• 18.01.2011 16:46

Kahle: Über überraschende Hürden zum Erfolg

Matthias Kahle und Thomas Schünemann holten bei der Rallye Dakar den Buggy-Sieg, doch hinter ihnen liegen zwei ereignisreiche Wochen

(Motorsport-Total.com) - 160 Kilometer am Abschleppseil, ein Etappensieg mit gebrochenem Querlenker und ein Reifenschaden auf dem allerletzten Kilometer: Matthias Kahle und Thomas Schünemann blicken auf eine spannende Rallye Dakar mit einem ebenso erfreulichen wie dramatischen Ende zurück. Die Chronik einer Erfolgsgeschichte mit einigen überraschenden Hürden.

Titel-Bild zur News: HS Rallye Team

Ende einer erfolgreichen Reise: Das HS-Rallyeteam im Ziel der Dakar

"Unser Ziel ist der Sieg in der Buggy-Klasse", so lautete die Ansage von Kahle und Schünemann vor dem Start der 33. Rallye Dakar. Nach Platz zwei im Vorjahr wäre es für die Piloten des HS-RallyeTeams nach 2009 der zweite Klassensieg bei der härtesten Rallye der Welt.

Und der rote SMG-Diesel-Buggy mit der Startnummer 314 lag von der ersten Minute an voll auf Kurs: Mit zwei Tagessiegen zu Beginn untermauerten der siebenfache deutsche Rallye-Meister Kahle und sein Hamburger Copilot Schünemann nicht nur ihre Vormachtstellung in der Buggy-Wertung, sie schufen sich auch ein kleines Polster von 17 Minuten. Drei Reifenschäden auf der dritten Etappe waren für die Mission Klassensieg zwar ein kleiner Dämpfer und kosteten sie kurzfristig auch die Führung in ihrer Kategorie.

Als es in die Atacamawüste ging, waren Kahle und Schünemann allerdings nicht mehr zu stoppen. Trotz eines Querlenkerschadens in den chilenischen Dünen gewann das HS-RallyeTeam bis zum Ruhetag in Arica alle Wertungsprüfungen. Nach sechs von 13 Etappen hatten Kahle/Schünemann bereits mehr als zweieinhalb Stunden Vorsprung auf den zweitschnellsten Buggy von Ronan Chabot. In der Gesamtwertung lagen die Deutschen auf der 13. Position - selbst bei ihrem Klassensieg im Jahr 2009 hatten sie die zweite Rallyehälfte nur von Rang 20 aus in Angriff genommen.

¿pbvin|8|3403||0|1pb¿Spätestens jetzt war es an der Zeit, sich an höheren Zielen zu orientieren - und die waren schneller zum Greifen nah, als es das Team aus Hamburg selbst für möglich gehalten hätte. Während viele Favoriten den hohen Dünen, dem weichen Sand und den scharfkantigen Steinen in der Atacamawüste zum Opfer fielen, liefen Kahle und Schünemann zu Höchstform auf.

Auf der 508 Kilometer langen "Königsetappe" von Antofagasta nach Copiapo erzielte die Buggy-Crew mit Platz Acht ihr bestes Tagesergebnis bei einer Dakar überhaupt. In der Gesamtwertung festigten sie damit die zehnte Position, die sie Tags zuvor übernommen hatten. Das HS-RallyeTeam war damit endgültig zur großen Überraschung dieser Rallye avanciert.

Zwei Tage später geriet jedoch auch der rote SMG-Buggy ins Straucheln: Wie im Vorjahr schienen dem Arbeitsgerät von Kahle und Schünemann die weißen Dünen von Fiambala nicht zu bekommen. Nach gerade einmal 15 Wertungskilometern legte ein Kabelbrand die Elektronik lahm. Eine Sicherung sorgte dafür, dass der Motor nach wenigen Momenten wieder ausging. Nichts ging mehr.

HS-Buggy am Abschleppseil

Buggy am Abschleppseil: Nach einem Kabelbrand ging gar nichts mehr Zoom

Die Buggy-Piloten mussten auf die Hilfe ihres MAN-Racetrucks warten, der ebenfalls im Wettbewerb startet und schon nach wenigen Minuten vor Ort war. Die Lkw-Besatzung Mathias Behringer, Hugo Kupper und Jochen Seiler nahm den lädierten Buggy an den Abschlepphaken und schleppte ihn 160 Kilometer durch die Dünen bis ins Ziel der Etappe. Sogar die Werkspiloten von Volkswagen hielten dieses Unterfangen für unmöglich, aber im Endeffekt erreichte der Buggy mit "nur" fünfeinhalb Stunden Zeitverlust das Ziel der Prüfung.

Das Erstaunliche daran: Kahle/Schünemann hatten vorher so viel Vorsprung herausgefahren, dass sie dank der großartigen Hilfeleistung ihren zehnten Platz in der Gesamtwertung behaupteten - wenn auch nur mit 20 Minuten Abstand auf den Niederländer Eric van Loon im allradgetriebenen Mitsubishi Racing Lancer.

Im nächtlichen Biwak legte das Team eine Sonderschicht ein und machte den Buggy für die nächste Etappe wieder flott. Es ging darum, die zehnte Position zu verteidigen. Immerhin trennten sie "nur" noch drei Tage und 1.358 Kilometer von einem echten Traumresultat.

Matthias Kahle, Thomas Schünemann

Auf dem Weg ins Ziel war der Buggy - fast - nicht mehr zu bremsen Zoom

Kahle und Schünemann legten ein beeindruckendes Tempo an den Tag und hielten den fliegenden Holländer gut in Schach, die Reifen ihres SMG-Buggy hätten ihnen jedoch fast einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auf der allerletzten Etappe hatten Kahle/Schünemann 60 Kilometer vor dem Ziel den ersten Plattfuß, sie wechselten den Reifen in unter fünf Minuten und fuhren weiter. Doch auf dem letzten Wertungskilometer verabschiedete sich der nächste Reifen.

Kahle/Schünemann humpelten auf einem "Dreirad" ins Ziel - und verteidigten dennoch die zehnte Position in der Gesamtwertung. Damit ist zum ersten Mal seit 2006 wieder ein Buggy in den Top 10 der Gesamtwertung zu finden. Für das HS-RallyeTeam ist es nach 2009 der zweite Klassensieg bei der Rallye Dakar und der insgesamt sechste Triumph in der Buggy-Kategorie bei einer Wüstenrallye.