Champion exklusiv: Das große Scheider-Interview, Teil 2
Im zweiten Teil des Exklusiv-Interviews spricht Timo Scheider über "Besserwisser", das Projekt Titelverteidigung und seine weitere Zukunftsplanung
(Motorsport-Total.com) - Seit dem 26. Oktober 2008 hat sich einiges geändert im Leben des Timo Scheider. Seit sich der Audi-Pilot in Hockenheim zum DTM-Champion krönen konnte, absolviert er einen wahren PR-Marathon. Doch er fühlt sich dabei "sehr, sehr gut" und nahm sich die Zeit für ein ausführliches Exklusiv-Interview mit 'Motorsport-Total.com'. In ersten Teil blickte Scheider zurück auf die erfolgreiche Saison 2008 und die anstrengenden Wochen seit dem Titelgewinn.

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Timo Scheider würde gern noch viele Jahr für Audi auf Titeljagd gehen
Im heutigen zweiten Teil spricht der Champion über "Ausklinken" in den Bergen, unerwünschte Ratschläge, Erholung in der Winterpause, das Projekt Titelverteidigung und über seine Zukunft. Denn irgendwann ist seine Zeit als aktiver Rennfahrer vorbei, und deshalb denkt der 30-Jährige nun schon über ein zweites Standbein nach.#w1#
Frage: "Du warst nach dem Rückschlag von Le Mans Klettern im Montafon, erstmals an 60 Meter hohen Wänden. War das mentale Vorbereitung auf das Finale oder wolltest du dich einfach einmal ausklinken?"
Timo Scheider: "Da ging es mehr ums Ausklinken, zumindest am Anfang. Ich musste einfach weg von den vielen Leuten, die gute Ratschläge und gute Tipps hatten. Das war natürlich immer nur gut gemeint, es war niemand dabei, der mir etwas Schlechtes wollte."
"Aber da waren Statements dabei wie 'die Idioten von Le Mans' und 'was haben sie da für einen Mist gebaut' - irgendwann hat mich das so geärgert, dass ich gesagt habe: 'Lasst mich doch bitte einfach in Ruhe, denn es kommt noch ein Rennen, bei dem ich die Motivation und ein gutes Gefühl brauche, um erfolgreich zu sein'. Und so war ich in den ersten paar Tagen froh, keine Emails zu lesen und kein Handy zu haben, um nicht solche Besserwisser am Telefon zu haben."
Energietanken im Winter
Frage: "Du hast schon erzählt, dass du derzeit PR-technisch noch sehr eingespannt bist. was machst du, wenn es etwas ruhiger wird? Ist auch Urlaub geplant?"
Scheider: "Ja, Urlaub werden wir als Familie wahrscheinlich im Februar machen. Wir wollen zwei Wochen irgendwohin ins Warme fliegen, um ein bisschen Energie zu tanken. Obwohl wir das inzwischen auch zu Hause können. Unser Häuschen ist jetzt dann bald zu hundert Prozent fertig und dann fühlt man sich auch wohl. Die nächsten Wochen werden noch ein bisschen Arbeit bedeuten, aber danach müssen wir alle gemeinsam mal ein bisschen abspannen."
Frage: "Mattias Ekström hat nach seinem Meistertitel alle Audi-Kollegen zu sich nach Schweden eingeladen. Planst du so etwas auch?"
Scheider: "Nein, da wird es auch nichts geben, denn ich habe eine Meisterfeier gemacht und mich bei den Leuten bedankt, die die ganzen Jahre hinter den Kulissen schrauben, in den Büros sitzen und gar nie ins Rampenlicht kommen. Ich denke, es ist wichtig, den Leuten danke zu sagen, die im Hintergrund viel mitarbeiten. Mir war es persönlich bedeutsam, allen mit einer tollen Feier am Bodensee einmal zu zeigen, welche Leute im Hintergrund zum Erfolg beitragen und so danke zu sagen."
Titelverteidigung und Zukunftsplanung
Frage: "Im kommenden Jahr steht die Titelverteidigung an - ist das noch schwerer, als den Titel zu holen?"
Scheider: "Eines ist sicher: Leicht wird es in der DTM nie. Natürlich ist der Druck von diesem Jahr erst einmal weg. Aber ich muss auch klar sagen, dass mein Ziel ist, den Titel zu verteidigen. Der Druck wird größer, weil alles auf mich schaut. Ich werde erstmals mit der Nummer eins auf meinem Auto aus der Box fahren. Das bedeutet für mich Stolz, aber natürlich auch ein Stück Verantwortung und Fokus, den ich auf mich ziehe. Doch ich freue mich auf die Herausforderung und es wäre das Schönste, wenn ich den Titel verteidigen könnte."
Frage: " Wo siehst du dich in fünf und wo in zehn Jahren?"
Scheider: "Ich bin jetzt gerade 30 geworden, bin also im besten Rennfahreralter. Ich hoffe, dass ich vielleicht noch zehn oder mehr Jahre professionellen Motorsport betreiben kann - und am liebsten mit Audi. Das wäre meine Vision der Zukunft. Ich denke mal, dass ich mich dann in zehn Jahren bedanken kann für die Unterstützung und für das, was man geleistet hat. Das wäre toll."
"Wo es danach hingeht, weiß ich noch nicht. Da zerbreche ich mir jetzt noch nicht den Kopf. Momentan ist das Motorsport-Thema für mich aktueller denn je. Mit Sicherheit werde ich mir mittelfristig ein zweites Standbein neben dem Motorsport aufbauen. In welcher Form, das wird sich noch zeigen. Aber da laufen auch gerade schon Planungen."
Frage: "Und was wünscht du dir zu Weihnachten?"
Scheider: "Ruhe! (Lacht; Anm. d. Red.) Ansonsten kann ich mir dieses Jahr wohl nicht mehr wünschen. Was Geburtstag und Weihnachten und alles zusammen betrifft, haben wir uns wohl im Oktober schon das schönste Geschenk gemacht. Momentan wünsche ich mir einfach nur ein schönes Weihnachten mit einem glücklichen Sohnemann, der unter dem Weihnachtsbaum strahlende Augen hat. Mehr brauche ich in diesem Jahr jedenfalls nicht."

