Wenn drei sich streiten: Logano staubt Richmond-Sieg ab

Joey Logano entscheidet ein packendes Richmond-Rennen für sich, weil sich Jeff Gordon, Brad Keselowski und Matt Kenseth selbst im Weg stehen

(Motorsport-Total.com) - Welch ein Finale in Richmond! Joey Logano (Penske-Ford) staubte beim Toyota Owners 400 seinen zweiten Saisonsieg ab, weil sich Brad Keselowski, Matt Kenseth und Jeff Gordon in der absoluten Schlussphase eines spannenden und hart umkämpften Short-Track-Rennens selbst im Weg standen.

Titel-Bild zur News: Joey Logano

Zweiter Saisonsieg und das Chase-Ticket für Joey Logano (Penske-Ford) Zoom

Zwei Fahrer drückten dem Toyota Owners 400 ihren Stempel auf, beide allerdings keine Inhaber eines Toyota-Cockpits: Brad Keselowski im Penske-Ford holte sich von Startplatz zwei kommend 114 Führungsrunden. Jeff Gordon im Hendrick-Chevrolet verbrachte von Startplatz 25 kommend stolze 173 Runden auf Platz eins. Auffällig dabei war, dass Keselowskis Stärken auf den Shortruns, die von Gordon auf den Longruns lagen.

In der Schlussphase mischte dann plötzlich auch der zuvor komplett unauffällig agierende Matt Kenseth (Gibbs-Toyota) munter mit. Als nach 400 Runden zusammengezählt wurde, war es aber Logano, der in die Victory Lane einbog. "Ich bin überraschter als jeder andere", sagte der verdutzte Penske-Pilot nach seinem ersten Richmond-Sieg und seinem ersten überhaupt auf einem Short-Track. "Das ist eine meiner schlechtesten Rennstrecken. Heute hatte ich das beste Auto, das ich auf dieser Strecke jemals hatte. Wo die 20 (Matt Kenseth; Anm. d. Red.) am Schluss herkam, ist mir aber schleierhaft", so Logano.


Fotos: NASCAR in Richmond


Was war passiert? Nachdem J.J. Yeley (Xxxtreme-Chevrolet; 40.) 16 Runden vor Schluss mit einem Motorschaden die neunte und letzte Gelbphase der Richmond-Nacht auf den Plan gerufen hatte, formierte sich das Feld in folgender Aufstellung zum letzten Restart: Kenseth, der in Gelbphase sieben von seiner Gibbs-Crew am schnellsten abgefertigt wurde und Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet) in Reihe eins. Im Nacken hatten sie Gordon und die beiden Penske-Piloten Keselowski und Logano. Etwas weiter hinten Kyle Busch im zweiten Gibbs-Toyota, der im Unterschied zur absoluten Spitzengruppe in der letzten Gelbphase noch einmal an der Box war und vier frische Reifen aufziehen ließ.

Beim Restart kam Spitzenreiter Kenseth auf der Innenbahn am besten in die Gänge. Direkt an seinem Heck zeigte Gordon einen für seine Verhältnisse ungewöhnlich starken Restart, schob sich sofort an Teamkollege Earnhardt Jr. vorbei auf Rang zwei und legte sich Kenseth zurecht. Sieben Runden vor der Karierten Flagge aber zog Keselowski auf der Außenbahn an Gordon vorbei und übernahm seinerseits die Verfolgung von Spitzenreiter Kenseth.

Dramatischer Vierkampf um den Sieg

Nur eine Runde später konterte Gordon und holte sich die Position von Keselowski zurück. Inzwischen hatte dessen Penske-Teamkollege Logano den munteren Dreikampf um den Sieg zu einem Vierkampf werden lassen. Fünf Runden vor Schluss dann auf Höhe der Start/Ziel-Linie eine Berührung zwischen Gordon und Keselowski: Der Hendrick-Pilot erwischte den diesmal hellblau lackierten Penske-Ford am Heck.

Keselowski verlor an Schwung, rettete sich aber irgendwie noch bis zur ersten Kurve. Gordon konnte nicht direkt profitieren. Stattdessen schob sich Logano an den beiden vorbei. Das Ganze geschah unmittelbar im Windschatten von Spitzenreiter Kenseth. In Turn 2 wurde Keselowski dann "Three-wide" zwischen Gordon (innen) und Kenseth (außen) eingeklemmt. Kenseth ließ dem Penske-Fahrer kaum Platz, woraufhin sich dieser in Turn 3 mit einem freundlichen Bump auf die hintere Stoßstange des Gibbs-Toyota revanchierte. Gordon und Logano zogen vorbei, wobei sich der Youngster im gelben Penske-Ford den Ex-Champion im Hendrick-Chevy schließlich knapp vom Leib halten konnte.


Der dramatische Kampf um den Richmond-Sieg

Kyle Busch profitierte von seinen frischen Reifen und fing auf den letzten Drücker noch die bis zum letzten Meter hart kämpfenden Keselowski und Kenseth ab. Die beiden hatten ohnehin noch eine Rechnung offen. Unmittelbar nach der Zieldurchfahrt stieg Keselowski voll in die Eisen und ließ Kenseth auflaufen. Im Interview schilderte der Ex-Champion in Diensten des Penske-Teams die Sachlage: "Ich hatte eine Chance, dieses Rennen zu gewinnen und ich hatte das Gefühl, dass mir die 20 (Matt Kenseth; Anm. d. Red.) durch ein Abdrängen diese Chance genommen hat. Ich wollte dann einfach sicherstellen, dass ich es ihm heimzahle und ich wollte sicherstellen, dass mein Teamkollege Joey dieses Rennen gewinnt."

Kenseth widersprach nicht, verteidigte seinen auf der Gegengeraden vorgetragenen Move gegen Keselowski aber: "Ja, ich habe ihn in Turn 3 ein wenig nach oben abgedrängt, aber hey, es ging um den Sieg. Natürlich hätte ich ihm etwas mehr Platz lassen können, aber noch einmal: Wir kämpften darum, dieses Rennen zu gewinnen." Hinter Sieger Logono, dem Zweitplatzierten Gordon sowie Kyle Busch mussten sich die beiden Streithähne schließlich mit den Plätzen vier (Keselowski) und fünf (Kenseth) zufriedengeben. Der Gibbs-Pilot steht somit weiter ohne Saisonsieg da. Gleiches gilt für Gordon, der drei Wochen nach Fort Worth erneut als Zweiter hinter Logano ins Ziel kam.

Wilder Auftakt: Polesitter Larson in der ersten Kurve umgedreht

Kyle Larson

Ganassi-Rookie Kyle Larson hatte nur wenige Meter Freude an seiner Führung... Zoom

Schon der Auftakt des Richmond-Rennens verlief turbulent. Kaum, dass um kurz nach 19:15 Uhr Ortszeit (1:15 Uhr MESZ) die Grüne Flagge gefallen war, musste auch schon die Gelbe Flagge gezückt werden: Der aus der zweiten Startreihe gekommene Clint Bowyer (Waltrip-Toyota) räumte in der ersten Kurve des 400-Runden-Rennens Polesitter Kyle Larson (Ganassi-Chevrolet) ab. Keselowski sagte Danke und übernahm die Führung. Bowyer, der sich über Funk sofort entschuldigte ("Das wollte ich nicht") nahm den Restart neben Keselowski aus Reihe eins in Angriff, während sich der unglückliche Larson am Feldende wiederfand. Nach dem frühen Rückschlag war für den Polesitter unterm Strich nicht mehr als Platz 16 zu holen. Damit war Larson aber immer noch der bestplatzierte der sieben Rookies im Feld.

"Übeltäter" Bowyer musste noch vor der 100-Runden-Marke aufgrund eines schleichenden Plattfußes unter Grün an die Box kommen. Wenig später züngelte ein Feuer im rechten vorderen Radkasten - das Aus. "Ich habe keine Ahnung, was da los war", rätselte der Waltrip-Pilot, während seine fahrenden Kollegen noch nicht einmal die Hälfte der Distanz abgespult hatten. Später sollte sich herausstellen, dass die Innenseite des rechten Vorderreifens von Bowyer extrem abgefahren war. Die sich von der Lauffläche lösenden Gummibrocken entzündeten sich an der heißen Bremsscheibe, was wiederum eine spektakuläre Flammenentwicklung zur Folge hatte.

Pechsträhne für Johnson setzt sich fort

Jimmie Johnson

Kein Glück für Jimmie Johnson: Platz 32 nach zwei verschlissenen Reifen Zoom

Mit exakt dem gleichen Problem wie Bowyer schlugen sich im Verlauf der 400 Runden auch Reed Sorenson (Baldwin-Chevrolet; 42.), Cole Whitt (BK-Toyota; 41.), Ricky Stenhouse Jr. (Roush-Ford; 38.) und Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) herum. Bei Johnson trat das auf einen zu extremen Radsturz zurückzuführende Problem gleich zweimal auf. Statt seiner Pechsträhne ein Ende zu setzen, ging diese für den sechsmaligen und amtierenden NASCAR-Champion in Richmond nahtlos weiter: Platz 32 mit drei Runden Rückstand.

Besser lief es bei Johnsons Hendrick-Teamkollegen Dale Earnhardt Jr. (7.) und Kasey Kahne (14.). Was "Junior" betrifft, so wähnte sich dieser im letzten Rennviertel gar mit Siegchancen, konnte in den dramatischen Kampf um den Sieg aber nicht aktiv eingreifen. "Ich bekam Bremsprobleme. Außerdem übersteuerte mein Auto ausgangs der Kurven extrem", so der Daytona-500-Sieger, der sich im Ziel sogar noch hinter A.J. Allmendinger anstellen musste. Für den Einzelkämpfer in Diensten von JTG/Daugherty Racing bedeutet Platz sechs die beste Platzierung, seit er für das Team von Brad Daugherty und Tad Geschickter fährt.

Truex Jr. erstmals in dieser Saison in den Top 10

Martin Truex Jun.

Endlich ein Erfolgserlebnis für Martin Truex Jr. bei Furniture Row Racing Zoom

Platz acht ging an den ebenfalls bestens aufgelegten Ryan Newman (Childress-Chevrolet), der Carl Edwards (Roush-Ford; 9.) und Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet; 10.) auf Distanz hielt. Für Truex Jr. bedeutet Platz zehn endlich ein Erfolgserlebnis im Team aus Denver. Bei seinen acht Starts zuvor hatte er es noch nie in die Top 10 geschafft.

Kevin Harvick, der Sieger des Nationwide-Rennens vom Samstag, konnte diesmal nur in der Anfangsphase Akzente setzen. Nach 23 frühen Führungsrunden brachte der Kalifornier den bestplatzierten Stewart/Haas-Chevy auf Platz elf ins Ziel. Für seine Teamkollegen Kurt Busch (23.) und Tony Stewart (25.) war ebenso wenig zu holen wie für Danica Patrick im vierten Chevy des Teams. Patrick bekam schon in der 40. von 400 Runden von ihrem führenden Teamkollegen Harvick einen Rundenrückstand aufgebrummt. Im Ziel waren es für sie dann vier Runden Rückstand und Platz 34.

Kommende Woche müssen sich die NASCAR-Piloten komplett umstellen: Statt Short-Track-Action heißt es am ersten Mai-Wochenende Restrictor-Plate-Racing auf dem Talladega Superspeedway. Tabellenführer bleibt der nach wie vor auf seinen ersten Saisonsieg wartende Jeff Gordon, der nun fünf Punkte vor dem ebenfalls noch sieglosen Matt Kenseth liegt.