im Titelrennen zu bleiben, aber am Ende auf Startplatz 18 landete, versteht die Argumentation nicht ganz.

Bortolotti: "Dann ist bei der Reparatur Wunder gelungen"

"Ich war auf dem Weg zu einer Pole-Runde, aber dann gab es die Rote Flagge", so der Italiener im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Das ganze Fahrerlager versteht nicht, warum nicht neu gestartet wurde und auch die Erklärung dafür hat nicht wirklich Sinn ergeben, denn die nächste Rennserie hat nach Zeitplan angefangen", verweist er auf den BMW-M2-Cup, der 20 Minuten nach der DTM sein Qualifying austrug.

"Wenn die Streckenbegrenzung so stark beschädigt war, dann ist ihnen bei der Reparatur entweder ein Wunder gelungen, oder es war nicht so stark beschädigt", meint Bortolotti. "Ich weiß es nicht. Es ist etwas seltsam, aber es ist wie es ist."

Rast: "Was Fairness angeht, war es richtige Entscheidung"

Rene Rast, der vom Abbruch profitierte, weil er zu diesem Zeitpunkt schon eine schnelle Runde absolviert hatte, findet es übrigens keinesfalls unfair, dass das Qualifying nicht neu gestartet wurde.

"Jeder hätte sich angestellt und das halbe Feld hätte eine Runde fahren können, die andere Hälfte hätte das wahrscheinlich nicht zusammengebracht", sagt der Abt-Audi-Pilot, der bewusst früh seine Runde absolviert hatte, um sich gegen etwaige Zwischenfälle zu wappnen. "Was die Fairness angeht, war es die richtige Entscheidung."


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Und auch Sieger Marco Wittmann, der seine Qualifying-Zeit auf einem gebrauchten Satz gefahren war und so auf Startplatz vier kam, zeigt Verständnis für die Entscheidung. "Natürlich mussten wir alle ein Opfer bringen, aber das ist manchmal ein Poker", sagt der Walkenhorst-BMW-Pilot. "Wenn man in einem Qualifying spät rausgeht, dann besteht immer das Risiko einer Roten Flagge."

Abgesehen davon hätte man seine schnelle Runde auf den frischen Reifen auch früher fahren können, meint er: "Ich glaube, es gab sogar ein paar Fahrer, die den frischen Reifensatz beim ersten Run aufzogen. Oder die es geschafft haben, die Runde vor der Roten Flagge zu fahren. Sie sind einfach früher rausgegangen. Manchmal muss man dieses Risiko eingehen."