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Le-Mans-Qualifying: Wäre ein Shootout besser?

Das Qualifying zu den 24 Stunden von Le Mans 2016 hat Schwächen beim derzeitigen Modus offenbart: Fahrer mehrheitlich für zuschauerfreundlicheren Modus

(Motorsport-Total.com) - Letztlich hätte das Qualifying für das 24-Stunden-Rennen in Le Mans 2016 nur zehn Minuten dauern müssen. So lange hat es nämlich gedauert, bis die Pole-Position entschieden war. Neel Janis Runde von 3:19.733 Minuten reichte für die Pole-Position aus, danach gab es keine Zeitenverbesserungen mehr. Der Regen am Donnerstag tat sein Übriges, dass die Polezeit nicht mehr gesteigert werden konnte. Für TV-Sender, Zuschauer und auch die Fahrer eine wenig befriedigende Situation.

Titel-Bild zur News: Anthony Davidson, Kazuki Nakajima

Viel Verkehr in Le Mans: Ein Shootout wäre spektakulärer und sicherer Zoom

Noch ein Faktor kommt hinzu: Anders als bei allen anderen Rennen zur Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) fahren in Le Mans LMP- und GT-Boliden die Qualifying-Sitzungen gemeinsam aus, wodurch immer wieder Prototypen im Verkehr steckenbleiben. 'Motorsport-Total.com' sprach mit mehreren Fahrern über das Problem des derzeitigen Qualifying-Modus. "Die Leute wollen schwarz-weiße Fakten sehen. Und der einzige Fakt, den wir sehen können, ist: Jedes Fahrzeug konnte nicht sein Potenzial erfüllen", klagt Anthony Davidson. (Neue GTE-BoP fürs Rennen)

Die Krux: Selbst Polesetter Jani traf auf seiner schnellsten Runde auf Verkehr. Porsche beziffert den Zeitverlust auf rund eine Sekunde. Timo Bernhard war auf einer noch schnelleren Runde unterwegs, traf aber im letzten Sektor noch ungünstiger auf Verkehr. Keines der sechs Werks-Fahrzeuge konnte eine volle Runde ohne Probleme abspulen. "Selbst für uns an der Box ist das richtig nervig, zu sehen, wie unser Fahrer auf der schnellen Runde in Verkehr gerät", weiß Kazuki Nakajima. Audi-Pilot Loic Duval fügt hinzu: "Aktuell holt nicht das schnellste Auto die Pole in Le Mans, weil der Verkehr ein so großes Thema ist."

WEC-Format oder Einzelzeitfahren?

Die Lösung könnte ein Format sein, das die beiden Fahrzeugkategorien voneinander trennt, wie es in der WEC gehandhabt wird. Dort fahren GTs und LMPs jeweils 20 Minuten getrennt voneinander. "Man könnte drei Sessions machen (GT, LMP2, LMP1), oder zwei (GTs, Prototypen), wie wir es in der WEC machen", schlägt Davidson vor. "Ich verstehe nicht, warum man das hier anders handhabt. Es wäre wesentlich puristischer. Eine halbe Stunde - mehr fordere ich gar nicht. Ich will einfach sehen, wie schnell mein Auto auf dieser Strecke geht." Sein Markenkollege Mike Conway stimmt zu: "Stimmt, das wäre richtig cool!"

Es wäre vor allem die Show, die profitiert. "Es wäre ein tolles Spektakel für alle. So hätte man auch die wirklich schnellstmögliche Runde", findet Sebastien Buemi, der am Sonntag hofft, den ersten Toyota-Sieg in Le Mans herauszufahren. Die Möglichkeiten sind vielfältig: Alle Qualifying-Sitzungen so beibehalten und nur am Mittwoch-Spätabend erst 30 Minuten GT-Qualifying und dann 30 Minuten LMP-Qualifying zulassen? Oder ginge es noch besser?

Die Audi-Piloten haben bereits einen Schritt weiter gedacht. "Wir haben genau das heute Morgen beim Frühstück diskutiert", lacht Oliver Jarvis. "Es wäre schön, das jetzige Format so zu halten wie es ist, aber dann am Ende ein Einzelzeitfahren zu machen." Seinem Teamkollegen Lucas di Grassi schwebt vor, die besten fünf bis sechs Teams ein Einzelzeitfahren ausfahren zu lassen. " Jarvis hingegen ist für die Top 10 jeder Klasse.

Nürburgring macht es vor

Wie ein - strenggenommen für das Rennen völlig bedeutungsloses - Qualifying medial richtig ausgeschlachtet werden kann, zeigt das Top-30-Quali bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring. Jeder fährt dort allein gegen die Uhr, das Fernsehen überträgt live. "Wir könnten es zur besten Sendezeit aus fahren und anschließend noch ein freies Nachttraining dranhängen", findet Jarvis. Für alle Beteiligten wäre es ein Zugewinn: Die Fahrer hätten eine freie Strecke, die Zuschauer ein packendes Qualifying, der Veranstalter könnte einen packenden Kampf um die Pole-Position zur besten Sendezeit vermarkten.

Marcel Fässler, Andre Lotterer, Benoit Treluyer

Der Regen sorgte dafür, dass die Pole schon am Mittwoch entschieden war Zoom

Die Frage bleibt, ob der ACO ein offenes Gehör dafür hat. Ein Thema, das immer sticht, ist die Sicherheit. "Es ist momentan sehr gefährlich, weil das Tempo so unterschiedlich ist", findet Davidson. "Man geht mit einem komplett anderen Mindset in ein Qualifying, wenn man die bestmögliche Runde erzielen will. Im Rennen ist man etwas entspannter, aber im Qualifying geht man volles Risiko. Das ist nicht gut für die Sicherheit, wenn man die Startaufstellung weiter so ausfährt wie jetzt. Irgendwann wird jemand einen massiven Unfall haben."