• 05.06.2008 13:55

  • von Roman Wittemeier

Werner: "Man kommt ins Grübeln"

Marco Werner im Interview mit 'Motorsport-Total.com' über die Rundenzeiten in Le Mans und die großen Gefahren - Neuer Audi für 2009?

(Motorsport-Total.com) - Der Langstreckenklassiker in Le Mans steht auch in diesem Jahr wieder eindeutig im Zeichen des großen Diesel-Duells zwischen Audi und Peugeot. Die beiden Hersteller schenken sich im Kampf im den Gesamtsieg beim prestigeträchtigen Rennen an der Sarthe gar nichts. Es ist nahezu ein Wettrüsten entbrannt, was sich bereits am vergangenen Sonntag beim Vortest auf dem Zeitenmonitor niederschlug. Die schnellste Runde von Stephane Sarrazin in 3:22.222 Minuten war um satte vier Sekunden schneller als die Qualifying-Bestzeit des Vorjahres. Die Prototypen werden schnell schneller. Audi-Pilot Marco Werner - Le-Mans-Sieger der vergangenen drei Jahre - wies im Interview mit 'Motorsport-Total.com' auf die Gefahren hin.

Titel-Bild zur News: Marco Werner

Hat in den vergangenen drei Jahren in Le Mans gewonnen: Marco Werner

Frage: "Marco, wie ist der erste Le-Mans-Tag 2008 aus deiner Sicht gelaufen?"
Marco Werner: "Nicht zufrieden stellend, allein schon wegen dem Wetter. Es gab schnelle Runden, die aber nicht aussagekräftig sind. Es gab eben immer wieder Bedingungen, wo man eigentlich nur hereinfahren konnte, solange es ja kein Rennen ist. Es war eher reines Überleben, als dass man ein Setup machen konnte, mit so viel Wasser auf der Strecke. Im Rennen ist es etwas anderes: Überleben und Weiterfahren. Wenige Runden gab es im Trockenen, wo man aber auch nicht viel gelernt hat. Wir haben die drittschnellste Zeit gefahren und sind dafür einigermaßen zufrieden. So schnell war ich hier noch nie und das war erst die dritte oder vierte Runde im Trockenen. Da wird sicherlich auch noch ein bisschen kommen. Nicht sehr viel, es war schon schnell. Ich hatte das Auto in den Porschekurven bei meiner schnellen Runde mal etwas verloren. Da sind noch ein paar Zehntel drin."#w1#

Gené-Unfall sorgt für Sorgen

"Es ist nicht gerade ungefährlich, wenn man mittlerweile weit unter 3:30 Minuten fährt." Marco Werner

Frage: "Wie viel Risiko geht man denn mittlerweile bei der Zeitenjagd in Le Mans ein?"
Werner: "Es ist nicht gerade ungefährlich, wenn man mittlerweile weit unter 3:30 Minuten fährt. Wenn das im Rennen so ein Speed wird - wo man einfach mal von ausgehen muss, weil es wird ja eher noch extremer, denn es ist ja zuerst wenig Grip da. So eine 3:26, 3:27, oder 3:28 Minuten könnte im Rennen der Durchschnitt sein und das ist verdammt schnell. Wenn man da mal die Unterschiede zu den GT-Autos sieht, die dann bei 30 Sekunden oder mehr liegen, dann wird es ein heißes Rennen. Das ist nicht ohne."

Frage: "Merkst du das beim Fahren sofort, dass es im Verhältnis zum Vorjahr schon wieder so deutlich schneller geworden ist?"
Werner: "Ja, klar. Es sind veränderte Bremspunkte, oder der Speed in der Porschekurve ist wirklich nicht Ohne. Ich bin jetzt einfach ein bisschen ans Überlegen gekommen, weil ich das Auto dort verloren und mit viel Glück gerettet habe. Es hätte daneben gehen können, wie es Marc Gené nur Sekunden später hinter mir passiert ist. Ich habe leider das Resultat später gesehen, denn ich musste noch einmal vorbeifahren, weil ich schon bei Start-Ziel war als die roten Flaggen herauskamen. Das war nicht gerade von Vorteil."

"Wenn man selber gerade in der Situation war und dann sieht man solch ein zerstörtes Auto und Ärzte. Das bringt einen zum Überlegen und das ist nicht immer gut. Auf der anderen Seite ist es das gesunde Paket, welches man für Le Mans braucht. Nur wer ins Ziel fährt, kann auch gewinnen - das wissen wir. Man braucht viel, viel Glück bei diesem Rennen. Aber man braucht auch diesen gesunden Zwischenweg. Man muss schnell sein, aber man muss auch hier und dort mal ein klein wenig zurückstecken können. Zu viel Risiko darf man in einem solchen Rennen auch nicht gehen."

Frage: "Es wird auch in diesem Jahr wieder im Kampf um den Gesamtsieg eine Sache zwischen Audi und Peugeot. Warum sind die Franzosen zurzeit so viel schneller?"
Werner: "Wir haben ein Auto, welches seit 2006 auf der Rennstrecke ist. Wir haben gute Fortschritte gemacht, aber sicherlich nicht riesige Schritte. Wenn man sich das Auto von 2006 und von jetzt optisch anschaut, dann sieht man zwei kleine aerodynamische Änderungen. Das ist nicht sehr viel. Man muss einfach trotzdem den Hut vor der Audi-Truppe ziehen, die ja nebenbei parallel auch noch ein neues DTM-Auto bauen mussten. Wir haben keine doppelte Mannschaft, wo die eine Sportwagen macht und die andere DTM. Ich bin ja froh, dass Audi überhaupt zwei Programme macht, um hier dabei sein zu dürfen. Ich habe jetzt gehört, dass es für nächstes Jahr ein neues Auto geben soll. Das ist einfach der Punkt. Der Peugeot ist einfach ein etwas neueres Auto."

Bringt Audi 2009 ein neues Auto?

"Ich habe jetzt gehört, dass es für nächstes Jahr ein neues Auto geben soll." Marco Werner

"Man kann nicht von einer neuen Generation sprechen, aber sie sind eben ein Jahr später gekommen und hatten eben die Zeit, vielleicht das ein oder andere von uns zu studieren. Sie sind in vielen Dingen einfach konsequenter gewesen. Ich habe immer den Hut davor gezogen, dass Audi so schnell kam. Das Auto stand damals im Dezember auf den Rädern und im März haben wir schon Sebring gewonnen und im Jahr 2006 gleich im ersten Anlauf auch Le Mans. Vielleicht gab es ein paar Kompromisse, dass das Auto nicht ganz so extrem geworden ist. Wie gesagt, hatte Peugeot ein Jahr lang Zeit, sich bei uns etwas anzuschauen und es vielleicht dann anders gemacht. Derjenige, der zuerst vorlegt, muss dann wieder nachziehen. Das haben wir getan, aber eben nicht so konsequent, dass man sich auf nur ein Programm konzentrieren würde."

Frage: "Der optisch größte Unterschied ist, dass Peugeot ein geschlossenes Auto hat. Ist das bei regnerischen Verhältnissen wie beim Testtag eher Vorteil oder Nachteil?"
Werner: "Er sitzt sicherlich ein bisschen trockener, das mag sein Vorteil sein. Ganz bestimmt war bei Audi die Entscheidungsgrundlage für ein offenes Auto, dass man gesagt hat, dass so ein Wischer bei 320 km/h im Regen - wie wir sie letztes Jahr im Training gefahren sind - nicht mehr so optimal funktionieren kann. Man hat die Gefahr, dass Scheiben anlaufen und generell ist die Sicht etwas eingeschränkt durch den Dachholm. Ich fühle mich eigentlich wohler in einem offenen Auto."

Marco Werner

Der Audi R10 TDI von Marco Werner war beim Vortest in Le Mans auf Rang drei Zoom

Frage: "Auch in Gefahrensituationen, wo man dann gar nichts mehr um sich herum hat?"
Werner: "Ja, sogar eher das Gegenteil ist der Fall. Ich habe einmal in einem geschlossenen Auto gesessen und als die Tür zuging gedacht: 'Wie komme ich hier heraus, wenn ich hiermit auf dem Dach liege'. Den Gedanken habe ich in dem Audi nie gehabt, aber in dem geschlossenen Auto war dieser Gedanke da. Was ist wenn Feuer kommt und solche Dinge. Da denkt man drüber nach, ich zumindest. Ich fühle mich auf jeden Fall in einem offenen Auto wohler."

Frage: "Zurück zum sportlichen in Le Mans. Aus deiner Sicht: Warum gewinnt Audi auf in diesem Jahr wieder?"
Werner: "Wir gewinnen, weil wir einfach sehr viel Wert auf die Standfestigkeit legen. Auch in anderen Bereichen wie Strategie und Boxenarbeit sind wir den anderen einen Schritt voraus. Auch wenn das Auto vielleicht von der Rundenzeit nicht ganz da ist, haben wir schon öfter gezeigt, dass man nicht unbedingt der Schnellste sein muss, um hier zu gewinnen. Der Schnellste vielleicht, wenn es um das Thema Standzeiten geht. Da wollen wir möglichst wenig davon haben."