• 21.06.2011 09:15

  • von Roman Wittemeier

Ein Blick in die Prototypen-Zukunft

Interview mit Peugeot-Technikchef Bruno Famin: Hybrid-908 soll 2012 im Rennen fahren, Leichtbau und Elektrifizierung sind die Themen der Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Das 24-Stunden-Rennen in Le Mans liegt erst wenige Tage hinter uns, aber schon jetzt arbeiten die Topteams an den Entwicklungen für das kommende Jahr. Peugeot will die Audi-Übermacht dann endlich knacken. Die Franzosen werden den 908 weiter verfeinern, ein Hybrid soll dem Prototypen zusätzlichen Schub verleihen.

Titel-Bild zur News: Peugeot 908 HYbrid4

Der neue Peugeot 908 HYbrid4 soll im kommenden Jahr in der WM laufen

Peugeot hatte ursprünglich bereits zum Le-Mans-Vortest im April mit einem KERS-Auto anrücken wollen, doch diesen öffentlichen Einsatz sagte man kurzfristig wieder ab. Die Vorbereitung auf den Höhepunkt des Jahres stand im Vordergrund, das Hybrid-Projekt bisher in der Prioritätenliste nicht ganz oben.

Das Thema Hybrid wird allerdings im PSA-Konzern (Peugeot und Citroen) immer wichtiger. Das Unternehmen hat mit dem Peugeot 3008 HYbrid4 eine wichtige Neuheit in diesem Jahr, weitere Modelle mit Kombination aus Diesel- und Elektroantrieb sollen folgen. Die Sportlichkeit soll die Rennabteilung um Technikchef Bruno Famin darstellen.

Frage: "Bruno, wann sehen wir den Hybrid-908 endlich im Rennbetrieb?"
Bruno Famin: "Wir arbeiten immer noch sehr intensiv an dem Wagen, investieren viel Zeit. Es ist ein komplexes Programm. Die Entwicklung ist nicht einfach, weil es im Rennauto viele Vibrationen und reichlich Hitze gibt. Dies alles wirkt sich natürlich direkt auch auf Elektronik und Batterien aus."

"Es ist nicht so einfach wie in der Formel 1. Bei uns muss der Hybrid mindestens 24 Stunden durchhalten. Dafür muss ein solches System enorm stark und zuverlässig sein. Vor allem muss die Effizienz stimmen, es muss uns etwas bringen. Unser Ziel ist es, im kommenden Jahr einen Hybrid-908 an den Start zu bringen. Wirklich zu hundert Prozent zusagen können wir das jetzt aber noch nicht."

¿pbvin|64|3822||0|1pb¿Frage: "Hope Polevision hat es in diesem Jahr schon in Le Mans mit einem Hybrid versucht. Ist es noch zu früh für solche Experimente?"
Famin: "Es ist auf jeden Fall nicht zu früh, an solchen Systemen intensiv zu arbeiten. Wir sind dran, aber für einen Renneinsatz ist es ganz bestimmt noch zu früh. Man darf nicht vergessen, dass unsere Ressourcen natürlich begrenzt sind. Wir müssen uns das alles gut aufteilen, je nach aktuellen Prioritäten."

Frage: "Empfinden sie persönlich den Druck, im kommenden Jahr unbedingt einen funktionierenden Hybrid-LMP1 bringen zu müssen?"
Famin: "Nein, auf keinen Fall verspüre ich derartigen Druck. Der einzige Druck, den ich habe, ist der Wunsch der Konzernleitung, dass wir siegen. Das ist völlig unabhängig von Technologie. Es spielt keine Rolle, ob wir Diesel oder Benziner mit oder ohne Hybrid nutzen. Wir sind in der Wahl der Mittel völlig frei."

"Uns wird nicht vorgeschrieben, was wir zu verwenden haben. Das Marketing geht nicht beim Bau eines Autos los, sondern erst bei der Ausnutzung und Darstellung guter Ergebnisse. Wenn man gegen einen Konkurrenten wie Audi erfolgreich sein will, dann darf man ohnehin nicht die geringsten Kompromisse eingehen. Die Konzernleitung lässt uns völlig freie Hand. Einzige Forderung: Wir sollen siegen."

Frage: "Porsche arbeitet auf der Nordschleife seit einiger Zeit recht erfolgreich mit einem Schwungrad-Speicher. Ist ein solches System bei Peugeot denkbar?"
Famin: "Nein, wir werden auf Batterien setzen. Wir haben erste Erfahrungen 2008 mit unserer Hybridversion machen können, aus der Serienproduktion kommen weitere Erfahrungswerte hinzu. Wir können nicht alle möglichen Wege komplett austesten."

Die Technikabteilung um Bruno Famin arbeitet am neuen Hybrid-Prototypen Zoom

"Ich habe keinen Zweifel, dass man mit einem Flywheel ein gutes System aufbauen kann. Allerdings kann man ein solches KER-System besser in ein GT-Auto integrieren als in einen Prototypen. Das liegt nicht nur am Gewicht, sondern vor allem auch an der Konnektivität bezüglich des Antriebsstrangs. Deshalb bleiben wir bei der elektrischen Lösung."

Frage: "Ein Blick in die Zukunft: Welche Technologien werden wir in den kommenden Jahren in der Prototypenszene sehen?"
Famin: "Ich weiß es nicht. Der Hybrid ist ein erster Schritt. Mal sehen, was danach kommt. Wir stehen erst ganz am Anfang der Elektrifizierung und alternativer Antriebskonzepte. Zehn Jahre lang hat man das Thema Elektrifizierung in einen Dornröschenschlaf versetzt, jetzt wird es wieder aufgeweckt. Man wird bestimmt interessante Lösungen in den Bereichen Elektronik, Materialien und Gewichtsersparnis sehen. Das wird eine der wichtigsten Fragen: Wie kann ich mein Auto leichter machen?"