• 12.05.2013 19:16

  • von Nimmervoll, Rencken & Sharaf

Domenicali zuversichtlich: Auf Monate in Bestform?

Selbst ein schleichender Plattfuß konnte Alonso auf dem Weg zum Heimsieg nicht stoppen - Ferrari sieht sich bis zur Sommerpause an der Spitze des Feldes

(Motorsport-Total.com) - Das Geburtstagsgeschenk kam mit 24 Stunden Verspätung, freuen konnte sich Stefano Domenicali über den Grand-Prix-Sieg des Fernando Alonso am Sonntag in Barcelona aber umso mehr. Der Ferrari-Teamchef, der am Samstag 48 Jahre alt wurde, erlebte ein Rennen, das für die Scuderia nach Plan lief und mit Felipe Massa als Drittem zum Rundum-Glücklich-Erlebnis wurde. Wie auf Schienen lief es aber selbst für die Roten nicht. Der letzte Stint Alonsos hätte eigentlich 15 Runden dauern sollen.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso, Stefano Domenicali, Felipe Massa, Kimi Räikkönen

Stefano Domenicali hatten allen Grund, seine Piloten zu herzen Zoom

Es wurden aber deren 17. Die Angelegenheit bereitete den Verantwortlichen am Kommandostand keine schweißnassen Hände, obwohl es sich um einen durch ein Trümmerteil hervorgerufenen schleichenden Plattfuß gehandelt hat. "Es war kein ernstes Problem", rekapituliert Domenicali und erinnert sich an die goldrichtige Entscheidung, den zu diesem Zeitpunkt überlegenen Piloten zwei Umläufe früher als geplant an die Box zu beordern: "Uns lagen die Daten vor und wir haben gesehen, dass die Pneus einbrechen."

Paul Hembery glaubt, dass der glimpfliche Ausgang der Sache der neuen Konstruktion der Pirelli-Reifen zu verdanken ist. "Mit den Pneus aus dem vergangenen Jahr hätte er wohl direkt einen Platten gehabt", erklärt der Sportchef. "Es liegt an der metallischen Struktur. Durch die neue Lauffläche schneidet es nicht sofort hindurch, sondern bleibt stecken." Statt den Reifen entweder direkt zum Platzen zu bringen oder zunächst gar keine Symptome zu zeigen, verliert er langsam Luft. Kurioserweise sei es so sicherer, erklärt Hembery.

Verkehr als kritischer Punkt

Um ein wirklich besorgniserregendes Problem zu umgehen, reagierte der Kommandostand: "Wir wollten nichts riskieren und jedes Risiko meiden, weil wir Kimi (der Zweite Räikkönen, Anm. d. Red.) mit den Tempo kontrolliert haben." Die strategische Grundausrichtung wankte am Sonntagnachmittag aber nicht: "Wir waren von Anfang an darauf festgelegt, vier Stopps zu machen, weil wir den Abbau der Reifen so berechnet hatten", erklärt Domenicali, der keinen Spielraum für einen Halt weniger erkennt, wie ihn etwa die Lotus-Mannschaft vollführte.


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Spanien


Dafür ist der F138 einfach zu schonungslos im Umgang mit dem Gummi, und zwar unter allen Bedingungen: "Um auf drei Stopps umzudisponieren, hätten wir weniger Abbau benötigt. Das war nicht der Fall, wenn man die Entwicklung von Freitag bis Sonntag betrachtet, auch wenn das Wetter anders war." Unter dem Strich heißt das: Ferrari hatte keine Möglichkeit, die Pneus weiter zu schonen, ohne dabei unrentablen Zeitverlust hinzunehmen: "Am Samstag waren wir nach dem dritten Freien Training auch davon überzeugt, dass es die schnellste Strategie war."

Stimmt. Der einzige Haken: Im Gegensatz zu den Boxenstopps lässt sich nicht jede Rennsituation planen. "Der kritische Punkt war der Verkehr", merkt Domenicali an. "Das zu lösen, war der wichtigste Schlüssel zum Erfolg." Mit seinem guten Start, der ihn unter anderem vorbei an Sebastian Vettel und Räikkönen brachte, sowie dem Überholmanöver gegen Mercedes-Star Nico Rosberg gelang einem in jeder Hinsicht souveränen Alonso diese Aufgabe bestens.

Domenicali sieht Formstärke bis Juli gewahrt

Auch 'RTL'-Experte Niki Lauda zeigt sich beeindruckt: "Eine unglaubliche Leistung", lobt er die Truppe aus Maranello und erkennt eine fehlerfreie Leistung, die totale Überlegenheit und einen F138, der sich als das Auto der Stunde herausstellt: "Es war ein schwieriges Rennen, aber die haben alles richtig gemacht. Kimi hätte ihn heute nie schlagen können. Massa hat bestätigt, wie toll der Ferrari ist." Der Brasilianer ging vom neunten Startplatz aus ins Rennen. "Die Ferrari waren hier die schnellsten", unterstreicht Lauda.

Fernando Alonso

Gegen Fernando Alonso war in Barcelona kein Kraut gewachsen Zoom

Hinzu kommt: Die Italiener haben sich auf einer als Referenz geltenden Strecke wie Barcelona als Spitzenkraft gezeigt. Domenicali misst dem viel Wert bei: "Dieses Wochenende war wichtig für mich, weil wir gesehen haben, was wir von den anderen Teams erwarten dürfen. Jetzt ist es bis Ende Juli kaum noch möglich, große Entwicklungsschritte zu unternehmen", blickt er auf die Zeit bis zur Sommerpause voraus. "Einige werden anfangen, am neuen Auto für 2014 zu arbeiten, weil es das wichtigere Projekt ist."

Wegen der Regelnovelle und dem Wechsel hin zu V6-Turbomotoren erwartet die Fachwelt große Verschiebungen im Kräfteverhältnis: "Da geht es dann nicht um zwei oder drei Zehntelsekunden, es geht um zwei oder drei Sekunden", unterstreicht Domenicali, der trotz des Gleichschritts im Entwicklungsrennen für 2013 weiter ackern will. "Es sieht so aus, als habe jeder mehr oder weniger die identischen Fortschritte gemacht. Ich erkenne da keinen großen Wandel", kommentiert er die Barcelona-Form.

Vorne ankommen, weiter vorne starten

Noch vor Jahresfrist habe sich die Sachlage ganz anders dargestellt, meint Domenicali, der damals einen mehr als durchwachsenen Auftakt verzeichnete. "In Spanien 2012 war zu erkennen, dass massive Sprünge gemacht wurden, die natürlich von der Form des Winters und die ersten Rennen abhingen", meint er und prognostiziert für die Zukunft mehr Stabilität: "In den kommenden Monaten werden wir dort stehen, weil es in vielen Jahren mit einem stabilen Reglement schwierig geworden ist, auf einmal viel Leistung zu finden."

"Fortschritte sind eine große Herausforderung." Stefano Domenciali

"Es ist möglich, aber für jeden eine große Herausforderung", unterstreicht der Italiener, der das Auto zugunsten der Sonntage abstimmen, den Hebel aber bei den Qualifying-Leistungen ansetzen will. "Es werden Rennen kommen, in denen das Überholen sehr viel schwieriger ist. Wir wussten, dass der Schlüssel darin lag, sofort zu attackieren. Das ist aber nicht immer möglich", erklärt er. Nicht zuletzt ist es auch deshalb, weil möglichst viel freie Fahrt und wenig Verkehr keine zusätzlichen Strapazen für die Reifen bedeuten.