• 10.12.2008 11:16

  • von Stefanie Szlapka und Britta Weddige

Ullrich: Finanzkrise als neue Herausforderung

Exklusiv-Interview mit Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich: Über Titeljagd am Limit, stärkende Rückschläge, wirtschaftlich schwere Zeiten und das Jahr 2009

(Motorsport-Total.com) - Wenn Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich auf die vergangene Saison zurückblickt, bekommt er strahlende Augen: In vier Serien sind die Ingolstädter angetreten und sie haben alle vier Titel geholt. Doch es lief nicht ganz reibungslos - zum Siegen gehört auch, Niederlagen wegstecken zu können. Und mit der derzeitigen weltweiten Finanzkrise kamen neue Herausforderungen auf Audi zu, auf die reagiert werden mussten. Im Exklusiv-Interview mit 'Motorsport-Total.com' spricht Ullrich über all diese Themen - und über die Titeljagd 2009.

Titel-Bild zur News:

Wolfgang Ullrich lastet sein Sohn und Audi die Finanzkrise auf den Schultern

Frage: "Ihre Saisobilanz kann eigentlich nur begeistert ausfallen...der Grand Slam ist gelungen."
Wolfgang Ullrich:. "Ja. Mit diesem Ergebnis war im Vorfeld nicht zu rechnen. Wir hatten gehofft, dass die Fahrer einfach das Beste daraus machen. Gegen Ende sind wir noch stark unter Druck geraten. Nachdem wir die 24 Stunden von Le Mans gewonnen hatten und uns den Titel in der ALMS und LMS gesichert hatten, dachten wir, dass drei von vier Gesamtsiegen auch in Ordnung gewesen wären. Dass es am Ende alle vier wurden, macht uns sehr stolz. Wir sind dieses Jahr auf starke Gegner getroffen. Dadurch erlebten die Fans besonders guten Motorsport, die Situation brachte uns aber auch ans Limit."#w1#

Frage: "Was hat Timo Scheider in dieser Saison so stark gemacht?"
Ullrich: "Es war insgesamt ein sehr gutes Paket. Der neue A4 DTM war eine würdige Rennversion seines sehr erfolgreichen Straßenbruders. Timo ist in der vergangenen Saison in der Mannschaft gewachsen, er konnte seine Stärken immer mehr herausarbeiten und er hat das dieses Jahr mit einer sehr guten Leistung konsequent umgesetzt. Er hatte sicherlich wie alle während der Saison ein paar kleine Schnitzer, aber das gehört dazu, insgesamt war es eine sehr starke Saison für ihn."

Siege als Team, Niederlagen als Team

Frage: "Am Nürburgring und in Le Mans hat es Audi ihm aber auch nicht einfach gemacht..."
Ullrich: "Man wird immer als Team bewertet und man gewinnt als Team. Alle Entscheidungen, die wir dort getroffen haben, haben wir gemeinsam getroffen und haben sie gemeinsam getragen. Die gehören dazu."

Frage: "Speziell Le Mans muss weh getan haben, da man den Titel ja schon so gut wie in der Hand hatte..."
Ullrich: "Le Mans hat sehr weh getan, weil die Meisterschaft zur Mitte des Rennens eigentlich schon gelaufen war. Und selbstverständlich würde man so etwas gern mitnehmen. Es ist uns nicht gelungen. Aber ich denke, dass es dann umso toller war, es so beim Finale umzusetzen, wie es uns gelungen ist. Andere hätten ja auch durch solche Ereignisse wie in Le Mans in die Knie gehen können. Das war nicht der Fall. Es hat uns im Gegenteil noch stärker gemacht. Und ich glaube, dass das auch eine unserer Stärken ist."

Die Frage der Fahrzeugjahrgänge

Frage: "Blicken wir auf die kommende Saison. Ist schon klar, wie die Jahrgänge bei Audi aufgeteilt werden?"
Ullrich: "Nein, das ist noch nicht klar."

Frage: "Was wären die Vor- und Nachteile davon, mit zwei oder weiter mit drei Jahrgängen zu fahren?"
Ullrich: "Es sind sicherlich auch finanzielle Entscheidungen, die da mitspielen. Wenn man nur zwei Fahrzeuggenerationen betreuen muss, hat man zudem einen Vorteil bei der Logistik."

Frage: "Und im Fall von Audi würde man nur mit dem neuen Modell des A4 antreten, wenn man nur noch mit zwei Jahrgängen fährt. Das ist sicher auch aus Marketingsicht interessant."
Ullrich: "Selbstverständlich ist das auch etwas, was sehr stark mitspielt. Denn das neue prägnante A4-Gesicht wäre dann auf allen Fahrzeugen, egal ob es die allerneueste Entwicklungsversion ist oder die des Jahres 2008. Das wäre sicherlich von der Marketingseite her auch ein positiver Aspekt."

Frage: "Sollte es bei der bisherigen Besetzung der Neuwagen bleiben, müssten alle vier Piloten im kommenden Jahr eigentlich noch zulegen können, denn sie sind nun alle schon ein Jahr lang mit dem neuen A4 DTM gefahren. Zumindest Mattias Ekström, Martin Tomczyk und Tom Kristensen hatten anfangs noch Probleme mit der Umstellung. Diese Probleme müssten nun eigentlich ausgemerzt sein."
Ullrich: "Das ist schwierig zu sagen. Wir werden das Auto weiterentwickeln und ich nehme an, dass das neue Auto nicht identisch sein wird mit dem, das wir 2008 gefahren sind. Es kann aber ohne Weiteres sein, dass wir im nächsten Jahr sehen, dass plötzlich alle vier ähnlich stark sind. Warum nicht?"

Kosten sparen, Geld verdienen

Frage: "Sie haben in Essen den neuen R8 LMS vorgestellt. Wie kam es zur Entscheidung, in den Kundensport einzusteigen?"
Ullrich: "Wir hatten schon seit mehreren Jahren die Idee, ein wirkliches Kundensportprojekt auf die Beine zu stellen. Eben auch, um im Motorsport unsere Erfahrung für den Kundensport nutzbar zu machen. Und wir sehen die Chance, daraus einen Businesscase zu machen und in der Summe für Audi Sport etwas Geld zu verdienen. Der R8 hat sich dafür angeboten."

Frage: "Audi musste auf die Finanzkrise reagieren. In der LMS treten Sie nicht mehr an. Kam diese Krise überraschend für Sie, hat einen das ein bisschen überrollt?"
Ullrich: "Von Überrollen kann man nicht sprechen. Es war zu sehen, dass sich da etwas entwickelt. Und es hat sich dann relativ deutlich entwickelt. Jeder muss sich mit dieser neuen Herausforderung auseinandersetzen. Uns war klar, dass das auch für den Motorsport gilt. Jeder muss seinen Beitrag bringen."

Viel Arbeit im Winter

Frage: "Was sind Ihre Ziele für die kommende Saison? In der DTM steht sicher die Titelverteidigung ganz oben auf dem Programm?"
Ullrich: "Selbstverständlich ist es unser Ziel, den Titel in der DTM wieder zu verteidigen. Wir haben bereits 2008 ein Jahr als Gejagte erfolgreich hinter uns gebracht. Und das würden wir gern wieder schaffen. Aber wir wissen genauso, dass es im nächsten Jahr sicher noch einen Tick schwieriger sein wird."

Frage: "Wie sehen Ihre Pläne für die Winterpause aus?"
Ullrich: "Wir haben jede Menge Entwicklungsarbeit und die werden wir, wie in den Jahren zuvor auch, in einem sehr intensiven Entwicklungsprogramm abarbeiten. Das erste Rennen ist in der zweiten Märzwoche in Sebring und das kommt sehr schnell."

Frage: "Und was wünschen Sie sich zu Weihnachten?"
Ullrich: "Ein bisschen Zeit mit meiner Familie."

DTM Live

DTM-Livestream

Nächstes Event

Lausitzring

24.-26. Mai

1. Qualifying Sa. 09:55 Uhr
1. Rennen Sa. 13:30 Uhr
2. Qualifying So. 9:55 Uhr
2. Rennen LIVE So. 13:30 Uhr

Folgen Sie uns!

Folge uns auf Facebook

Werde jetzt Teil der großen Community von Motorsport-Total.com auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über den Motorsport und bleibe auf dem Laufenden!

Folge uns auf Twitter