• 18.01.2009 12:29

De Villiers und Von Zitzewitz: "Das passt"

Giniel de Villiers und Dirk von Zitzewitz haben ihre Zusammenarbeit mit dem Sieg bei der Rallye Dakar gekrönt - gegenseitiges Vertrauen als Basis

(Motorsport-Total.com) - Blindes Verstehen und Vertrauen, über viele Stunden am Tag, über mehr als zwei Wochen - da muss die Chemie einfachen stimmen. Giniel de Villiers und Dirk von Zitzewitz sind weit mehr als nur Fahrer und Beifahrer, sie sind seit Jahren echte Freunde. Der Gewinn der Rallye Dakar 2009 schweißt die beiden jetzt auf Lebzeiten zusammen. Und der 36-jährige Giniel de Villiers aus Stellenbosch in Südafrika hat mit dem vier Jahre älteren Dirk von Zitzewitz aus dem norddeutschen Karlshof im Race Touareg mit 280 PS starkem TDI-Dieselantrieb dabei gleich mehrfach Geschichte geschrieben: De Villiers/von Zitzewitz haben Volkswagen den ersten Sieg eines Diesel-angetriebenen Autos in der 30-jährigen Geschichte der legendären "Dakar" beschert, und sie sind der Gewinner der Premiere dieser einzigartigen Marathon-Rallye auf dem südamerikanischen Kontinent. Nebenbei ist Giniel de Villiers der erste Afrikaner, der den einst in Afrika ausgetragenen Wüsten-Klassiker gewinnt.

Titel-Bild zur News: Giniel de Villiers und Dirk von Zitzewitz

Panorama-Fahrt: Giniel de Villiers und Dirk von Zitzewitz auf dem Weg zum Sieg

"Man braucht als Beifahrer viel Vertrauen in das Können seines Piloten, um sich ganz und gar auf die Navigation konzentrieren zu können, ohne dabei immer auf das Gelände sehen zu können", so Von Zitzewitz. "Bei den vielen unerwarteten Schlägen im Auto muss man den Körper permanent unter Spannung halten - kann dabei aber sehr leicht verkrampfen, wenn der Glaube an das Können des Piloten nicht voll da ist. Aber genau das zeichnet uns beide aus: Dass wir die Leistung des anderen respektieren und sehr schätzen." Das Ergebnis: eine ruhige, zielgerichtete Kommunikation während der bis zu acht Stunden langen Strapazen auf den Fahrten über Schotter, Geröll, Dünen und Kamelgras.#w1#

Navigatorischer Geistesblitz auf der zwölften Etappe

"Wenn etwas schief läuft, schreien wir uns nicht etwa gegenseitig an, sondern suchen sofort, aber ruhig nach dem Ausweg aus der Situation", so De Villiers. "Das ist nicht selbstverständlich. Und so ist auch unser Umgang außerhalb des Cockpits. Wir können miteinander unglaublich viel Spaß haben. Wir verstehen uns einfach großartig. Das ist bei zwei so intensiven Wochen wie bei der 'Dakar' Gold wert, wenn man jeden Tag viele Stunden gemeinsam im Auto verbringt."

Giniel de Villiers

Giniel de Villiers hat die erste Dakar in Südamerika für sich entschieden Zoom

Wie ungewöhnlich Lösungsansätze von De Villiers/Von Zitzewitz sein können und welchen Erfolg sie haben, zeigte die zwölfte Tagesetappe der Rallye Dakar 2009: Als sie in ein fast unüberwindbares Geröllfeld gerieten, sprang Von Zitzewitz kurzerhand aus dem Auto und wies De Villiers den Weg. "Das habe ich in dieser Form noch nie erlebt. Ich musste noch nie aussteigen, um den Weg zu finden", schmunzelt der Norddeutsche. "Das hat uns im Endeffekt - trotz der langsamen Fahrt - viel Zeit gespart."

Auf der gleichen Etappe bescherte ein navigatorischer Geistesblitz dem südafrikanisch-deutschem Gespann auf den letzten fünf Prüfungskilometern den entscheidenden Vorsprung vor ihren zu diesem Zeitpunkt führenden Volkswagen Teamkollegen Mark Miller/Ralph Pitchford (USA/ZA). "Wir hatten die Rallye schon zuvor angeführt und waren dann auf Platz drei zurückgefallen", erinnert sich De Villiers, den sie "Ginny" nennen, während Von Zitzewitz im Team auch auf den Rufnamen "Schnietzel" hört.

"Dann kam die zwölfte Etappe. Ein unfassbar harter Tag für uns. Aber dann hat Dirk etwa fünf Kilometer vor dem Ziel sehr viel Zeit für uns gut gemacht, als er am schnellsten den Weg aus der Prüfung gefunden hat, während andere noch suchten." Einen Kontrollpunkt zuvor lagen sie noch rund zwei Minuten hinter Miller/Pitchford, im Ziel waren sie dann über 16 Minuten vorn - die Vorentscheidung.

VW-Doppelsieg mit De Villiers/Von Zitzewitz und Miller/Pitchford

De Villiers/Von Zitzewitz erzielten vier der 13 möglichen Etappensiege und lagen nach über 9.000 Kilometern 8:59 Minuten vor ihren Teamkollegen Miller/Pitchford. So feierte Volkswagen, schon 1980 "Dakar"-Sieger mit Kottulinsky/Löffelmann im Iltis, nicht nur den historischen ersten Diesel-Triumph, sondern gleich einen Doppelsieg - mit insgesamt zehn Tageserfolgen. "Natürlich sind wir stolz, dass wir Volkswagen diesen Erfolg bescheren konnten", sagt das Gewinner-Duo unisono. "Und wir sind dankbar, in einem so starken Team mit einem so zuverlässigen und schnellen Auto fahren zu können. Alles war einfach nur perfekt."

Giniel de Villiers und Dirk von Zitzewitz

Über Stock und Stein: De Villiers/Von Zitzewitz meisterten alle Hindernisse Zoom

Trotzdem gab es auf dem Weg zum Sieg auch Rückschläge. "Als ich auf der zehnten Etappe einmal den falschen Weg ansagte und wir dadurch etwa 20 Minuten verloren, war es den Rest des Tages ganz schön ruhig im Auto", so Von Zitzewitz. "Nicht, dass wir uns gegenseitig Vorwürfe gemacht hätten - wir waren beide für den die verbleibenden Kilometer einfach frustriert. Unserer Freundschaft tut das keinen Abbruch. Wir können ohnehin nicht lange aufeinander sauer sein."

Giniel de Villiers und Dirk von Zitzewitz, die im Jahr bis zu 150 Tage gemeinsam verbringen, sind Quereinsteiger im Marathon-Rallye-Sport. Während der Südafrikaner sich in seiner Heimat fünf Tourenwagen-Titel sicherte, ehe er im Offroad-Bereich eine neue Herausforderung suchte, wechselte der Norddeutsche vom Zweirad in den Automobilbereich. Von Zitzewitz bestritt als 15-maliger Deutscher Enduro-Meister seine erste "Dakar" zunächst auf dem Motorrad, wechselte 2002 als Copilot ins Cockpit, übrigens an die Seite von Mark Miller, und bildete 2005 mit Robby Gordon auch bei Volkswagen ein Team - jenen drei Piloten, die auch bei der "Dakar" 2009 die drei Top-Platzierungen eroberten.

Zwei Multitalente gemeinsam im Marathon-Rallye-Cockpit

"Als ich dann das erste Mal bei Giniel im Auto saß, bei einem Test 2005, habe ich bereits gemerkt: Das passt. Ich wollte am liebsten gleich mit ihm ein Duo bilden, doch für ihn wurde bei Volkswagen damals Tina Thörner ausgesucht. Die beiden kannten sich, das erschien also logisch. Und sie haben ja auch 2006 gemeinsam den zweiten Platz bei der 'Dakar' herausgefahren." Als das Duo dann 2006 endgültig vereint wurde, begann eine erfolgreiche Partnerschaft. Bei ihrer gemeinsamen Wettbewerbspremiere, die Rallye Tunesien 2006, fuhren sie auf Anhieb auf Rang zwei. Sechs weitere Podestplätze folgten.

Dirk von Zitzewitz

Beifahrer mit Hang zur Spontanität: Dirk von Zitzewitz navigiert auch mal zu Fuß... Zoom

"Wir haben gemeinsame Ziele, für die wir auch gemeinsam verbissen kämpfen können", so Giniel de Villiers. "Aber das gute daran ist: Außerhalb des Cockpits haben wir beide auch die Fähigkeit, uns selbst nicht allzu ernst zu nehmen. Das empfinde ich in unserer Zusammenarbeit so angenehm." Während de Villiers sich auch auf der Rundstrecke wohl fühlt und im vergangenen Mai mit Carlos Sainz, Hans-Joachim Stuck und Dieter Depping bei der Premiere des neuen Scirocco Zweiter beim Volkswagen Doppelsieg bei den 24 Stunden Nürburgring wurde, macht Dirk von Zitzewitz ebenfalls hinter dem Lenkrad eine gute Figur.

Wann immer sich die Gelegenheit ergibt, beispielsweise bei so genannten Taxifahrten mit Sponsoren, steuert von Zitzewitz nur zu gerne selbst den Race Touareg. "Das macht mir einen Riesen-Spaß", sagt von Zitzewitz, der in seiner Freizeit Motorrad-Trainings und Wüsten-Touren veranstaltet und durchaus davon träumt, einmal die "Dakar" als Fahrer zu bestreiten. Was immer die beiden auch tun: Beide arbeiten mit maximaler Professionalität und Hingabe, sind aber auch für jeden Spaß zu haben. Ihr unentwegtes Lächeln steckt an, macht sie zu Sympathieträger im Volkswagen Team und in ihrem Sport, erst recht als frischgebackene "Dakar"-Sieger.