Dakar: Weniger Reiz in Südamerika?

Der Umzug der Rallye Dakar vor drei Jahren von Afrika nach Südamerika löst bei Jutta Kleinschmidt, Luc Alphand und Heinz Kinigadner gemischte Gefühle aus

(Motorsport-Total.com) - Vom 1. bis zum 15. Januar 2012 steigt in Südamerika die 33. Ausgabe der Rallye Dakar. Nach Meinung einiger der Beteiligten hat die ursprünglich von Thierry Sabine als reine Abenteuer-Veranstaltung ins Leben gerufene Rallye seit dem Umzug nach Südamerika einiges von ihrem Reiz verloren. Die Frage, ob es die Rallye Dakar im klassischen Sinne je wieder geben wird, beschäftigt vor allem in der Vergangenheit bei der Rallye aktive Teilnehmer.

Titel-Bild zur News: Volkswagen bei der Dakar

Die Rallye Dakar beginnt am 1. Januar 2012 in Argentinien

Jutta Kleinschmidt ist sich nicht sicher. "Das müsste man den Veranstalter fragen", sagt der einzige weibliche Dakar-Sieger (2001) gegenüber 'ServusTV'. Die 49-Jährige könnte sich eine Rückkehr zum ursprünglichen Konzept, bei dem das Abenteuer und weniger der Kommerz im Vordergrund stand, aber durchaus vorstellen.

"Wenn man merkt, dass es in dem einen Land ein bisschen abbröckelt und vielleicht die Presse und natürlich auch die Teilnehmerzahl ein bisschen zurück geht, wird man vielleicht versuchen, wieder etwas anderes zu machen", so Kleinschmidt. In diesem Jahr führt die Dakar-Route erstmals durch Peru. Insgesamt präsentiert sich die vierte Ausgabe auf südamerikanischem Boden deutlich sandiger als in den Vorjahren.

Kommerz und Show im Vordergrund

Für den ehemaligen Skirennläufer Luc Alphand, der im Jahr 2006 als Quereinsteiger die Dakar gewinnen konnte, liegt der Mythos der Veranstaltung vor allem in Afrika begründet. "Ich habe vorher nicht geglaubt, dass die Wüste wirklich so groß ist", blickt der Franzose zurück. "Diese Gefühl, dass du wirklich dort verloren gehen kannst und auch dieses Abenteuer dabei, das ist es, was fantastisch ist."

Das Leid, der Spaß, die Zusammenarbeit den Teamkollegen - all diese Dinge sind für Alphand untrennbar mit der Dakar verbunden. Nach dem Umzug von Afrika nach Südamerika, der im Anschluss an die aufgrund von Terrorwarnungen abgesagte Ausgabe im Jahr 2008 vonstatten ging, findet Alphand, dass "die Rallye ist jetzt sehr viel einfacher ist als früher".

"Die Rallye ist jetzt sehr viel einfacher als früher." Luc Alphand

Andererseits sei die Öffentlichkeitswirkung in Südamerika deutlich größer als in Afrika. "Die Fernsehstunden, in denen Dakar gezeigt wird, haben sich verdoppelt", weiß Alphand, der darauf hinweist, dass "mehr als 600 Teilnehmer doch ein toller Erfolg" sind. Unterm Strich betrachtet der Franzose die Rallye Dakar inzwischen mehr als Show denn als Abenteuer.

Industrie bestimmt die Entwicklung

Heinz Kinigadner, selbst siebenfacher Dakar-Starter und heute Sportdirektor bei KTM, sieht es ähnlich. "Als ich meine erste Rallye gefahren bin, das war die Paris-Kapstadt (im Jahr 1992; Anm. d. Red.), da gab es noch kein GPS. Das gab es nur den Kompass am Motorrad, und wenn man Gas gegeben hat, hat der angefangen sich zu drehen wegen der Vibrationen. Das war ganz anderes Rallyefahren wie es heutzutage ist." Die aktuelle Variante vergleicht der Österreicher aufgrund der hochgestochenen Technik mit "Highspeed-World-Rallye-Cars".

Kinigadner macht sich eigener Aussage zufolge schon seit Jahren dafür stark, "dass man die Dakar wieder ein bisschen mehr zum Endurance-Rennen machen soll". "Dass man jeden Tag die Autos fast bis auf die letzte Schraube zerlegt, und am nächsten Tag fahren sie fast mit einem nagelneuen Auto wieder raus, das ist eigentlich zum Vergessen", findet er und fügt an: "Wir wollen ja zeigen, wie lang das Zeug hält."

"Dass man die Autos jeden Tag fast bis auf die letzte Schraube zerlegt, ist eigentlich zum Vergessen." Heinz Kinigadner

"Jetzt, nach dem Umzug, ist es natürlich für die Industrie interessant", setzt Kinigadner fort und verweist auf den riesigen Markt Amerika. Aus dieser Sicht bezeichnet der 51-Jährige den Wechsel auf einen anderen Kontinent als "gute Entwicklung". Als Fahrer oder als Abenteurer sei es hingegen "keine gute Entwicklung gewesen", hält der Österreicher fest.

"In Afrika hattest du ab und zu ein ungutes Bauchgefühl, fast schon Angst, weil du teilweise 400 bis 600 Kilometer weit von der nächsten Touareg-Hütte entfernt gewesen bist. Du hast gewusst, wenn da jetzt etwas passiert, egal wie gut die Organisation ist, dauert es Tage, bis ich am nächsten Flughafen bin. Das war spannend", so Kinigadner abschließend gegenüber 'ServusTV'.