• 18.11.2010 16:39

  • von Roman Wittemeier

Porsche rüstet auf: In Le Mans gegen Audi

Die Hinweise auf ein werksinternes Duell zwischen Audi und Porsche um den Le-Mans-Gesamtsieg verdichten sich - Kampf der Konzepte: Diesel gegen Benziner

(Motorsport-Total.com) - Mit bisher 16 Gesamtsiegen ist Porsche nach wie vor die erfolgreichste Marke beim legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Anfang der 1970er-Jahre eroberte Porsche die Sarthe mit dem legendären 917, den bislang letzten Gesamterfolg feierte man 1998 mit dem prächtigen GT1 - also vor zwölf Jahren. Es wäre mal wieder an der Zeit, beim größten Autorennen der Welt eine deutliche Duftmarke zu setzen.

Titel-Bild zur News:

Aiello/Ortelli/McNish holten den bislang letzten Porsche-Sieg an der Sarthe

In den vergangenen Jahren hatte Audi das Zepter in Le Mans übernommen. Die Ingolstädter sind seit der Eingliederung von Porsche in den VW-Konzern sozusagen eine Schwester des Sportwagenbauers aus Zuffenhausen. Dies wurde bislang als Hindernis für einen LMP1-Auftritt von Porsche gesehen, ganz nach dem Motto: solange Audi antritt, hält sich Porsche zurück. Doch das muss nicht so sein!

Einen ersten Hinweis auf eine mögliche Neuausrichtung der beiden Motorsportprogramme gab der neue Porsche-Geschäftsführer Matthias Müller beim Autosalon in Paris. Nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt stellte Müller in Aussicht, dass man mit einer Marke in Le Mans, mit der anderen in der Formel 1 um die Krone fahren möchte. Diese Äußerungen sorgten für Erstaunen und weitere Gerüchte.

Wenn aus der Formel 1 nichts wird...

Fortan stellte sich die Frage, wer denn unter solchen Voraussetzungen den Angriff in der Königsklasse vornehmen werde. Die Antwort lautet aktuell: wahrscheinlich niemand. Hintergrund ist das neue Motorenreglement der Formel 1 ab 2013. Der VW-Konzern hatte die Hoffnung auf die Einführung einer 1,6-Liter-Variante des sogenannten Weltmotors. Unter dieser Voraussetzung wäre der Einstieg interessant.

Doch derzeit sieht es eher danach aus, als würde die Formel 1 auch in Zukunft bei den bisherigen V8-Triebwerken bleiben. Vor allem Mercedes stemmt sich aktuell vehement gegen eine kurzfristige Umgestaltung der Motorenregeln. Konsequenz: Kommt der Weltmotor nicht, dann bleibt auch der VW-Konzern der Formel 1 fern.

1970 begann die goldene Porsche-Zeit in Le Mans mit dem legendären 917 Zoom

Dies bedeutet gleichzeitig, dass man bei Audi - das vermutlich das Formel-1-Engagement in die Hand genommen hätte - weiterhin Ressourcen und Kenntnisse in Le Mans einsetzen kann. Womöglich wird man die Motorsportwelt mit einem konzerninternen Duell an der Sarthe beehren. "Ich würde Porsche und Audi in Le Mans fahren lassen", überrascht VW-Aufsichtsratchef Ferdinand Piëch im Gespräch mit 'auto motor und sport'.

Konzernkampf: Diesel gegen Benziner

Was zunächst nach einem absurden Duell klingt, könnte tatsächlich Realität werden: "Ich bin immer für eine Doppelstrategie. Der eine fährt mit Diesel, der andere Benziner. Aber jeder fährt um den Gesamtsieg", stellt Piëch in Aussicht. Das Duell Audi gegen Porsche wäre also nicht nur ein Zweikampf zweier VW-Marken, sondern auch der große Wettbewerb zweier unterschiedlicher Konzepte.

Dass Audi in den kommenden Jahren weiterhin in Le Mans angreifen wird, steht bereits jetzt felsenfest. Der neue R18 ist seit Monaten in der Entwicklung. Den neuen Prototypen wird man wohl noch vor Jahresfrist erstmals zu Gesicht bekommen. Er soll Gerüchten zufolge mit einem 3,7-Liter-Dieselmotor ausgestattet sein und sich mit dem neuen Peugeot 90X um die Selbstzünder-Spitze balgen.

"Der eine fährt mit Diesel, der andere Benziner. Aber jeder fährt um den Gesamtsieg." Ferdinand Piëch

Bei Porsche geht man die mögliche Rückkehr nach Le Mans hingegen ganz anders an. Entsprechende Studien werden seit Monaten durchgeführt, auch auf den Prüfständen wird eifrig getestet. "Im Rahmen von Vorentwicklungsprojekten beschäftigen wir uns, ausgelöst durch Reglementänderungen und generelle Technologietrends, mit verschiedenen Themen", so die offizielle Erklärung von Porsche gegenüber 'Motorsport-Total.com'.

100 neue Fachleute für Weissach

"Dabei geht es darum, mögliche Alternativen hinsichtlich ihres Potenzials zu bewerten, neue technologische Ansätze (zum Beispiel Hybridisierung) zu verstehen und diese im Hinblick auf die Eignung für zukünftige Motorsportaktivitäten beurteilen zu können", heißt es weiter. Im Zuge dieser doch sehr intensiven "Potenzialbewertung" zündet man nun allerdings eine gewaltige neue Stufe.

"Porsche stellt mehr als 100 Ingenieure ein" lautet der Titel einer Presseerklärung vom 18. November. Für das Entwicklungszentrum in Weissach, wo unter anderem der erfolgreiche LMP2-Prototyp RS Spyder entstand, sucht man Fachleute unter anderem "für Leichtbau, Energiemanagement sowie Motor- und Fahrwerkskonstruktion" - all die Dinge, die in Zukunft für ein Engagement in Le Mans gefragt sein könnten.

Porsche 918 Spyder

Der Porsche 918 Spyder könnte Basis für ein neues Le-Mans-Abenteuer sein Zoom

Als konkrete Aufgabe für das neue Personal nennt man die "Weiterentwicklung und Optimierung alternativer Antriebskonzepte", die unter anderem in das Projekt 918 Spyder einfließen soll. Der neue Supersportwagen könnte die Basis für einen zukünftigen Le-Mans-Einsatz bilden. Das Projekt wurde schon frühzeitig mit dem Thema Hybridtechnik verknüpft und schon allein der Name wäre prädestiniert, die großartige Tradition, die mit dem legendären 917 in Le Mans begann, weiter fortzuführen...