Nach Nakamoto-Abschied: Chaos bei HRC?

Ex-HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto hinterließ in der Honda-Rennabteilung eine große Lücke: Fehlt HRC seitdem eine starke Führungskraft?

(Motorsport-Total.com) - Shuhei Nakamoto legte seine Arbeit für HRC noch vor dem Start der MotoGP-Saison 2017 nieder. Der charismatische Japaner erreichte das Rentenalter und wurde von Honda in den Ruhestand geschickt. Später nahm er ein Angebot der Dorna an und ist seitdem für den Rechteinhaber der MotoGP tätig. Bei HRC übernahmen gleich drei Mitarbeiter Nakamotos Arbeit. Der Posten des HRC-Vizepräsidenten wurde aus Respekt zu Nakamoto nicht neu besetzt. Tetsuhiro Kuwata, Shinichi Kokubu und Naoki Hattori teilen sich im Hause HRC in die Arbeit rein.

Titel-Bild zur News: Marc Marquez, Tito Rabat

Weder im Werksteams noch in den Kundenteams läuft es richtig rund Zoom

Außenstehende berichteten mehrfach, dass HRC durch die Neubesetzung etwas vom Kurs abgekommen sei. Die Entwicklung der RC213V verläuft holprig. Mit Ausnahme von Weltmeister Marc Marquez kann kein Honda-Pilot konstant an der Spitze mitmischen. Dass Marquez zur Saisonhalbzeit die Meisterschaft anführt, ist mehr auf die Klasse des Spaniers zurückzuführen als die seiner Maschine.

Die anderen Honda-Piloten kritisieren immer wieder die unausgewogene Balance der Maschine. Vor allem LCR-Pilot Cal Crutchlow schimpft regelmäßig und forderte bereits nach den ersten Rennen, dass die Ingenieure nicht ihre Ressourcen für die Motorentwicklung opfern sollen. Auch das Chassis der RC213V hätte verglichen mit den Maschinen der Konkurrenz deutliche Defizite.

Vakuum nach Nakamoto-Abschied

Superbike-WM-Teamchef Ronald ten Kate ist seit vielen Jahren eng mit Honda verbunden und hat einen besseren Einblick in die Abläufe als andere Experten. Wie beurteilt der Holländer die Situation bei HRC? "Im Moment denke ich nur über unser Projekt nach und wie wir es vorantreiben können", kommentiert der Teamchef von Stefan Bradl im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com', lässt sich später aber doch noch zu einigen Aussagen animieren.

Shuhei Nakamoto

Shuhei Nakamoto arbeitete von 2009 bis 2017 für die Honda-Rennabteilung Zoom

"Ich bin kein direkter Partner von HRC und kann nur als Außenstehender erklären, wie ich die Situation einschätze. Ich bin ziemlich sicher, dass ein Vakuum entsteht, wenn ein so erfolgreicher Leader wie Nakamoto geht. Diese Lücke wird aber wieder geschlossen", ist ten Kate überzeugt und betont: "HRC ist kein Einmannunternehmen. Es ist nicht so, dass dort ein Diktator das Sagen hat."

"Hondas Erfolg im Rennsport hängt nicht von einem Mitarbeiter ab. Bei den ersten Rennen war Honda nicht besonders stark. Es war aber auch kein großes Desaster. Ich denke nicht, dass sie auf dem falschen Weg sind. Ab Austin waren sie wieder vorne", analysiert der jahrelange Honda-Superbike-Teamchef.


Fotos: MotoGP am Sachsenring, Girls


Konkurrenz setzt HRC unter Druck

Ten Kate macht Yamaha-Neuzugang Maverick Vinales mitverantwortlich für die offensichtlichen Turbulenzen bei HRC: "Maverick hat das Niveau im Sport vermutlich noch ein bisschen angehoben. Das Niveau war bereits sehr hoch, doch es ist nun noch höher. Jeder muss sich ein weiteres Mal steigern, denn Maverick ist sehr schnell."

Wenn es um den WM-Titel geht, hat ten Kate aber einen anderen Favoriten. Und der sitzt auf einer Honda: "Ich würde mein Geld auf Marquez setzen. Er ist erfahren und weiß, wie es ist, wenn man um einen Titel kämpft. Das schenkt ihm Gelassenheit. Deswegen würde ich mein Geld auf ihn setzen", begründet der Holländer.