Doppelsieg: Peugeot triumphiert beim Petit Le Mans!

Brabham/Pagenaud sind ALMS-Champions 2010, den Sieg beim Saisonfinale sicherte sich aber Peugeot - Benzindrama in der letzten Runde der GT2-Klasse

(Motorsport-Total.com) - Favoritensieg beim 13. Petit Le Mans auf dem legendären Road-Atlanta-Kurs: Peugeot gewann nach dem Qualifying auch das Rennen und feierte in Braselton nach 394 Runden oder 9:10:43.451 Stunden einen triumphalen Doppelsieg. Allerdings überquerten nicht die Polesetter Davidson/Gené/Wurz als Erster die Ziellinie, sondern ihre Teamkollegen Sarrazin/Lamy/Montagny.

Titel-Bild zur News: Das Duell: Peugeot vs. Audi

Letztendlich setzte sich Peugeot im spannenden Duell mit Audi knapp durch

Die Entscheidung fiel nach ungefähr sechseinhalb Stunden, als Peugeot den Dreikampf mit dem Audi R15 TDI von McNish/Capello/Kristensen aufsplittete, indem während einer Safety-Car-Phase unterschiedliche Strategien gewählt wurden. Denn Franck Montagny kam erwartungsgemäß an die Box, doch Alexander Wurz blieb draußen und verschaffte seinem Markenkollegen damit effektiv eine Runde Vorsprung auf Allan McNishs Audi, den er nicht überholen ließ.#w1#

Teamtaktik entscheidet das Rennen

Wurz, bis dahin nur wenige Sekunden hinter Montagny, war im ersten Moment nicht begeistert darüber, dass Peugeot seinen 908 HDi FAP opferte: "Da sprichst du mit dem Falschen", entgegnete er zunächst auf die Frage, ob es sich dabei um Teamtaktik handelte, ehe er einräumte: "Wir sind ein Team und kämpfen für Peugeot. Es war Taktik, aber es ist legitim - andere haben so etwas auch schon gemacht. Aber ich bin schon ein bisschen traurig, denn wir haben ein tolles Auto."

Der Österreicher übergab mit 20 Sekunden Rückstand auf McNish an Polesetter Anthony Davidson ("Es ist keine Fahrermeisterschaft - Hauptsache ist der Doppelsieg"), der mit dem Audi kein Problem, aber auch keine Chance mehr hatte, Stéphane Sarrazin noch anzugreifen. Vielmehr muss die zweite Peugeot-Mannschaft im Nachhinein betrachtet wohl glücklich sein, dass sie von der Rennleitung nicht bestraft wurde, denn die kaputte Heckpartie hätte man auch als regelwidrig einstufen können...

Für Audi war Platz drei das Maximum: "Wir waren nicht schnell genug", gibt McNish zu. "Wenn wir vorne waren, konnten wir vorne bleiben, aber mehr war nicht drin. Als ich versucht habe, die Runde von Alex zurückzugewinnen, gab es ein paar enge Situationen." Und in Anspielung auf den Trainingscrash von Rinaldo Capello meint er: "Ich bin froh, dass wir uns von den Zwischenfällen so gut erholt haben. Wir sind ein gutes Rennen gefahren und ich gratuliere den Siegern."

Beim Siegertrio war der Jubel natürlich riesengroß: "Ich bin mit den Michelin-Reifen sehr zufrieden und das Auto war fantastisch", strahlt Montagny, der während des entscheidenden Taktikspielchens im Cockpit saß. "Das Team hat mir gesagt, dass ich voll attackieren soll, und das habe ich gut umgesetzt. Aber das Safety-Car hat uns natürlich auch geholfen." Ihm und Landsmann Sarrazin ist es somit gelungen, den Vorjahressieg zu wiederholen.

Franchitti/Brabham/Pagenaud

Brabham/Pagenaud sicherten sich den Klassensieg und den ALMS-Titel 2010 Zoom

"Auf dieser Strecke ist es mit dem Verkehr immer schwierig, daher freue ich mich sehr über diesen Sieg", so Pedro Lamy, der die beiden Franzosen verstärkte. Und auch Technikchef Bruno Famin war naturgemäß guter Dinge: "Wir hatten heute eine gute Strategie, ein gutes Auto und sehr gute Fahrer", jubelt er. "Entscheidend" sei die Teamtaktik mit Wurz gewesen, dessen Crew sich für das Team opferte: "Wir haben aus 2008 unsere Lektion gelernt", grinst Famin.

Audi gratuliert Peugeot zum Sieg

Der zweite Audi R15 TDI spielte nach einem frühen Fahrfehler von André Lotterer, bei dem die Frontpartie und der Unterboden des Boliden auf einem Randstein stark beschädigt wurden, keine Rolle mehr. Treluyer/Fässler/Lotterer starteten zwar eine unterhaltsame Aufholjagd, verloren aber nach dem Zwischenfall weiteren Boden und landeten auf Rang sechs. Für ein weiteres Highlight sorgte Marcel Fässler, als er bei Start und Ziel einen 360-Grad-Dreher abfing.

"Die Crew hat einen guten Job gemacht, denn das Auto war nach Andrés Missgeschick doch sehr stark ramponiert", berichtet Benoît Treluyer, der tags zuvor sein erstes Prototypen-Qualifying gefahren war. "Ich konnte aber eigentlich ganz gut mit den Führenden mithalten, als ich zwischen ihnen eingeklemmt war. Für uns ging es halt nicht mehr um den Sieg, sondern wir sind wegen der Audi-Fans noch im Rennen geblieben."

Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich macht keinen Hehl daraus, dass er sich gerne den zehnten Petit-Le-Mans-Sieg unter seiner Führung gesichert hätte: "Es tut schon ein bisschen weh, denn wir sahen lange sehr gut aus, aber am Ende hat es Peugeot geschafft und ich gratuliere ihnen", zeigt er sich als fairer Verlierer. "Sie waren sehr stark und haben keine Fehler gemacht, insofern war es für uns einfach nicht möglich, dieses Rennen zu gewinnen."

Platz vier in der Gesamtwertung und den Sieg in der LMP2-Klasse sicherten sich Brabham/Pagenaud/Franchitti mit ihrem Highcroft-Acura. Dieses Ergebnis reichte für David Brabham und Simon Pagenaud auch, um den ALMS-Titel zu gewinnen. "Fantastisch, ich freue mich riesig", sagt Franchitti, der während seiner Pausen die Augen meistens auf einem TV-Monitor hatte, um seinen Bruder Dario zum IndyCar-Titel zu schreien.


Fotos: ALMS in Road Atlanta, Rennen


"Es war ein langer Tag mit einem fantastischen Auto. Ich bin sehr glücklich", ist Pagenaud die Erleichterung anzusehen. "Der Sieg in der LMP2 ist das Sahnehäubchen. Es hat nach außen einfacher ausgesehen, als es wirklich war, aber es ist toll, jetzt ALMS-Champion zu sein. Der Erfolg ist noch süßer, weil es ein kombinierter LMP1/LMP2-Sieg ist. Porsche hat ein tolles Auto mit guten Fahrern und CytoSport muss man nun ernst nehmen."

Grafs Titelträume geplatzt

Klaus Graf schrammte damit wie bereits im Vorfeld befürchtet am ALMS-Gesamtsieg 2010 vorbei. Am Ende fehlten seinem CytoSport-Team elf Runden auf den Tagessieg. Das bedeutete Platz zwei in der LMP2-Wertung. Dass David Brabham auf seinem letzten Stint noch die Boxengasse ansteuern musste, um eine Strafe abzusitzen, machte für das heutige Endergebnis wegen des großen Abstandes keinen Unterschied mehr.

Dennoch gab es in Braselton auch einen signifikanten deutschen Erfolg zu bejubeln, denn BMW sicherte sich mit Partner Rahal/Letterman in einer hochdramatischen Meisterschaftsentscheidung den Titel in der GT-Hersteller- und -Teamwertung. Bill Auberlen lag zwischenzeitlich sogar in Führung, schlussendlich reichte es aber nur zu Platz vier in der GT2-Klasse - trotz einiger technischer Probleme mit dem Motor.

"Unser Motor war wegen eines Öllecks nicht der beste", erklärt Schlussfahrer Dirk Werner. "Ich habe ihn geschont, früher geschaltet und so weiter. Das kostet natürlich Rundenzeit." Der zweite BMW M3 spielte für das Gesamt- oder das GT2-Ergebnis keine Rolle. Doch nicht nur in Bezug auf die Meisterschaft war die GT2-Klasse beim ALMS-Saisonfinale das Highlight, sondern auch die Entscheidung um den Tagessieg hätte dramatischer nicht sein können.

Magnussen/Gavin/Collard

Oliver Gavin und seine Teamkollegen erbten den GT2-Sieg in der letzten Runde Zoom

Gianmaria Bruni, der vor Road Atlanta noch theoretische Titelchancen hatte, und sein Teamkollege Toni Vilander lagen trotz einer Strafminute in der Anfangsphase souverän in Führung und sahen mit ihrem Ferrari 430 GT schon wie die sicheren Sieger aus. Doch auf den letzten Metern ging ihnen das Benzin aus und Gavin/Magnussen zogen mit ihrer Corvette noch an der Startnummer 62 vorbei. Jan Magnussen konnte es zunächst gar nicht fassen: "Was zur Hölle ist passiert?"

"Ich kann es nicht glauben, bin unglaublich glücklich! Dieses Team verdient sich diesen Sieg. Einfach unglaublich, ich bin sprachlos", fehlen dem Dänen die Worte, und Gavin steht das Lächeln ebenso ins Gesicht geschrieben: "Ich konnte ein Auto vor mir sehen und erkannte, dass es ein Ferrari war. Aber ich war mir erst nicht sicher, ob es die 61 oder die 62 war. Und dann haben mir die Ingenieure auf der Ziellinie in den Funk gebrüllt: 'Wir haben gewonnen!' Erst da wusste ich es."

Achtungserfolg für Farnbacher

Neben Gavin zog auf den letzten Metern auch noch Dominik Farnbacher an seinen Markenkollegen vorbei und sicherte seinem Team damit den zweiten Platz in der GT2-Klasse. Die war so umkämpft, dass nach acht Stunden noch sechs Autos innerhalb von einer Runde lagen! Law/Neiman/Holzer hatten hingegen keine Siegchancen, Schlusspilot Marco Holzer fuhr aber mit seinem Porsche 911 GT3 RSR als Neunter seiner Klasse über die Ziellinie.

Der Hybrid-Porsche von Bernhard/Dumas/Rockenfeller, der nur außer Konkurrenz an den Start gehen durfte, wäre in der GT2-Wertung Achter geworden. Zwar fiel das Trio noch in der ersten Stunde mit zwei Reifenschäden weit zurück, doch in der Folge lief der Wagen problemlos und sorgte auch für recht konkurrenzfähige Rundenzeiten. "Wir haben noch viel zu lernen, aber wir haben hier unglaublich viel über das System dazugelernt", bilanziert Mike Rockenfeller.

Podium des Petit Le Mans 2010

13. Petit Le Mans: Zweimal Peugeot und einmal Audi auf dem Podium Zoom

"Es war toll, Teil davon zu sein und auch selbst Erfahrungen zu sammeln", fährt er fort. "Das Setup war nicht perfekt, daher die Reifenprobleme. Schade, dass wir uns nicht qualifizieren durften, aber das wussten wir ja schon vorher", sagt Rockenfeller, der nun wieder in seinen alten Job zurückkehrt: "Ich bin immer noch Audi-Fahrer, ganz klar, aber meine Karriere hat bei Porsche begonnen. Jetzt, wo wir zur gleichen Firma gehören, ist das möglich, aber ich habe nach wie vor einen Audi-Vertrag."

Übrigens: Während BMW den Herstellertitel in der GT-Klasse gewann, setzte sich Jörg Bergmeister gemeinsam mit seinem Flying-Lizard-Teamkollegen Patrick Long in der Fahrerwertung durch. Heute reichte den beiden gemeinsam mit Marc Lieb ein Fünfter Platz, um den ersten Platz zu manifestieren. Eine realistische Chance auf den Tagessieg hatten sie allerdings nicht: "Wir hatten einfach nicht die Pace", gesteht Bergmeister, "aber das war heute ja auch nicht das Wichtigste."

Das beste LMPC-Trio war Tucker/Bouchut/Wilkins (ORECA), während sich in der Kategorie GTC nicht Pappas/Bleekemolen/Bleekemolen durchsetzten, sondern Ende/Lally/Richard (beide Porsche). Insgesamt waren 41 von 45 gestarteten Fahrzeugen am Ende noch unterwegs. Schon während des Rennens waren unter anderem sämtliche Jaguar-Boliden aufgrund von technischen Problemen ausgeschieden.