• 12.10.2009 12:52

  • von Stefanie Szlapka & Britta Weddige

Drunter und drüber auf der Berg- und Talbahn

In der letzten Runde des Dijon-Rennens ging es noch einmal turbulent zur Sache: Muntere Positionswechsel, eine Kollision und ein extrem knapper Zieleinlauf

(Motorsport-Total.com) - Eines steht fest: Die Zuschauer bei der DTM-Premiere in Dijon bekamen einiges geboten. Das ganze Rennen über gab es quer durch das Feld packende Zweikämpfe zu beobachten und in den letzten zehn Runden kam noch einmal zusätzliche Dramatik auf. Los ging es mit dem Reifenschaden von Audi-Pilot Oliver Jarvis, danach erwischte es Tom Kristensen auf Rang drei und Mattias Ekström in Führung liegend.

Titel-Bild zur News: Martin Tomczyk

Diese sechs Herren sorgten in der letzten Runde noch für viel Unterhaltung

In der Folge herrschte in der Führungsgruppe die pure Angst, der Boxenfunk begann zu glühen, jeder Ingenieur mahnte seinen Fahrer eindringlich, seine Reifen zu schonen. Und das sorgte dafür, dass die Fans am Schluss noch eine turbulente letzte Runde erleben durften, in der das Mittelfeld noch einmal bunt durcheinandergewürfelt wurde.#w1#

"Da ging es drunter und drüber", bestätigt Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Es waren einige dabei, die wollten einfach nur ins Ziel kommen und ja nichts kaputtgehen lassen. Und dann waren einige, die wollten da unbedingt noch vorbei. Und deshalb war es für die Zuschauer sicherlich eine sehr spannende letzte Runde."

Jamie Green, Ralf Schumacher, Bruno Spengler

Jamie Green klemmte plötzlich zwischen Bruno Spengler und Ralf Schumacher Zoom

Die Führungsgruppe nahm deutlich das Gas raus, Spitzenreiter Gary Paffett hatte die beruhigende Info, dass er hinter sich vier weitere Mercedes hat und fuhr im Schongang dem Ziel entgegen. Gleiches galt für seine Kollegen dahinter. "In der letzten Runde war es wichtig, langsam zu machen. Denn wer weiß, was mit den Reifen passieren kann", so der Drittplatzierte Bruno Spengler, der wie Paffett und Paul Di Resta vor ihm immer langsamer wurde.

Von hinten lief Jamie Green auf, der auf Rang vier lag. Der Jahreswagenpilot befand sich plötzlich im Sandwich: "Paul ist viel langsamer geworden und auch Bruno. Ich habe in den Rückspiegel geschaut und dort kamen Ralf Schumacher und Timo Scheider immer näher", schildert Green. "Ich habe am Funk gefragt: 'Was passiert hier? Die werden mich noch überholen bei dieser Geschwindigkeit.' Die vor mir hätten nicht mehr langsamer fahren können."

Timo Scheider, Martin Tomczyk

Timo Scheider und Martin Tomczyk wollten auch nur heil ins Ziel kommen Zoom

Doch von hinten drohte Green keine Gefahr, denn Schumacher passte sich einfach dem Tempo seiner Vorderleute an: "Wir wollten eigentlich alle nur noch heil heim." Das galt auch für Timo Scheider, der hinter Schumacher auf Rang sechs lag. Der Audi-Pilot überlegte zwar kurz, noch eine Attacke zu starten, dann siegte aber doch die Vernunft und der DTM-Spitzenreiter begnügte sich mit drei wichtigen Punkten. Das war ihm lieber, als einen Unfall zu riskieren.

Die schonende Fahrweise der Führungsgruppe sorgte aber dafür, dass es dahinter in der letzten Runde noch einmal richtig turbulent zuging. So lautete die Reihenfolge im Mittelfeld vor Beginn des letzten Umlaufs: Martin Tomczyk war Siebter, Alexandre Prémat lag im Audi-Jahreswagen als Achter auf dem letzten Punkterang. Dicht dahinter folgten Maro Engel im Mercedes-Jahreswagen als Neunter und Ekström, der in der vorletzten Runde Mathias Lauda überholt hatte. Lauda war Elfter vor Markus Winkelhock und Mike Rockenfeller.


Fotos: DTM in Dijon


"Jeder hat wegen der Reifenschäden das Tempo verlangsamt. Von daher war es etwas schwierig zu fahren, weil die anderen von hinten nachgedrückt haben. Es ist ein bisschen gefährlich geworden. Und es war glaube ich der dichteste DTM-Einlauf, den wir je hatten", schildert Tomczyk. Die Siebt- bis Zwölfplatzierten kamen innerhalb von nur zweieinhalb Sekunden ins Ziel, Mercedes-Pilot Engel hatte als Zwölfter nicht einmal sechs Sekunden Rückstand auf Sieger Paffett.

"Deswegen kann man doch nicht einfach die Strecke blockieren." Maro Engel

Engel war einer jener Piloten, die von hinten noch einmal Druck machten - und einer der Hauptdarsteller in der turbulenten letzten Runde. "Wenn man langsam fährt, weil man irgendwas schonen muss, ist es okay. Aber deswegen kann man doch nicht einfach die Strecke blockieren", schimpft er. "Ich bin auf der Gerade entlang gefahren und war von Audis eingeklemmt. Vor mir ein Audi, rechts ein Audi, so dass ich einfach nichts machen konnte."

Also versuchte Engel, am Achtplatzierten Prémat vorbeizukommen, der selbst Angst um seine Pneus hatte: "Natürlich hat man die, wenn man sieht, dass schon ein paar Autos einen Reifenschaden hatten. Man weiß nie, wann es passiert - in der Kurve, am Kurveneingang, am Kurvenausgang oder auf der Gerade? Es gibt so viele Möglichkeiten. Deshalb sind wir am Ende vier Sekunden langsamer gefahren. Die Jungs hinter mir waren aber einfach verrückt", so der Franzose.

"Die Jungs hinter mir waren einfach verrückt." Alexandre Prémat

Schließlich kam Engel an Prémat vorbei und lag damit als Achter auf dem letzten Punkterang. Danach versuchte er in der Spitzkehre, auch noch den Siebtplatzierten Tomczyk anzugreifen. Plötzlich spürte Engel jedoch "einen Hammerschlag" auf seiner rechten Fahrzeugseite. Da war ihm von hinten Prémat zu nahe gekommen.

Die beiden kollidierten, links außen zog Ekström vorbei nach vorn, rechts außen überholte Lauda, in dessen Windschatten Winkelhock gleich noch mitzog. Lauda fand sich plötzlich als Achter auf einem Punkterang wieder, Winkelhock war kurzzeitig Neunter vor Ekström, der Schwede ging aber in der letzten Kurve noch an ihm vorbei. Premat, wenige Kurven vorher noch auf Punktekurs, musste sich am Ende mit Rang elf hinter Winkelhock begnügen, für Engel blieb nach der Kollision nur Rang zwölf statt des erhofften Zählers.

Plötzlich war Lauda in den Punkten

"Ich bin sauber durchgefahren und konnte ohne Berührung vier Autos überholen." Mathias Lauda

"Wir hätten das Rennen mit einem Punkteergebnis beenden können", ärgert sich Engel, der für "die Aktion" von Audi-Pilot Prémat "null Verständnis" hat. Geht es nach Prémat, hätte es gar nicht erst so weit kommen müssen. Seiner Meinung nach hätte die Rennleitung nach drei explodierten Reifen reagieren und das Rennen abbrechen müssen: "Denn was die Sicherheit angeht, war das nicht so gut."

Lauda dagegen kann seine Freude über seinen unerwartet in letzter Minute gewonnen ersten Saisonpunkt nicht verbergen: "Man musste in der letzten Runde einfach kämpfen und zeigen, dass man im Pulk fahren kann. Es hieß: kühlen Kopf bewahren und keine Harakiri-Aktion starten. Ich bin sauber durchgefahren und konnte ohne Berührung vier Autos überholen", schildert der Österreicher seinen Weg nach vorn.

Und Winkelhock war mit seinem zehnten Platz auch durchaus zufrieden: "Viel mehr war auch gar nicht drin. Ich hatte sogar noch Glück, dass ich gut durch den Tumult durchkam. Platz zehn ist okay."