Hintergrund Gran-Turismo-Film: Das wurde aus Jann Mardenborough

Der Film "Gran Turismo" endet mit Jann Mardenboroughs Podiumsplatz bei den 24 Stunden von Le Mans - Das war aber erst der Anfang seiner Karriere

(Motorsport-Total.com) - Ein dritter Platz bei den 24 Stunden von Le Mans und ein Happy End - so lässt der Film Gran Turismo die Zuschauer mit einem guten Gefühl aus dem Kino gehen. Tatsächlich stand Mardenborough 2013 gemeinsam mit Michael Krumm und Lucas Ordonez in Le Mans auf dem Podium - allerdings in der LMP2-Klasse auf einem Zytek Z11SN mit Nissan-Motor als Gesamtneunter.

Titel-Bild zur News: Jann Mardenborough hatte eine illustre Karriere noch bis ins Jahr 2020

Jann Mardenborough hatte eine illustre Karriere noch bis ins Jahr 2020 Zoom

Ordonez war übrigens 2008 der erste Sieger der GT Academy, der Spanier fuhr bis 2019 Rennen. Mardenborough war der dritte Gewinner der Nissan GT Academy im Jahr 2011, aber er war derjenige, der im Motorsport am weitesten gekommen ist.

Im Gegensatz zu Ordonez, der dem GT-Sport treu blieb, wandte sich Mardenborough den Monopostos und Prototypen zu. In den Jahren 2014 und 2015 startete er in der GP3-Serie, der heutigen Formel 3, wo er auf dem Hungaroring ein Rennen gewann und zweimal Neunter wurde. Zwischenzeitlich testete er auch im Red-Bull-Formel-1-Simulator.

Hätte er 2015 nicht zwei Wochenenden ausgelassen (in Monza fuhr er ein Wochenende in der GP2, konnte aber mit P19 und P20 nicht überzeugen), wäre er wahrscheinlich noch weiter vorne gelandet. In jener Saison schlug er unter anderem Alex Palou, den IndyCar-Champion von 2021 und Ersatzfahrer des McLaren-Formel-1-Teams.

Schwärzester Moment und Karrierehöhepunkt

In das Jahr 2015 fällt auch der schwärzeste Moment seiner Karriere, der im Film ebenfalls thematisiert und aus dramaturgischen Gründen um Jahre vorgezogen wird: Am 25. März verunglückte er beim Saisonauftakt der VLN Langstreckenmeisterschaft (heute Nürburgring-Langstrecken-Serie) auf der gefürchteten Nürburgring-Nordschleife schwer. Ein Zuschauer wurde getötet, mehrere verletzt.

Der Unfall im Film ist dem realen Crash 1:1 nachempfunden. Der Nissan GT-R Nismo GT3 bekam Unterluft und hob ab. Mardenborough selbst geriet in die Kritik, vor allem ältere Fahrer monierten, dass ein erfahrener Fahrer, der nicht aus dem Gaming kommt, an dieser Stelle gelupft hätte, um die Nase des Fahrzeugs abzusenken.

Letztlich war jedoch die Konstruktion des Nissan GT-R schuld. Der Unfall löste am Nürburgring eine Krisensitzung aus, in deren Folge zahlreiche Sicherheitsverbesserungen an der Nordschleife vorgenommen wurden. Die GT3-Kategorie wurde aerodynamisch beschnitten, die Kuppe entschärft - sehr zum Ärger der Puristen.


Nachrichtenbericht zum Unfall vom 25. Mrz 2015

Ebenfalls 2015 startete er bei den 24 Stunden von Le Mans in der Spitzenklasse LMP1. Allerdings hatte Nissan - wieder unter der Leitung von Darren Cox, der im Film von Orlando Bloom als Danny Moore verkörpert wird - mit dem GT-R LM Nismo eine völlige Fehlkonstruktion an den Start gebracht, sodass Mardenborough, Olivier Pla und der spätere Formel-1-Pilot Max Chilton chancenlos waren. Das Fahrzeug schied aus.

Dennoch erreichte seine Karriere 2015 ihren Höhepunkt. Mardenborough wurde von Sports Pro Media in einer Liste der am besten vermarktbaren Sportler auf Platz 50 geführt. Danach verschwand er von der internationalen Bildfläche.

Nicht ganz Big in Japan

Denn die Aktivitäten des Briten verlagern sich ab 2016 nach Japan, während Nissan dem Motorsport mit Verbrennungsmotoren in Europa den Rücken kehrte. In der dortigen Motorsportszene gibt es zwei herausragende Serien: Die Super GT und die Super Formula. Die Saison 2016 diente der Vorbereitung.

Mardenborough startete mit dem ihm vertrauten GT3-Nissan in der GT300, der kleinen Klasse der Super GT. Zusammen mit Kazuki Hoshino gewann er ein Rennen in Fuji und wurde Vierter in der Meisterschaft. Gleichzeitig holte er sich den Vizetitel in der japanischen Formel-3-Meisterschaft. Im Kampf um die Meisterschaft unterlag er in einem spannenden Finale Kenta Yamashita.

2017 ging es in die höchsten Klassen des japanischen Motorsports. In der Super Formula fand Jann Mardenborough die schnellsten Autos vor, die er je fahren sollte. Im zweiten Rennen in Okayama gelang ihm mit Platz sechs ein starker Start. An diese Leistung konnte er jedoch nicht anknüpfen und war nach nur einem Jahr wieder raus aus Japans Top-Formelserie.

Mit der LMP1-Fehlkonstruktion stand Nissan bei den 24h Le Mans 2015 auf verlorenem Posten

Mit der LMP1-Fehlkonstruktion stand Nissan bei den 24h Le Mans 2015 auf verlorenem Posten Zoom

In der Super GT startete Mardenborough in der GT500-Klasse, in der damals schon Autos gefahren wurden, die denen der DTM in den Jahren 2019 und 2020 ähnelten. Also Prototypen mit Dach und über 600 PS aus 2-Liter-Turbomotoren.

Mardenborough fuhr einen echten Publikumsliebling: Er startete für das Team Impul, das in der legendären blauen Calsonic-Lackierung an den Start ging. Gemeinsam mit Hironobu Yasuda (2017) und Daiki Sasaki (2018) blieb er jedoch weit hinter den Erwartungen zurück und fuhr 2018 nur im Sportsland Sugo als Dritter auf das Podium.

Das war Nissan zu wenig. 2019 und 2020 wurde Mardenborough zum Team Kondo Racing versetzt. Dort musste er sich mit Yokohama-Reifen begnügen, die Bridgestone und Michelin unterlegen waren. Zusammen mit Mitsunori Takaboshi war ein vierter Platz beim Auslandsgastspiel in Thailand 2019 das Höchste der Gefühle. Nach der Saison 2020 wurde er aus dem Nissan-Fahrerkader gestrichen.

In der GT500-Klasse der Super GT reichte es nur zu einem Podiumsplatz

In der GT500-Klasse der Super GT reichte es nur zu einem Podiumsplatz Zoom

Mardenborough, 2023 erst 31 Jahre alt, hat seine Karriere noch nicht beendet. 2022 war er Simulatorfahrer für Nissan in der Formel E und absolvierte einen Rookie-Test. 2023 tauchte er bei den 24 Stunden von Fuji in der Super-Taikyu-Serie auf, der zweiten Liga in Japan hinter der Super GT. Es blieb jedoch bei einem einmaligen Einsatz als Verstärkungsfahrer für das 24-Stunden-Rennen.

GT Academy bis 2016 fortgesetzt

Auch wenn Mardenboroughs Wechsel nach Japan im Nachhinein betrachtet in eine Sackgasse geführt haben mag, hat der Brite eine bemerkenswerte Karriere hingelegt, die ihn vom heimischen Force-Feedback-Lenkrad in einige der schnellsten Rennklassen der Welt gebracht hat.

Die GT Academy wurde bis 2016 weitergeführt. Allerdings wurde das Konzept mit verschiedenen Wettbewerben rund um den Globus so ausgeweitet, dass es am Ende bis zu fünf Gewinner pro Jahr gab, die Nissan nicht alle im realen Motorsport unterbringen konnte. 2016 endete die GT Academy.

Jann Mardenborough fuhr zwei Jahre in der GP3

Jann Mardenborough fuhr zwei Jahre in der GP3 Zoom

Das Konzept hatte sein Alleinstellungsmerkmal verloren, denn längst hatten die Rennteams den Simulator für sich entdeckt. Hinter den Kulissen ist ein echter Markt für Sim-Racer entstanden. Dennoch wird die GT Academy als Pionier auf diesem Gebiet in Erinnerung bleiben. Durch den Film ist sie nun für immer im kollektiven Gedächtnis verankert.