• 22.10.2012 14:31

  • von Maximilian Kroiss

Cortese: "Wir waren eine perfekte Truppe"

Es war ein langer Weg bis zum WM-Titel - Im Gespräch erläutert Sandro Cortese die Hintergründe für seinen Erfolgszug in diesem Jahr

(Motorsport-Total.com) - Sandro Cortese hat es geschafft: In Sepang krönte sich der Deutsche mit einem Sieg zum ersten Weltmeister der Moto3-Klasse. Die Saison 2012 stand ganz im Zeichen des KTM-Werksfahrers. In allen 15 Rennen sammelte er Punkte. Mit Ausnahme von Le Mans und Motegi kletterte Cortese immer auf das Podium. Auf dem Weg zum Titel feierte er Siege in Estoril, beim Heimrennen auf dem Sachsenring, in Misano und schließlich in Sepang. Bei sechs Rennen startete der 22-Jährige von der Pole-Position. Der Weg zum WM-Titel war lang und steinig. Sepang war sein insgesamt 131 Grand Prix. Nach der Zieldurchfahrt war die Freude grenzenlos. In der Pressekonferenz schilderte Cortese seine Gedanken und Gefühle.

Titel-Bild zur News: Sandro Cortese

Am Ziel der Träume: Sandro Cortese ist Moto3-Weltmeister Zoom

Frage: "Blicken wir an den Anfang zurück. Hast du dir gedacht, dass du um die WM kämpfen kannst, als du dich für dieses Team entschieden hast?"
Sandro Cortese: "Es begann alles im Vorjahr im November. Wir haben mit Aki (Ajo, Teamchef; Anm. d. Red.) gesprochen. Es dauerte lange bis eine Entscheidung gefallen war. Es war eine neue Klasse und niemand wusste genau, wie es sich entwickeln würde. Ich war sehr glücklich, dass ich zu Aki zurückkehren konnte. Ich war schon zwei Jahre bei ihm und habe in dieser Zeit viel gelernt. 2011 habe ich gelernt, wie ich Rennen gewinnen und oft auf dem Podium stehen kann. Da KTM als Werk und Red Bull dahinterstehen, war es ein perfektes Paket. Es ist das einzige Werksteam."

"Da es aber eine komplett neue Klasse war, wusste niemand, was passieren wird und ob Honda oder KTM stärker sein würde. Alles war bis zum ersten Rennen offen. In Doha lagen wir zurück, obwohl ich auf dem Podium stand. FTR-Honda war sehr stark. Es hat einige Zeit gedauert, bis wir konstant waren. Der erste Sieg in Estoril kam zwar sehr früh, aber wir haben im Team hart gearbeitet, damit wir mit dem Motorrad viele Rennen gewinnen können und oft auf dem Podium stehen."


Fotos: Moto3 in Sepang


Frage: "Du bist einer der erfahrensten Fahrer in der kleinsten Klasse. Wie sehr hat sich diese Erfahrung ausgezahlt?"
Cortese: "Ich habe in diesem Jahr viele Rennen gewonnen und war oft auf dem Podium, weil ich weiß, wie ich die letzten drei, vier Runden angehen muss. Ich weiß, wie ich die Rennen angehen muss, wie ich die Reifen schonen und mit dem Team arbeiten muss. Es gibt mit Vinales, Salom, Rins und Fenati viele schnelle Fahrer. Ich denke, einige von ihnen haben nicht erwartet, dass sie an der Spitze dabei sein würden. Vielleicht waren sie übermotiviert oder es fehlte ihnen die Erfahrung."

"Ich versuchte die ganze Saison ruhig zu bleiben. In der Vergangenheit sind mir viele Fehler unterlaufen. Es war so wie bei den jungen Fahrern in diesem Jahr. Man hat einen guten Speed, aber dann passieren Stürze und dann leidet die Konstanz."

Frage: "Welchen Grand Prix würdest du rückblickend als das Schlüsselrennen zum WM-Titel bezeichnen?"
Cortese: "Mein erste Sieg am Saisonanfang war schön und perfekt, aber ich hatte mit Vinales und Salom harte Gegner. Mir war bewusst, dass es schwierig wird die WM zu gewinnen. Als wir in der zweiten Saisonhälfte nach Indianapolis gekommen sind, hatte ich einen guten Speed. Als Maverick sein erster Fehler in der letzten Kurve unterlaufen ist, war mir klar, dass ich konzentriert bleiben muss wir noch härter arbeiten müssen. Ich glaube der Abstand betrug damals neun Punkte und danach 29. Von da an versuchte ich noch konzentrierter zu sein. Der Sieg in Misano hat mir noch mehr Selbstvertrauen gegeben. Ich bin noch ruhiger in die Rennen gegangen und habe mehr meinen Kopf eingesetzt."

Sandro Cortese

In Sepang eroberte Sandro Cortese seinen vierten Saisonsieg Zoom

"Es war nicht ein bestimmter Punkt. Dazu kommt Akis finnisches System, dass man ruhig bleiben muss und nicht abheben darf. Es gab nie den Moment an dem wir dachten, dass wir besser als alle anderen sind. Auch nach einem guten Sieg setzten wir uns zusammen und arbeiteten unser Programm ab. Natürlich habe ich am vergangenen Wochenende etwas überreagiert, weil viele Emotionen bei diesem Job involviert sind, weil ich es so sehr liebe. Es tut mir für Danny (Kent; Anm. d. Red) leid, weil es nicht sein Fehler war. Ich kam ruhig hierher. Das Rennen und den WM-Titel zu gewinnen, ist ein unglaubliches Gefühl. Ich kann es noch gar nicht glauben."

Frage: "Wie wirst du feiern?"
Cortese: "Ich werde an die Box zu meinen Mechanikern gehen. Sie haben den größten Anteil daran. Wir waren eine perfekte Truppe. Das Team hat hart gearbeitet und keine Fehler gemacht, KTM hat starke Motoren geliefert und Red Bull war der Hauptsponsor. Aki hat schon die Erfahrung von zwei WM-Titeln und weiß, wie man es machen muss. Es war eine Kombination aus meiner Erfahrung und dem Team. Ich will die letzten Rennen genießen."

"Viele Jahre war ich ein großes Talent, das einige Podestplätze und schnellste Runden hatte. Ich habe es aber nie auf den Punkt gebracht." Sandro Cortese

Frage: "Was sind deine Ziele für die letzten beiden Rennen?"
Cortese: "Ich bin sehr froh, dass ich den WM-Titel geschafft habe. Auf Phillip Island habe ich im Vorjahr gewonnen. Ich möchte das Wochenende und natürlich auch Valencia so gut wie möglich genießen."

Frage: "Du weißt, dass Italien nach neuen Talenten sucht. Es fließt auch italienisches Blut in deinen Adern. Wie ordnest du den WM-Titel ein?"
Cortese: "Ich schätze, am vergangenen Wochenende hat jeder gesehen, dass ich ein Italiener bin (lacht; Anm. d. Red.). Natürlich möchte ich mit dem Team feiern, denn alle haben hart gearbeitet. Ich fühle mich als Deutscher, aber manchmal kommt der Italiener durch."

Perfekte Zusammenarbeit mit Aki Ajo

Frage: "Wie erinnerst du dich an den Tag zurück, als du Aki kennengelernt hast?"
Cortese: "Aki war ein strenger Lehrer. In der Vergangenheit war er strenger als in diesem Jahr. Ich habe ihn in der IDM kennengelernt als ich sehr jung war. In den ersten beiden Jahren der Zusammenarbeit war ich jung und schnell, aber wahrscheinlich - wie soll ich es sagen - zu italienisch. Ich habe es manchmal zu sehr genossen und war nicht konzentriert genug. Dann hat er mich auf den finnischen und deutschen Weg geführt und wir haben an den Fehlern gearbeitet. Das hat mich zu dem gemacht, wie ich heute bin. Wir hatten auch in dieser Saison abseits der Strecke Diskussionen. Er ist wie ein Vater. Er versucht dir nicht zu erklären, wie du dich verhalten sollst, sondern wie die Situation ist."

Frage: "Was ist dir nach der Ziellinie durch den Kopf gegangen?"
Cortese: "Es fallen dir Gewicht von den Schultern, denn die Erwartungen an uns waren für diese Saison sehr groß. Es ist aber nicht so einfach. Natürlich hatten wir ein tolles Paket. Nach der Ziellinie sagte ich mir, dass ich es endlich geschafft habe. Viele Jahre war ich ein großes Talent, das einige Podestplätze und schnellste Runden hatte. Ich habe es aber nie auf den Punkt gebracht. Schon im Vorjahr habe ich mit meinem ersten Sieg gezeigt, dass ich den nächsten Schritt gemacht habe. Über den Winter haben wir gemeinsam mit Aki hart gearbeitet. Ich sehe es nicht als Job, sondern will es genießen und hart arbeiten."

"Es war ein schwieriges Wochenende, nachdem Vinales nach Hause gefahren war. Ich wollte auch mir selbst beweisen, dass ich gewinnen kann. Ich hatte zwar einen großen Vorsprung von 61 Punkten, aber ich wollte es persönlich zeigen. Vinales war mein größter Konkurrent in diesem Jahr. Ich wollte auch allen zeigen, dass ich immer noch gewinnen will, obwohl ich in einer guten Position war."