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Porsche für das Le-Mans-Comeback gerüstet
Mit zwei 919 Hybrid greift Porsche bei den 24 Stunden von Le Mans erstmals seit 16 Jahren wieder in der Topklasse an: Erwartungen und Hoffnungen
(Motorsport-Total.com) - Am 14. Juni um 15:00 Uhr startet Porsche das erste Mal seit 16 Jahren wieder in der Topkategorie des wohl härtesten Automobilrennens der Welt. Beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans schickt man die 919 Hybrid mit den Startnummern 14 und 20 und den Fahrertrios Romain Dumas, Neel Jani, Marc Lieb sowie Timo Bernhard, Brendon Hartley, Mark Webber ins Rennen.

© xpbimages.com
Nach Silverstone und Spa wartet nun das Highlight Le Mans auf die Porsche-Truppe Zoom
Die sechs Werksfahrer des LMP1-Programms von Porsche vereinen 37 Le-Mans-Teilnahmen auf sich. Obwohl Porsche an der Sarthe mit 16 Gesamtsiegen Rekordhalter ist, kann der Sportwagenhersteller in diesem Jahr auf keinerlei Erfahrungswerte zurückgreifen. Beim Marathon über 24 Stunden einen der beiden 919 Hybrid ins Ziel zu bringen, ist im ersten Jahr des LMP1-Engagements der Anspruch.
Der erste Porsche-Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans datiert aus dem Jahr 1970 (Hans Herrmann und Richard Attwood mit dem 917 KH Coupé). Der bis dato letzte Triumph an der Sarthe gelang im Jahr 1998 Laurent Aiello, Allan McNish und Stephane Ortelli mit dem GT1.
Fahrer wollen Porsche-Erfolgsgeschichte fortführen
Die aktuellen Porsche-Werksfahrer können es kaum erwarten, die erfolgreiche Porsche-Geschichte in Le Mans fortzuführen. "Die Rückkehr nach Le Mans ist für mich emotional etwas sehr Besonderes", bekennt Webber. "Le Mans steht für Ausdauer, ist ein Härtetest für Mensch und Maschine, ein unglaublich langer Tag, oft wechselnde Bedingungen und vor allem Teamarbeit. Natürlich möchte ich hier mit schöneren Erinnerungen vom Platz gehen als beim letzten Mal, was nicht besonders schwierig sein dürfte."
"Und selbstverständlich will ich dieses Rennen irgendwann gewinnen. Wir haben ein schnelles Auto mit einer fantastischen Technologie. Ich mag auch die Sitzposition, das Kauern hinter der Windschutzscheibe. Und ich freue mich auf die Nacht in Le Mans. Das Team ist noch so jung, hat aber schon einen sehr guten Zusammenhalt. Wenn wir hier im ersten Jahr ein gutes Ergebnis holen würden, wäre das ein ganzes starkes Statement für die Marke Porsche", so Webber.

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Bernhard/Hartley/Webber steuern den 919 Hybrid mit der Startnummer 20 Zoom
"Mich hat Le Mans 2002 bei meinem ersten Start für Porsche überwältigt", gesteht Bernhard und grinst: "Immer haben die Leute gefragt: Wann kommt ihr zurück in die Topliga? Ich war beim Teamaufbau von Anfang an dabei, bin 2013 den Rollout gefahren, dann Tests, Entwicklungsarbeit. So lange habe ich das große Ziel vor Augen. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich jetzt bereit dafür bin."
"Die Woche bis zum Rennen wird noch intensiv, bis hin zur Startzeremonie. Ich habe es immer als wohltuend empfunden, wenn ich Startfahrer war und nach dem ganzen Rummel endlich die Tür zuging. Dann findet man auf dieser langen Strecke irgendwann einen ganz besonderen Rhythmus. Erst Recht nachts, wenn alle noch einmal schneller werden und wenn es dann vielleicht nieselt oder regnet... Man kann das nicht beschreiben, das hat Magie", so Bernhard.
Hartley bekennt: "Le Mans ist alles für mich, meine ganze Leidenschaft. Ich habe das Gefühl, dass sich hier der ganze Sinn erfüllt, der darin lag, mit sechs Jahren zum ersten Mal ins Kart zu steigen. Jetzt als Porsche-Werksfahrer zu starten, für die größte Ikone unter den Sportwagen, ist wie ein Traum. Noch dazu in diesem besonderen Projekt mit nie dagewesener Technologie. Hybridsysteme, Allradantrieb, intuitive Bediensysteme - der Porsche 919 ist fantastisch."
"Manchmal kann ich kaum glauben, dass ich es bin, der in diesem Auto sitzt. Besonders freue ich mich auf die Nacht, das ist das Beste. Die Lichter fliegen an einem vorbei, alles fühlt sich noch viel schneller an, man bekommt fast einen Tunnelblick. Dann ist das Cockpit für mich der perfekte Ort", so Hartley.
"Le Mans ist das berühmteste und härteste Rennen der Welt und für mich als Franzose noch spezieller", sagt Dumas. "Ich fahre hier seit 2001 und habe auch hier gelebt. 2010 habe ich gewonnen. Das will ich eines Tages wiederholen - und zwar mit Porsche. So viele Menschen haben auf diese Rückkehr von Porsche gewartet. Es macht mich sehr stolz, einer von uns sechs Fahrern zu sein. Seit mein Vater mich als Kind in einen 962 gesetzt hat, wollte ich zu Porsche gehören."
"Meine Lieblingspassage sind die Porsche-Kurven. Nicht weil sie so heißen, sondern weil sie so schnell und so schwierig sind. Wenn man nachts mit 330 km/h die Hunaudieres runterfährt - allein mit sich in seiner Welt, dann lebt man einen Traum. Dabei sieht und riecht man das Geschehen um die Strecke. Man muss aber fokussiert bleiben. Wir wollen ins Ziel kommen", so Dumas.

© Porsche
Dumas/Jani/Lieb sitzen im Cockpit des Schwesterautos mit der Startnummer 14 Zoom
Für Teamkollege Jani ist "Le Mans lebendige Motorsportgeschichte" - bei Porsche mehr denn je. "Bei der Rückkehr nach 16 Jahren dazuzugehören, ist nicht nur für mich ein wahr gewordener Traum. Das dürfte für die meisten Rennfahrer gelten. Es ist eine große Ehre, aber auch eine riesige Verantwortung. Mein bestes Ergebnis in Le Mans war 2012 Platz vier in einem Privatteam. Ich wusste, nur in einem guten Werksteam geht noch mehr. Jetzt bin ich da."
"Doch egal, in welcher Klasse und in welchem Auto man sitzt: Dieses Rennen ist eine emotionale Sensation. Nie werde ich meinen ersten Nachteinsatz vergessen, das war überwältigend. Trotzdem: Es gilt, das alles auszublenden und sich darauf zu konzentrieren, das Beste für sich und die Teamkollegen zu leisten. Wir wollen schon im ersten Jahr konkurrenzfähig sein", so Jani.
Und was sagt Lieb, der den Sprung vom GT-Auto in den LMP1-Boliden vollzogen hat? "Porsche hat mich 2000 an Bord genommen, als mein Bankkonto leer und die weitere Formelkarriere fast aussichtslos war. Jetzt bei der Rückkehr in die Topklasse dabei zu sein, bedeutet mir sehr viel, vor allem mit dieser unglaublichen Technologie, die unsere Ingenieure für den 919 Hybrid geschaffen haben."
"In der LMP1-Klasse zu starten, ändert gegenüber den Rennen in den GT-Kategorien komplett den Blickwinkel. Man schaut weniger in den Rückspiegel, sondern auf die zu Überrundenden vor einem. Für den effizienten Energieeinsatz ist auch der Funkkontakt mit der Box deutlich intensiver. Das Rennen ist unglaublich hart für alle Beteiligten. Es war für mich immer das Schönste, in die müden, aber glücklichen Gesichter der Mechaniker zu sehen, wenn ich für sie bei den Klassensiegen auf das Podium stieg", so Lieb.
Was ist nach mehr als 1.500 Probe-Boxenstopps drin?
"Die operative Aufgabe für eine Le-Mans-Mannschaft ist gigantisch", sagt Porsches LMP1-Teamchef Andreas Seidl. "Wir haben von null auf eine Struktur mit neuem Personal aufgesetzt. Das sind alles ausgezeichnete Leute. Doch auch die besten hundert Solisten müssen sich als Orchester erst einmal einspielen. Verantwortlichkeiten, Kommunikation, Abläufe, Handgriffe - alles muss perfekt ineinander greifen."
"Wir hatten erst zwei Renneinsätze - in Silverstone und in Spa-Francorchamps. Es hat bemerkenswert gut funktioniert. Wir haben intensiv trainiert. Bis zur Rennwoche in Le Mans hat die Mannschaft 1.573 Boxenstopps hinter sich. Wir haben auch nachts getestet. Dennoch: Die Belastung eines 24-Stunden-Rennens haben wir zusammen noch nie erlebt. Jeder freut sich auf diese Herausforderung", versichert Seidl.
"Porsche steht vor dem größten Moment des LMP1-Projekts - dem ersten Start in der Topkategorie in Le Mans seit 16 Jahren. Wie auch immer das ausgeht: Auf dem Weg dorthin haben wir eine Menge Etappenziele erreicht", bemerkt Porsches LMP1-Leiter Fritz Enzinger und führt "allen voran die Einbettung einer starken, innovativen Ingenieursmannschaft in das Porsche-Entwicklungszentrum Weissach" an.
"Das unter großem persönlichen Einsatz von allen Beteiligten im eigenen Haus neu geschaffene Know-how kann Porsche niemand mehr nehmen. Die Pole-Position in Spa hat gezeigt, dass der Porsche 919 Hybrid schnell ist. Damit haben wir uns als Neulinge ersten Respekt verdient. Ich bin sehr stolz auf dieses junge und technisch wie fahrerisch höchst kompetente Team. Ich wünsche jedem einzelnen von uns viel Glück und Erfolg für diesen Marathon", so Enzinger.
Alexander Hitzinger, Technischer Direktor LMP1, ergänzt: "Die Herausforderung, ein Auto für Le Mans zu entwickeln, war zu jeder Zeit, ein schnelles und gleichzeitig standfestes Auto zu bauen. Die Freiheiten des neuen Reglements haben diese Aufgabe noch schwieriger, aber auch faszinierender gemacht. Wir konnten auch in Bereichen, in denen die Konkurrenz Routine hat, auf keinerlei Erfahrung zugreifen."
"Dennoch haben wir beim Antriebskonzept die mutigste Lösung gewählt, weil sie das größte Zukunftspotenzial hat. Die für den Le-Mans-Einsatz noch einmal für geringeren Luftwiderstand modifizierte Aerodynamik und Weiterentwicklungen für die Standfestigkeit haben sich beim Vortest bewährt. Der Porsche 919 Hybrid ist unser erster Wurf. Er ist schnell, aber noch lange nicht in allen Potenzialen ausgereift. Das ist Realität", betont Hitzinger.

