• 12.10.2009 11:25

  • von Maximilian Kroiss

Smith-Interview: "Sag niemals nie"

In Anbetracht des Punktestandes sollte es für Bradley Smith nur noch um WM-Platz zwei gehen, doch aufgeben will der Brite noch lange nicht

(Motorsport-Total.com) - Schon in den vergangenen Jahren war der 18 Jahre alte Bradley Smith aus der Universitätsstadt Oxford mit der Werks-Aprilia des Polaris-World-Teams immer wieder in der ersten Startreihe eines 125er-Grand-Prix zu finden. Auch konnte er für einige Strohfeuer in den Rennen sorgen. Doch der endgültige Durchbruch zu einem Spitzenpiloten ist Smith erst in dieser Saison im spanischen Weltmeistermacherteam Aspar gelungen.

Titel-Bild zur News: Bradley Smith

Bradley Smith mit dem Pokal für seinen Podestplatz beim Rennen in Estoril

Drei Rennen vor Saisonende hat der rothaarige Engländer 50,5 Punkte Rückstand auf seinem Teamkollegen Julián Simón. 'Motorsport-Total.com' hat sich mit Smith über seine Taktik für den Endspurt und aber auch über seine Popularität in seiner Heimat Großbritannien unterhalten.#w1#

Mit Estoril dennoch zufrieden

Frage: "Bradley, nach dem Missgeschick von Julián Simón im Rennen in Estoril hattest du es in der Hand, den Rückstand erheblicher verkürzen zu können, oder?"
Bradley Smith: "Ja, es hatte zunächst den Anschein, dass ein Sieg durchaus drin gewesen wäre. Mein Plan war, Pol (Espargaró) im Windschatten zu folgen und ihn dann bis zur Ziellinie noch auszutricksen. Doch dann hat sich auch noch Sandro (Cortese; Anm. d. Red.) zwischen uns gesetzt und ich musste sogar beide ziehen lassen."

"Letztendlich bin ich aber mit meiner Leistung in Estoril zufrieden, zumal diese Strecke nicht zu meinen besten gehört. Der Titelgewinn ist zwar wieder ein Stück weiter weggerückt, aber zumindest befinden wir uns in einer guten Ausgangslage, die Weltmeisterschaft in einer ausgezeichneten Position zu beenden. Für das nächste Rennen in Australien bin ich guter Dinge. In Estoril sind uns wieder einige Fortschritte gelungen und hoffentlich können wir mit diesen auf Phillip Island fortsetzen. Und was den Ausgang der Weltmeisterschaft betrifft, würde ich sagen: Sag niemals nie!"

"Die WM war für mich schon nach Sachsenring und Donington Park gelaufen." Bradley Smith

Frage: "Du hast jedoch nach dem Rennen in Misano davon gesprochen, der Vizetitel wäre dein Ziel für diese Weltmeisterschaft, oder?"
Smith: "Ich würde mich nicht nur auf Misano beziehen. Eigentlich müsste man sagen, die WM war für mich schon nach Sachsenring und Donington Park gelaufen. Ich hatte dort zwei Nuller, während Julián zweimal 25 Punkte einsackte. So entstand eine riesige Lücke zu ihm. In den letzten Rennen habe ich aber alles versucht, um diesen Rückstand zu verringern. Aber um ehrlich zu sein ist es beinahe unmöglich, 60 Zähler aufzuholen. Immerhin ist es mir gelungen, den Rückstand auf 50 Punkte zu reduzieren - und wie man in Estoril gesehen hat, kann jederzeit ein Fehler passieren. Daher möchte ich nochmals betonen: Sag niemals nie, denn nichts ist unmöglich!"

Frage: "Wirst du 2010 einen neuen Anlauf starten, Weltmeister in der 125er-Klasse zu werden, oder wie siehst du im Moment deine Lage?"
Smith: "Um ehrlich zu sein kann im Moment noch gar nicht viel dazu sagen. Die Saison ist noch voll im Gange und mein Ziel ist es, noch möglichst viele Rennen zu gewinnen. Erst danach wird man sehen, was passiert. Vieles hängt davon ab."

"In erster Linie muss ich mich darauf konzentrieren, den zweiten Platz sicherzustellen. Sollte schlussendlich doch noch Platz eins in der Weltmeisterschaft für mich herausschauen, wäre es natürlich großartig, aber im Moment muss ich mich auf meinen Job konzentrieren und dabei Nico (Terol; Anm. d. Red.) im Auge behalten. Es hängt auch viel davon ab, ob Julián in die Moto2-Klasse aufsteigen wird. Falls ja, ergibt sich vielleicht die Möglichkeit, seinen Platz einzunehmen und 2010 125er-Weltmeister zu werden."

Weitere 125er-Saison wahrscheinlich

Frage: "Im Gegensatz zu einem früheren Gespräch bist du jetzt nicht mehr so abgeneigt, eine weitere Saison in der kleinen Klasse zu fahren?"
Smith: "Ja, das kann ich mir durchaus vorstellen. Obwohl ich bereits seit vier Jahren in der 125er-Klasse fahre, sollte es für mich kein Problem sein, eine weitere Saison in dieser Kategorie anzuhängen. Und sollte mir nächstes Jahr der Weltmeistertitel gelingen, würde ich damit eine feine Visitenkarte in meiner Tasche haben. Ein WM-Titel zählt eben für das ganze Leben. Auf der anderen Seite bin ich noch sehr jung und es sollte mich nichts drängen, schnellstmöglich die Klasse hochzuklettern. Daher schaut es soweit zu 80 Prozent nach einem Verbleib in der 125er-Klasse aus."

"Es gibt noch Verbesserungsbedarf, der wird aber bestimmt bald kommen." Bradley Smith

Frage: "An manchen Grand-Prix-Wochenenden dominierst du alle Trainings nach Belieben, doch im Rennen bleiben die Ergebnisse meist aus. Worauf führst du diese Mängel zurück?"
Smith: "Vielleicht ist es uns bis jetzt noch nicht gelungen, die absolut richtige Rennabstimmung für die Maschine zu finden. Hinzu kommt auch, dass ich mich in der Anfangsphase der Rennen mit vollem Tank und vielen aggressiven Fahrern recht schwer tue. Ja, damit habe ich ganz gewiss zu kämpfen. Aber in letzter Zeit ist es mir gelungen, mich in diesem Bereich wesentlich zu verbessern. Wenngleich auch meine Rennergebnisse nicht immer gleichlautend sind mit denen der Trainings, bin ich auch in den Rennen meistens sehr schnell. Ich weiß, es gibt noch Verbesserungsbedarf, der wird aber bestimmt bald kommen."

Frage: "Mit deiner Jugend bist du bereits in deiner Heimat ein Botschafter deines Sports. Wie sehr ehrt es dich, gleichbedeutend zu sein wie zum Beispiel Formel-1-Pilot Jenson Button?"
Smith: "Ganz ehrlich: Wen würde dies nicht freuen? Mich betreffend möchte ich aber dazu bemerken, dass es für mich umso schöner ist, dass MotoGP in England immer populärer wird. Zuvor wurde eigentlich nur die Formel 1 mit Motorsport in Zusammenhang gebracht. Daneben gab es nur noch Fußball, Cricket und Rugby. Aber es schaut ganz danach aus, dass das Interesse für unseren Motorsport in England immer größer wird, und daher ist es natürlich schön zu wissen, dass ich als Person diesen verkörpern darf - sowohl jetzt als hoffentlich auch in der Zukunft."

Frage: "Zum Schluss noch eine Frage zu deinem Projekt, in dem du junge Fahrer unterstützt. Es ist eine Zielsetzung, einige davon nach Spanien zu bringen, wo du einen Großteil der Zeit in deiner Karriere bis jetzt verbracht hast, richtig?"
Smith: "Unser Projekt ist noch sehr jung. Aber soweit kann man sagen, dass wir in diese Richtung denken. Meiner Meinung nach wäre es für junge englische Fahrer, die mit Zweitaktern in die WM gehen möchten, der beste Weg, nach Spanien zu gehen. Oder auch nach Italien, eventuell auch in die Europameisterschaft."

"In England wird fast ausschließlich mit 600ern oder Superbikes Rennen gefahren. Diese Klassen sind auch recht erfolgreich, aber möchte man einen anderen Weg einschlagen, dann sollte man nach Spanien gehen. Wie zuvor erwähnt befindet sich das Projekt Bradley Smith Racing noch im ersten Jahr. Daher stoßen wir immer wieder auf Probleme. Aber für nächstes Jahr möchten wir dieses Projekt in einem größeren Umfang betreiben. Dass heißt, zwei Fahrer werden in der spanischen Meisterschaft eingesetzt. Zudem wollen wir wieder vier Fahrer in der englischen Meisterschaft fahren lassen."