• 04.08.2009 17:55

  • von Stefan Ziegler

Zanardi-Leserinterview: "Michael war die logischste Wahl"

Im Rahmen des Leserinterviews haben Alessandro Zanardi viele Fragen zum Comeback von Michael Schumacher erreicht. Hier sind seine Antworten...

(Motorsport-Total.com) - Auch an Alessandro Zanardi ist der Rummel um die Rückkehr von Michael Schumacher ins Ferrari-Team nicht spurlos vorbeigegangen. "Viele italienische Journalisten wollten natürlich meine Meinung zu diesem Thema wissen", verrät der 41-malige Formel-1-Pilot, der heute für BMW in der WTCC antritt. Es verwundet nicht, dass auch die 'Motorsport-Total.com'-Leser Zanardis Sicht der Dinge zum spektakulären Comeback des siebenmaligen Weltmeisters wissen wollten. Lesen Sie hier die Antworten...

Titel-Bild zur News: Alessandro Zanardi, Miguel E. Abed, Autódromo Miguel E. Abed

Alessandro Zanardi: Daumen hoch für das Comeback von Michael Schumacher

Claus Fersen fragt: "Michael Schumacher ist 40, du selbst bist nur zwei Jahre älter. Könntest du dir ebenfalls ein Comeback in der Formel 1 vorstellen?"
Alessandro Zanardi antwortet: "Ganz sicher nicht. Aber ich bin ja auch nicht Michael Schumacher. Er war für Ferrari als Ersatz für Felipe Massa ganz sicher die logischste Wahl. Dafür gibt es viele Gründe, nicht nur technische, sondern auch emotionale. Felipe wird glücklich darüber sein, dass Michael sein Auto fährt und kein anderer Pilot. Michael ist ein fantastischer Fahrer. Für Ferrari ist es toll, ihn zurückzuhaben."#w1#

Zanardi: "Ich hätte es genauso gemacht"

Andrea Bergmann fragt: "Überrascht es dich, dass Michael Schumacher das Ferrari-Angebot angenommen hat?"
Zanardi antwortet: "Ja, schon ein bisschen. Im Verlauf seiner Karriere hat es immer so ausgesehen, als träfe Michael seine Entscheidung immer mit dem Kopf und nicht mit dem Herzen. Diesmal dürfte es andersherum gewesen sein. Eigentlich kann er mit diesem Einsatz nichts gewinnen."

"Mit dem aktuellen Ferrari wird es schwierig sein, auf Anhieb zu siegen. Es ist aber schlichtweg unvermeidlich, dass um ihn herum die Erwartungen in den Himmel wachsen werden. Jeder wird fordern, dass Michael sofort um den Sieg kämpft."

"Man muss auch mal ein Risiko eingehen." Alessandro Zanardi

Gero Haussmann fragt: "Hättest du das Angebot von Luca di Montezemolo aus Sicht von Michael Schumacher angenommen?"
Zanardi antwortet: "Ich hätte es genauso gemacht. Wir leben nur einmal, und es geht nicht darum, immer nur ein perfektes Bild abzugeben. Man muss auch mal ein Risiko eingehen. Wir müssen das tun, was für uns wichtig ist. Deshalb freut es mich, dass Michael diese Entscheidung für sich getroffen hat."

"Es ist nicht so, dass ich ihn nicht vorher schon für eine herausragende Persönlichkeit - und für einen ebenso herausragenden Fahrer - gehalten hätte. Aber nun bewerte ich ihn noch einmal anders. Meine Wertschätzung für den Menschen Michael Schumacher ist noch größer geworden."

Der Traum vom Ferrari-Cockpit

Frederik Paulsen fragt: "Die begeisterten Tifosi verehren einen kühlen Deutschen. Wie passt das zusammen?"
Zanardi antwortet: "Auf den ersten Blick sieht das in der Tat nach einem Widerspruch aus. Aber man muss wissen, dass die italienischen Fans sehr flexibel sind. Das gilt vor allem für einen Sportler, der ihnen derart viele Triumphe geschenkt hat. Niemand hat für Ferrari mehr Rennen gewonnen als Michael Schumacher."

"Solange sie erfolgreich sind, werden die Ferrari-Fans ihre Fahrer immer lieben. Außerdem ist Michael auch sonst ein sympathischer Mensch, wenn man auf ihn trifft. So viele Menschen wollen etwas von ihm, da kann man es einfach nie allen recht machen. Sein Comeback zeigt mir, dass er uns Italienern mit den Jahren immer ähnlicher geworden ist: Er hat das Herz entscheiden lassen."

Ein anonymer Leser fragt: "Hast du als Italiener nicht auch einmal davon geträumt, in der Formel 1 für Ferrari zu fahren?"
Zanardi antwortet: "Aber ganz gewiss. Das war schon mein Traum, als ich noch ein kleines Kind war. Als ich eingeschlafen bin, hatte ich immer folgende Bilder vor Augen: Ich würde in einem Ferrari sitzen und nach einer furiosen Aufholjagd im Rennen auf Platz zwei liegen."

"Ferrari ist ein großartiges Unternehmen, dem man Respekt zollen muss." Alessandro Zanardi

"In der letzten Kurve von Imola, der Variante Bassa, würde ich mir dann noch mit qualmenden Reifen die Führung schnappen. Die Leute würden total ausflippen. Irgendwann wachst du dann auf und stellst fest, dass die Dinge nicht so magisch sind. Ferrari ist ein großartiges Unternehmen, dem man Respekt zollen muss."

"Wenn man aber weiß, dass in den Glanzzeiten ein französischer Teamchef am Ruder saß, der Chefdesigner ein Neuseeländer, der Technische Direktor Brite, ein Renningenieur Australier, der eine Fahrer Deutscher und der andere Brasilianer war, verlieren sich die romantischen Gedanken doch recht schnell wieder."

"So sieht man Ferrari letztendlich als absolut herausragendes Team, wo man gerne selbst fahren würde. Denn dann hättest du ganz gewiss ein sehr konkurrenzfähiges Auto unter deinem Hintern."

Das nächste Leserinterview kommt bestimmt... in Oschersleben!

Ihre Frage war nicht dabei? Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Alessandro Zanardi nicht alle uns zugesandten Fragen stellen konnten. Allerdings können wir Ihnen schon im Rahmen des kommenden Rennwochenendes der Tourenwagen-WM in Oschersleben (5.-6. September 2009) eine weitere Gelegenheit bieten, Ihre Fragen loszuwerden. Also zögern Sie nicht und senden Sie und schon jetzt Ihre Leserfragen an Alessandro Zanardi zu!