• 09.05.2010 06:44

  • von Pete Fink

Der Geheimfavorit is back: Hamlin bezwingt die Black Lady

Denny Hamlin gewann in Darlington sein drittes Saisonrennen und zog mit Crashpilot Jimmie Johnson gleich - Montoya schnuppert wieder am Chase

(Motorsport-Total.com) - Unmittelbar nach dem Saisonende 2009 erklärte ein vor Selbstbewusstsein strotzender Denny Hamlin, dass er im kommenden Jahr um den Titel fahren werde. Zu diesem Zeitpunkt gab es auch nicht wenige NASCAR-Experten, die den Gibbs-Piloten tatsächlich als einen der ganz heißen Außenseiter betrachteten. Doch als sich der 29-Jährige im Januar sein linkes Kreuzband riss, in der Folge keinen guten Saisonstart erwischte und sich im März sogar einer Knie-Operation unterziehen musste, schien sein Titeltraum vorzeitig beendet.

Titel-Bild zur News: Denny Hamlin, Jamie McMurray

Jamie McMurray (vorne) hatte am Ende keine Chance gegen Denny Hamlin

Das hat sich spätestens seit dem Southern 500 auf dem Darlington Raceway massiv geändert: Nach Martinsville und Texas gewann Hamlin sein drittes Saisonrennen und zog damit nach Einzelsiegen mit Champion Jimmie Johnson gleich. Das kann im Titelkampf von großer Bedeutung sein, denn pünktlich zum Playoff-Beginn gibt es pro Sieg in den 26 regulären Saisonrennen zehn Bonuspunkte. Hamlin und Johnson liegen in dieser wichtigen Rechnung also derzeit gleichauf.#w1#


Fotos: NASCAR in Darlington


Und: Zum ersten Mal in seiner NASCAR-Karriere gelang dem Mann aus dem US-Bundesstaat Virginia ein waschechter Doppelsieg, denn Hamlin gewann in Darlington keine 24 Stunden zuvor auch das Nationwide-Rennen. Kein Wunder, dass der nach wie vor in seiner Bewegung beeinträchtigte Rekonvaleszent in der Victory Lane über beide Ohren strahlte: "Das war einfach ein großartiges Wochenende. Wir hatten die ganze Zeit über ein Top-2-Auto. Es war nur die Frage, ob wir oder die 24 gewinnen würden. Am Ende gaben die Track-Position und unsere fehlerlosen Stopps den Ausschlag."

In der Tat: Hamlin führte 104 der insgesamt 367 Runden, Jeff Gordon hatte 111 Umläufe lang die Nase vorne. Ob der Hendrick-Chevrolet den Gibbs-Toyota im Darlington-Finale schlagen hätte können, kann wohl niemand mit 100prozentiger Sicherheit sagen, denn Gordon leistete sich erneut einen folgenschweren Fehler, der ihn spät im Rennen von der Spitzengruppe bis auf Platz 14 zurückwarf.

Jeff Gordon und Jeff Burton mit folgenschweren Fehlern

Jeff Gordon

Wieder kein Sieg: Für Jeff Gordon war auf Platz vier Endstation Zoom

Es geschah unmittelbar vor der elften und letzten Gelbphase. Eigentlich standen Green-Flag-Stopps an, doch als Gordon in die Boxengasse abbiegen wollte, übersah er den langsameren Stewart/Haas-Chevrolet von Tony Stewart. Dieser blockierte Gordons Weg, weshalb der Kalifornier erneut beschleunigen musste und eine Runde später einen zweiten Anlauf unternahm. Just in dem Moment, als der Hendrick-Chevy dann endlich in die Boxengasse hinein fuhr, kam es zu der Gelbphase.

Das warf Gordon aus den Top 10 heraus. Mit vier frischen Reifen arbeitete er sich in den 19 verbleibenden Runden zwar noch bis auf Platz vier nach vorne, doch der längst überfällige erste Saisonsieg war wieder einmal dahin. "Es war mein Fehler, ich habe dieses Auto einfach übersehen", gab der Dauer-Pechvogel 2010 zu. "Es ärgert mich, denn ich habe es erneut vermasselt. Aber ich weiß auch nicht, ob wir gut genug gewesen wären, um die 11 aufhalten zu können."

Neben Jeff Gordon entpuppte sich auch der Childress-Chevrolet von Jeff Burton als ein brandgefährlicher Hamlin-Konkurrent. Burton unterlief beim letzten Stopp ebenfalls ein schwerer Fehler, als er in seiner Box stehend beim Losfahren über den Druckschlauch eines Schlagschraubers fuhr. Das bedeutete eine Strafe, die ihn bis auf Platz 18 zurückwarf. Am Ende landete Burton nur auf Position acht.

Vorne war Hamlin damit seine beiden härtesten Konkurrenten los. Zu allem Überfluss verschlimmbesserte sein Gibbs-Teamkollege Kyle Busch das Handling seines Toyota Camry. Durch die Missgeschicke von Gordon und Burton als Zweiter gestartet, wurde der jüngere Busch-Bruder im Finale durchgereicht und kam lediglich als Siebter ins Ziel. Hamlin hatte freie Fahrt und holte sich den Darlington-Sieg quasi im Schongang.

McMurray und Montoya in den Top 5

Denny Hamlin, Jeff Burton

Jeff Burton machte Denny Hamlin das Leben sehr schwer - bis zum Fehler Zoom

Rang zwei ging an Polesitter Jamie McMurray. Auch dessen Earnhardt/Ganassi-Chevrolet sammelte insgesamt 70 Führungsrunden, weil er immer dann zur Stelle war, wenn das Renngeschehen durch einen der vielen Zwischenfälle kippte. Ein Siegauto hatte McMurray aber nicht: "Im Verkehr waren wir gut für Platz fünf oder sechs", gab der 33-Jährige zu. "Als ich am Ende dann freie Fahrt hatte, habe ich nur gebetet, dass es heute keine Verlängerung gibt." Dieser Wunsch wurde ihm erfüllt.

Chip Ganassi brachte sogar beide Autos unter die Top 5, weil Juan Pablo Montoya als Fünfter abgewunken wurde. Der Kolumbianer hatte in den 367 Darlington-Runden mehrere kitzelige Situationen zu überstehen, die er jedoch bravourös meisterte. Gegen den von hinten heranstürmenden Jeff Gordon hatte er keine Chance, die heftigen Schlussattacken von Sprint-Cup-Tabellenführer Kevin Harvick (Childress-Chevrolet; 6.) konnte er jedoch abwehren.

Rang drei ging an einen extrem unauffälligen, aber umso effektiveren Kurt Busch (Penske-Dodge). "Wir haben eigentlich alles richtig gemacht", freute sich der ältere Busch-Bruder, der sich zwar die ganze Nacht über in den Top 10 tummelte, an der Spitze jedoch nie auftauchte. "Am Ende machten wir mit zwei neuen Reifen viel Boden gut und das war genau richtig."

Die Top 10 rundeten Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet; 9.) und Brian Vickers im besten Red-Bull-Toyota als Zehnter ab. Die Ford-Flotte von Jack Roush spielte beim Southern 500 überhaupt keine Rolle: Matt Kenseth (13.), David Ragan (14.) und Carl Edwards (15.) betrieben lediglich Schadensbegrenzung.

Johnson dreimal in der Darlington-Mauer

Jimmie Johnson

Ungewöhnlicher Anblick: Ein völlig zerknitterter Johnson-Chevrolet Zoom

Ein großes strategisches NASCAR-Problem ist derzeit die Tatsache, dass der Chase in den vergangenen vier Jahren von Jimmie Johnson dominiert wurde. Als Konsequenz droht eine gewisse Langeweile im Titelkampf und ein Gegenmittel wäre vielleicht ein Chase-Rennen in Darlington. Die "Lady in Black" gab Samstagnacht auch eine glasklare Playoff-Bewerbung ab: Sie forderte ihre Opfer - und sie suchte sich dazu einige der Superstars aus.

Johnson erlebte zum Beispiel ein wahres Horror-Rennen. Ein früher Mauerkontakt und kurze Zeit später ein Lackaustausch mit Martin Truex Jr. (Waltrip-Toyota) bescherten dem Hendrick-Team des Kaliforniers jede Menge Arbeit. Nach 180 Runden waren all diese Mühen umsonst, denn Johnson (36.) krachte in den sich ohne Bremsen drehenden Petty-Ford von A.J. Allmendinger. Der erste Totalausfall der Sprint-Cup-Saison 2010 für den Abonnementsmeister.

Clint Bowyer fiel nach frühen Bremsproblemen an seinem Childress-Chevrolet weit zurück und wurde lediglich als 32. gewertet. In der Gesamtwertung fiel Bowyer dadurch aus den Top 12 heraus und ist in der aktuellen Tabelle nun nur noch 15. Seinen Playoff-Platz 12 eroberte sich Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet), der in Darlington 18. wurde.

Auch Tony Stewart (Stewart/Haas-Chervolet) erlebte einen rabenschwarzen Tag mit mehreren Vorfällen und einigen gewagten Strategietricks, die sich als Bumerang entpuppten. Am Ende landete der zweifache NASCAR-Champion mit Rundenrückstand auf Position 23 und liegt in der Gesamtwertung jetzt als 18. sogar einen Platz hinter Montoya. Der Kolumbianer wiederum macht im Kampf um die Playoffs in Riesenschritten Boden gut: Nun fehlen ihm nur noch 54 Zähler auf Platz zwölf. Kommende Woche geht es auf die "Monster-Mile" von Dover.