• 11.05.2012 15:34

  • von Roman Wittemeier

Kristensen: "Müssen Hybrid maximal ausnutzen"

Le-Mans-Rekordsieger Tom Kristensen sieht im Kampf der verschiedenen Konzepte noch viele Fragezeichen: Was bringt der Hybrid-R18 in Le Mans?

(Motorsport-Total.com) - Das WEC-Wochenende in Spa-Francorchamps markierte den Auftakt im Kampf der modernen Konzepte in der LMP1-Klasse. Audi schickte die beiden neuen Versionen des R18-Prototypen auf die "Ardennen-Achterbahn" und stellte am ersten Mai-Wochenende unter Beweis, dass R18 ultra und R18 e-tron quattro auf gleichem Niveau agieren können. Die Ingolstädter ließen ihre Piloten in Spa frei fahren, um wichtige Erkenntnisse über Vor- und Nachteile der Technologien zu gewinnen.

Titel-Bild zur News: Rinaldo Capello, Tom Kristensen, Allan McNish

Tom Kristensen, Allan McNish und Dindo Capello bilden ein Le-Mans-Trio im Audi

Am Ende des sechsstündigen Rennens in Belgien standen Dumas/Duval/Gene mit dem Leichtbau-R18 ganz oben auf dem Podest. Der LMP1-Wagen mit herkömmlichem Diesel-Antrieb setzte sich bestens in Szene. Es wurde deutlich, dass der Hybrid-R18 bei nassen Bedingungen mit seinem Allradantrieb (setzt ab Tempo 120 ein) schneller ist, aber bei trockener Piste neigte der neue e-tron ultra zum Untersteuern. Der Reifenverschleiß war entsprechend höher.

"Unsere Extra-Truppe von Hybridleuten hat gemeinsam mit unseren Entwicklern und Ingenieuren die Optimierung des Systems im Blick", sagt Tom Kristensen im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Der dänische Le-Mans-Rekordsieger war mit seinen Kollegen Allan McNish und Dindo Capello von der Pole-Position gestartet, aber nur auf Platz vier ins Ziel gekommen. "In Spa haben wir versucht, es innerhalb der gegebenen Limits möglichst gut zu nutzen."

"Das Rekuperieren geht prinzipiell in jeder Brems- oder Rollzone. Den Boost nutzt man am liebsten natürlich nach langsamen Ecken, wenn es anschließend recht lang geradeaus geht. Allerdings setzt der Schub erst bei Tempo 120 km/h ein", sagt Kristensen. "In Spa hat es nach der letzten Schikane und nach La Source viel gebracht. In Les Combes hat es nicht so viel ausgemacht, aber zum Beispiel nach Kurve 15. In solchen Bereichen setzt man den Großteil der maximal 500 Kilojoule an Hybridenergie ein."

"Das Hybridsystem hat seine Vor- und Nachteile", fasst Kristensen nach seinen Erlebnissen in Belgien zusammen. Man konnte neue Erkenntnisse gewinnen, aber vor dem Jahres-Höhepunkt an der Sarthe gibt es viele Fragezeichen. Die 13,6 Kilometer lange Strecke in Frankreich hat einen ganz eigenen Charakter. Erst der Vortest Anfang Juni wird Hinweise darauf geben, wo der Hybrid-R18 möglicherweise Vorteile haben könnte.

"Die Gewichtsverteilung ist beim e-tron ultra etwas schwieriger, weil wir mehr Gewicht auf der Vorderachse haben", sagt der dänische Audi-Pilot. Unter anderem dies führte zum erheblichen Untersteuern in Spa. Ein weiterer Faktor wird an der Sarthe wichtig: Der Tank des Hybrid-R18 ist um zwei Liter kleiner als jener des Schwesterautos. Ein Nachteil? "Das kann sein. Wenn es kritisch wird, dann kann es sein, dass wir in Le Mans eine Runde früher stoppen müssen. Wir müssen natürlich versuchen, dies zu verhindern", so Kristensen.


Fotos: WEC in Spa-Francorchamps


"Man will im Gemenge dieser verschiedenen Technologien jedem eine Chance geben", übt der Le-Mans-Rekordsieger Verständnis für die Details im ACO/FIA-Regelwerk. Gleichzeitig macht es die Aufgabe für die Techniker und Piloten auf der Hybridseite von Audi umso schwieriger. "Man muss schon mindestens 80 Prozent des Potenzials ausnutzen, um gegenüber dem R18 ultra im Vorteil zu sein", so die konkrete Einschätzung von Kristensen.