• 18.11.2009 15:50

  • von Stefan Ziegler

Vorschau: WTCC in Macao

'Motorsport-Total.com' blickt voraus auf das WTCC-Finale in Macao: Wer holt sich den Titel auf dem spektakulären und schwierigen Guia Circuit?

(Motorsport-Total.com) - Macao. Diese fünf Buchstaben lassen das Herz eines jeden Rennfahrers höher schlagen und auch die Fans kommen alljährlich auf ihre Kosten, wenn sich die Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) nach Fernost aufmacht. In den Straßen von Macao findet seit 2005 der finale Aufgalopp der Rennserie statt, die sich den Kurs an diesem Wochenende mit mehreren anderen Meisterschaften teilt. Macao ist nicht zuletzt für den Formel-3-Klassiker bekannt, den viele Formel-1-Fahrer im Portfolio haben.

Titel-Bild zur News: Start in Macao 2008

Titelentscheidung in Fernost: Macao ist das große Finale der Tourenwagen-WM

Auf rund 25 Quadratkilometer Inselfläche sind etwa 500.000 Menschen beheimatet, die einmal im Jahr ein wahres Motorsportfestival erleben dürfen. Die ehemalige portugiesische Kolonie Macao wurde 1999 der Volksrepublik China als Sonderverwaltungszone angegliedert, die offiziellen Landessprachen sind Chinesisch und Portugiesisch. Die Rennen sind hingegen äußerst international - ebenso wie Macao selbst, das als Spielerparadies gilt.#w1#

Macao als Messlatte für die Stars von Morgen

Die Anfänge des Rennens vor den Toren Hongkongs - eine 50-minütige Fahrt trennt Macao auf dem Seeweg vom chinesischen Festland - datieren aus dem Jahr 1954. Was als Schatzsuche in der Stadtmitte begann, wurde schon bald zu einem Amateurrennen umgewandelt, das bis 1966 regelmäßig durchgeführt wurde. 1967 waren erstmals Motorräder mit von der Partie, ehe 1972 das erste Tourenwagen-Rennen veranstaltet wurde, das noch bis heute jährlich in Macao stattfindet.

1983 luden die Veranstalter erstmals die besten Formel-3-Piloten nach China ein, um in den Straßen von Macao die inoffiziellen Weltmeisterschaften für diese Nachwuchsklasse auszurichten. Bis heute pilgert die Crème de la Crème der Formel 3 alljährlich zum Guia Circuit. Das erste Rennen auf dem 6,117 Kilometer langen Stadtkurs entschied ein junger Ayrton Senna für sich, der schon bald in der Formel 1 für Furore sorgen sollte - weitere prominente Sieger folgten.

Jörg Müller

In Macao war Jörg Müller sowohl in der Formel 3 als auch in der WTCC erfolgreich Zoom

Rekordweltmeister Michael Schumacher nutzte die Formel 3 einst als Sprungbrett zu einer außergewöhnlichen Motorsport-Karriere und drückte dem Rennen 1990 seinen Stempel auf. Im Jahr darauf war David Coulthard nicht zu schlagen - mit Ralf Schumacher (1995), Ralph Firman (1996) und Takuma Sato (2001) waren gleich noch drei weitere spätere Formel-1-Fahrer in Macao erfolgreich. In den Siegerlisten finden sich aber auch bekannte Tourenwagen-Größen.

1992 lautete der Gewinner Rickard Rydell (SEAT), der damals auf dem besten Wege war, eine Formel-Karriere nach dem Vorbild von Senna und Schumacher anzustreben. Auch Jörg Müller (BMW, 1993) holte sich einen Formel-3-Triumph in Macao und stieg anschließend als Testfahrer in die Formel 1 auf. Müller ist übrigens bis heute der einzige Rennfahrer, der in jüngster Zeit sowohl in der Formel 3 als auch im Tourenwagen das oberste Siegertreppchen erklimmen konnte.

Übertroffen wird der einzige deutsche Werkspilot in der WTCC nur noch von John MacDonald: Der aus England stammende, aber für Hongkong startende Rennfahrer war im Macao der 1970er-Jahre das Maß aller Dinge und siegte sowohl im Formel-Boliden (1965, 1972, 1973, 1975) als auch im Tourenwagen (1972) und auf dem Motorrad (1969). Diese Leistung konnte bis heute niemals wiederholt oder gar übertroffen werden.

Der Guia Circuit als die ultimative Herausforderung

Wenn die Tourenwagen-Weltmeisterschaft 2009 zum fünften Mal das Saisonfinale in Macao bestreitet, dann dürfen sich die Zuschauer rund um den Kurs über ein actionreiches Rennwochenende freuen: Neben der WTCC sind noch weitere Rennserien um die Formel BMW, verschiedene Sport- und Tourenwagen, sowie die Superbikes in Macao zu Gast - Rennsport pur im "Monaco des Ostens".

Die knapp 6,2 Kilometer lange Rennstrecke gilt als eine der anspruchsvollsten Pisten der Welt, die nicht nur durch ihre - für einen Stadtkurs ungewöhnliche - Länge besticht. In den neun Runden, welche die WTCC-Fahrer auf dem Guia Circuit zurücklegen müssen, werden Mensch und Maschine enorm strapaziert. Neben einer langen Vollgaspassage mit einigen schnellen Kurven und langen Geraden gilt es, auch im kurvenreichen Mittelabschnitt der Strecke gut unterwegs zu sein.

Nico Hülkenberg

Die Formel 3 trägt in Macao traditionell ihre inoffiziellen Weltmeisterschaften aus Zoom

"Der Kurs ist sicherlich nicht ohne", bestätigt Macao-Sieger Ralf Schumacher gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Es kommt darauf an, dass man eine gehörige Portion Mut hat und man muss sich auch wohlfühlen im Auto, denn die Strecke lässt keine Fehler zu. Bei uns war es früher noch so: Wenn man ein paar perfekte Runden hatte, konnte man die Reifenmarkierung an den Seiten nicht mehr lesen. Es war halt immer sehr knapp", merkt Schumacher ironisch an.

Der Formel-3-Sieger von 2007, Oliver Jarvis, kann seinem DTM-Kollegen gegenüber 'Motorsport-Total.com' nur beipflichten: "Macao ist vielleicht eine der besten Rennstrecken der Welt", sagt der Brite. "Um ehrlich zu sein: Es ist einmalig! Das ist ein Straßenkurs mit über 20 Kurven. Dort habe ich eines meiner besten Rennen gefahren, die Atmosphäre ist schlichtweg gigantisch. Wir fahren mitten durch Macao, das ist schon ein sehr spezielles Rennwochenende."

WM-Entscheidung in den Straßen von Macao

Mit vier Siegen bei acht ausgetragenen Rennen in Macao ist BMW der erfolgreichste Hersteller der Tourenwagen-WM. Champion Andy Priaulx (BMW/2006, 2007) und Alain Menu (Chevrolet/2007,2008) trugen sich jeweils zweimal in die Siegerlisten ein, Augusto Farfus (BMW/2005), Duncan Huisman (BMW/2005), Jörg Müller (BMW/2006) und Rob Huff (Chevrolet/2008) waren je einmal erfolgreich. In den Meisterschaftsläufen 23 und 24 wird 2009 außerdem ein neuer WM-Titelträger gesucht.

Yvan Muller, Gabriele Tarquini, Augusto Farfus

Augusto Farfus, Yvan Muller oder Gabriele Tarquini - wer macht das WM-Rennen? Zoom

Zwei Rennen vor Schluss haben nur noch zwei SEAT-Fahrer und ein BMW Pilot Chancen auf den WM-Titel - auch die Konstrukteurswertung ist noch vollkommen offen. Gabriele Tarquini (SEAT), Yvan Muller (SEAT) und Augusto Farfus (BMW) streiten sich in insgesamt 18 Rennrunden um die WM-Krone 2009. Die besten Karten hat Tarquini, der - im Gegensatz zum vergangenen Rennjahr - dieses Mal als Tabellenführer zum letzten Rennevent anreist.

Im Titelduell rangiert der italienische Rennfahrer mit 115 Punkten vor seinem Teamkollegen Muller, der nach 22 absolvierten WTCC-Läufen 113 Zähler auf seinem Konto hat. Etwas weiter hinten liegt Farfus, der bei 102 Punkten schon darauf hoffen muss, dass seine Konkurrenten nicht allzu weit in die Punktepositionen vorstoßen. Bei 20 noch zu vergebenden WM-Punkten ist aber alles möglich - speziell auf dem gewaltigen Guia Circuit, der als echte Messlatte gilt.

Coronel oder Porteiro, das ist hier die Frage...

Auch in der Independents' Trophy steht eine Entscheidung an: Vor den beiden letzten Rennen des Jahres dürfen sich aber nur noch Tom Coronel (SEAT) und Félix Porteiro (BMW) Chancen auf den Titel der Privatfahrer ausrechnen - und die Vorteile liegen klar beim "Fliegenden Holländer": Coronel reist mit einem Vorsprung von satten 30 Punkten nach Macao - doch beim finalen Auftritt der WTCC werden die Trophy-Zähler glatt verdoppelt.

Alain Menu

Alain Menu stellt sich quer: In den ersten Runden herrscht in Macao Crash-Gefahr Zoom

So besteht für Porteiro also durchaus noch die Möglichkeit, "Major Tom" vom ersten Rang in der Gesamtwertung zu verdrängen. Spannung auch auf den Plätzen: Wiechers-Pilot Stefano D'Aste (BMW) und Franz Engstler (BMW) streiten sich um den dritten Rang in der Fahrerwertung. Der Italiener weist aktuell 137 Punkte auf, sein deutscher Konkurrent bringt es derzeit auf 132 Zähler - und beide gelten als wahre Stadtkursspezialisten.

Ein stolzes Fahrerfeld von 29 Piloten nimmt bereits am Donnerstag den Trainingsbetrieb in Macao auf: Beim letzten Rennwochenende des Jahres greifen die Piloten schon einen Tag eher ins Lenkrad, müssen dafür aber am Samstag pausieren. Dementsprechend finden die Freien Trainings und auch die Qualifikation schon am Freitag statt. Wie auf Stadtkursen üblich, dauert das abschließende Zeittraining auch in Macao 45 statt 30 Minuten.

Fakten zum Rennwochenende in Macao:

Streckenlänge: 6,117 Kilometer
Renndistanz: Zwei Rennen à 9 Runden

Die Sieger in Macao 2005-2008:
2005: Augusto Farfus (Alfa Romeo), Duncan Huisman (BMW)
2006: Andy Priaulx (BMW), Jörg Müller (BMW)
2007: Alain Menu (Chevrolet), Andy Priaulx (BMW)
2008: Alain Menu (Chevrolet), Rob Huff (Chevrolet)

Rundenrekorde:
Qualifikation: 2:30.285 Minuten (Alain Menu, Chevrolet, 2008)
Rennen: 2:32.517 Minuten (Gabriele Tarquini, SEAT, 2007)

Der Zeitplan in der Übersicht (MEZ):

Donnerstag, 19. November 2009
05:20-05:50 Uhr - Testsession

Freitag, 20. November 2009
01:45-02:15 Uhr - 1. Freies Training
05:15-05:45 Uhr - 2. Freies Training
08:50-09:20 Uhr - Qualifikation Q1
09:25-09:40 Uhr - Qualifikation Q2

Samstag, 21. November 2009
keine WTCC-Session

Sonntag, 22. November 2009
00:50-01:05 Uhr - Warmup
05:05-05:30 Uhr - Rennen 1
06:25-06:50 Uhr - Rennen 2

TV-Tipp:

Zum Saisonabschluss der Tourenwagen-WM berichtet TV-Partner 'Eurosport' noch einmal ausführlich von der Rennstrecke. Den Auftakt macht am Freitag um 8:30 Uhr das 'WTCC Magazin', ehe die Übertragung am Sonntag ihre Fortsetzung findet. Ab Mitternacht wird eine Wiederholung der Qualifikation gezeigt, ehe 'Eurosport' mit dem Warmup um 0:45 Uhr in die Live-Berichterstattung einsteigt.

Die beiden letzten Sprintrennen der Saison sind ab 5 Uhr früh auf 'Eurosport' zu sehen und werden gleich mehrfach in einer Zusammenfassung gezeigt: Am Sonntag um 10 Uhr und am Montag ab 13 Uhr. Die kompletten WM-Läufe können am Sonntag ab 10:30 Uhr relive auf 'Eurosport 2' verfolgt werden, außerdem noch einmal am Dienstag ab 11:30 Uhr - wiederum auf 'Eurosport 2'.

Die letzte Ausgabe des 'WTCC Magazins' wird 2009 ebenfalls mehrfach zu sehen sein: 'Eurosport' überträgt diese Sendung am Dienstag um 23:15 Uhr und am Donnerstag um 8:30 Uhr, 'Eurosport 2' strahlt das 'WTCC Magazin' am Mittwoch um 13 Uhr und am Donnerstag um 19 Uhr aus.