Vorschau: WTCC in Macao
'Motorsport-Total.com' blickt voraus auf das elfte und letzte WM-Wochenende in Macao: Das finale WTCC-Schaulaufen in der schillernden Spielerstadt
(Motorsport-Total.com) - Macao. Diese fünf Buchstaben lassen das Herz eines jeden Rennfahrers höher schlagen und auch die Fans kommen alljährlich auf ihre Kosten, wenn sich die Tourenwagen-WM (WTCC) nach Fernost aufmacht. In den Straßen von Macao findet seit 2005 der finale Aufgalopp der Rennserie statt, die sich den Kurs an diesem Wochenende mit mehreren anderen Meisterschaften teilt. Macao ist nicht zuletzt für den Formel-3-Klassiker bekannt, den viele Formel-1-Fahrer im Portfolio haben.

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Erstmals überhaupt wird der Titelkampf der Fahrer nicht in Macao entschieden
Auf rund 25 Quadratkilometer Inselfläche sind etwa 500.000 Menschen beheimatet, die einmal im Jahr ein wahres Motorsport-Festival erleben dürfen. Die ehemalige portugiesische Kolonie Macao wurde 1999 der Volksrepublik China als Sonderverwaltungszone angegliedert, die offiziellen Landessprachen sind Chinesisch und Portugiesisch. Die Rennen sind hingegen äußerst international - ebenso wie Macao selbst, das als Spielerparadies gilt.#w1#
Macao als Messlatte für die Stars von Morgen
Die Anfänge des Rennens vor den Toren Hongkongs - eine 50-minütige Fahrt trennt Macao auf dem Seeweg vom chinesischen Festland - datieren aus dem Jahr 1954. Was als Schatzsuche in der Stadtmitte begann, wurde schon bald zu einem Amateurrennen umgewandelt, das bis 1966 regelmäßig durchgeführt wurde. 1967 waren erstmals Motorräder mit von der Partie, ehe 1972 das erste Tourenwagen-Rennen veranstaltet wurde, das noch bis heute jährlich in Macao stattfindet.
1983 luden die Veranstalter erstmals die besten Formel-3-Piloten nach China ein, um in den Straßen von Macao die inoffiziellen Weltmeisterschaften für diese Nachwuchsklasse auszurichten. Bis heute pilgert die Crème de la Crème der Formel 3 alljährlich zum Guia Circuit. Das erste Rennen auf dem 6,117 Kilometer langen Stadtkurs entschied ein junger Ayrton Senna für sich, der schon bald in der Formel 1 für Furore sorgen sollte - weitere prominente Sieger folgten.

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In Macao war Jörg Müller sowohl in der Formel 3 als auch in der WTCC erfolgreich Zoom
Rekordweltmeister Michael Schumacher nutzte die Formel 3 einst als Sprungbrett zu einer außergewöhnlichen Motorsport-Karriere und drückte dem Rennen 1990 seinen Stempel auf. Im Jahr darauf war David Coulthard nicht zu schlagen - mit Ralf Schumacher (1995), Ralph Firman (1996) und Takuma Sato (2001) waren gleich noch drei weitere spätere Formel-1-Fahrer in Macao erfolgreich. In den Siegerlisten finden sich aber auch bekannte Tourenwagen-Größen.
1992 lautete der Gewinner Rickard Rydell, der damals auf dem besten Wege war, eine Formel-Karriere nach dem Vorbild von Senna und Schumacher anzustreben. Auch Jörg Müller (1993) holte sich einen Formel-3-Triumph in Macao und stieg anschließend als Testfahrer in die Formel 1 auf. Müller ist übrigens bis heute der einzige Rennfahrer, der in jüngster Zeit sowohl in der Formel 3 als auch im Tourenwagen das oberste Siegertreppchen erklimmen konnte.
Übertroffen wird der langjährige WTCC-Werkspilot von BMW nur noch von John MacDonald: Der aus England stammende, aber für Hongkong startende Rennfahrer war im Macao der 1970er-Jahre das Maß aller Dinge und siegte sowohl im Formel-Boliden (1965, 1972, 1973, 1975) als auch im Tourenwagen (1972) und auf dem Motorrad (1969). Diese Leistung konnte bis heute niemals wiederholt oder gar übertroffen werden.
Der Guia Circuit als die ultimative Herausforderung
Wenn die Tourenwagen-Weltmeisterschaft 2010 zum sechsten Mal das Saisonfinale in Macao bestreitet, dann dürfen sich die Zuschauer rund um den Kurs über ein actionreiches Rennwochenende freuen: Neben der WTCC sind noch weitere Rennserien um die Formel BMW, verschiedene Sport- und Tourenwagen, sowie die Superbikes in Macao zu Gast - Rennsport pur im "Monaco des Ostens".
Die knapp 6,2 Kilometer lange Rennstrecke gilt als eine der anspruchsvollsten Pisten der Welt, die nicht nur durch ihre - für einen Stadtkurs ungewöhnliche - Länge besticht. In den neun Runden, welche die WTCC-Fahrer auf dem Guia Circuit zurücklegen müssen, werden Mensch und Maschine enorm strapaziert. Neben einer langen Vollgaspassage mit einigen schnellen Kurven und langen Geraden gilt es, auch im kurvenreichen Mittelabschnitt der Strecke gut unterwegs zu sein.

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Die Formel 3 trägt in Macao traditionell ihre inoffiziellen Weltmeisterschaften aus Zoom
"Der Kurs ist sicherlich nicht ohne", bestätigt Macao-Sieger Ralf Schumacher gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Es kommt darauf an, dass man eine gehörige Portion Mut hat und man muss sich auch wohlfühlen im Auto, denn die Strecke lässt keine Fehler zu. Bei uns war es früher noch so: Wenn man ein paar perfekte Runden hatte, konnte man die Reifenmarkierung an den Seiten nicht mehr lesen. Es war halt immer sehr knapp", merkt Schumacher ironisch an.
Der Formel-3-Sieger von 2007, Oliver Jarvis, kann seinem DTM-Kollegen gegenüber 'Motorsport-Total.com' nur beipflichten: "Macao ist vielleicht eine der besten Rennstrecken der Welt", sagt der Brite. "Um ehrlich zu sein: Es ist einmalig! Das ist ein Straßenkurs mit über 20 Kurven. Dort habe ich eines meiner besten Rennen gefahren, die Atmosphäre ist schlichtweg gigantisch. Wir fahren mitten durch Macao, das ist schon ein sehr spezielles Rennwochenende."
WM-Entscheidung erstmals nicht in Macao
Mit fünf Siegen bei zehn ausgetragenen Rennen in Macao ist BMW der erfolgreichste Hersteller der Tourenwagen-WM. Augusto Farfus (Alfa Romeo/BMW/2005, 2009), Rob Huff (Chevrolet/2008, 2009), Andy Priaulx (BMW/2006, 2007) und Alain Menu (Chevrolet/2007,2008) trugen sich jeweils zweimal in die Siegerlisten ein, Duncan Huisman (BMW/2005) und Jörg Müller (BMW/2006) waren je einmal erfolgreich. In den Meisterschaftsläufen 21 und 22 wird 2010 aber kein neuer Fahrer-Champion gesucht.

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Huff, Muller und Menu: Chevrolet steht vor dem Gewinn der WTCC-Herstellerwertung Zoom
Ein solcher steht nach der Sitzung des Berufungsgerichts der FIA nämlich bereits seit Freitag fest: Die beiden BMW Team RBM Autos wurden in Okayama nachträglich disqualifiziert, weshalb Yvan Muller (Chevrolet) einsam und uneinholbar an der Spitze des Klassements liegt. Priaulx hatte sich nach dem Japan-Event noch Chancen auf den Titel ausgerechnet, verliert am Grünen Tisch aber die 18 Punkte für Platz zwei und damit sämtliche Möglichkeiten.
Damit fällt zum ersten Mal in der Geschichte der Tourenwagen-WM die Entscheidung nicht in den Straßen von Macao - zumindest im Hinblick auf die Fahrerwertung. Bei den Konstrukteuren ist theoretisch noch alles offen, praktisch muss Chevrolet (636 Punkte) jedoch nur noch wenige Zähler einfahren, um BMW und SEAT Customers Technology endgültig zu distanzieren. Aufgrund des Punkteschemas reichen schon simple Zielankünfte.
Wer macht das Rennen bei den Privatiers?
Weitaus mehr Spannung bietet dieses Mal daher der Titelkampf bei den Privatfahrern. Sergio Hernández (Proteam) reist mit 124 Punkten als klarer Favorit nach Macao - aber Vorsicht: Beim Finalevent der WTCC erhalten die Privatiers grundsätzlich die doppelten Punkte. Daher haben Darryl O'Young (Bamboo/103), Kristian Poulsen (Poulsen/97) und Franz Engstler (Engstler/95) ebenfalls noch Chancen auf den Titelgewinn.

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Sergio Hernández (m.) mit seinen Rivalen Franz Engstler (l.) und Darryl O'Young (r.) Zoom
Stefano D'Aste (Proteam/88) ist indes vorzeitig raus: Der Italiener vergnügt sich am Wochenende lieber bei der Rally Monza als in Macao. Sein Rennstall wird bei 210 Punkten trotzdem alles daran setzen, die Spitzenposition in der Teamwertung gegen Bamboo (181) und Engstler (126) zu verteidigen. Bei den Rookies kommt es in Macao zum Dreikampf zwischen Norbert Michelisz (147), Fredy Barth (130) und Michel Nykjaer (129).
Ein stolzes Fahrerfeld von 29 Piloten nimmt bereits am Donnerstag den Trainingsbetrieb in Macao auf: Beim letzten Rennwochenende des Jahres greifen die Piloten schon einen Tag eher ins Lenkrad, müssen dafür aber am Samstag pausieren. Dementsprechend finden die Freien Trainings und auch die Qualifikation schon am Freitag statt. Wie auf Stadtkursen üblich, dauert das abschließende Zeittraining auch in Macao 45 statt 30 Minuten.
Rückblick: Macao 2009
Im vergangenen Jahr lieferten sich in Gabriele Tarquini, Muller und Farfus gleich drei Fahrer einen heißen Tanz um den Titel, der von heftigen Unfällen in der Qualifikation überschattet wurde. Lada-Pilot James Thompson kam dabei mit leichten Verletzungen davon und konnte nicht starten. Muller und Tarquini crashten ebenfalls, gingen aber in die Rennen, welche von Huff und Farfus gewonnen wurden. Im zweiten WM-Lauf, der aufgrund eines Massenunfalls vorzeitig abgebrochen wurde, setzte sich Tarquini gegen Muller und Farfus durch und wurde zum ältesten Weltmeister aller Zeiten.¿pbvin|0|3279|wtcc|0|1pb¿
Fakten zum Rennwochenende in Macao (China):
Streckenlänge: 6,117 Kilometer
Renndistanz: Zwei Rennen à 9 Runden
Die Sieger in Macao 2005-2009:
2005: Augusto Farfus (Alfa Romeo), Duncan Huisman (BMW)
2006: Andy Priaulx (BMW), Jörg Müller (BMW)
2007: Alain Menu (Chevrolet), Andy Priaulx (BMW)
2008: Alain Menu (Chevrolet), Rob Huff (Chevrolet)
2009: Rob Huff (Chevrolet), Augusto Farfus (BMW)
Rundenrekorde:
Qualifikation: 2:30.285 Minuten - Alain Menu (Chevrolet, 2008)
Rennen: 2:32.076 Minuten - Tiago Monteiro (SEAT, 2009)
Der Zeitplan in der Übersicht:
Donnerstag, 18. November 2010
05:45-06:15 Uhr - Testsession
Freitag, 19. November 2010
01:45-02:15 Uhr - 1. Freies Training
05:30-06:00 Uhr - 2. Freies Training
08:50-09:20 Uhr - Qualifikation Q1
09:25-09:40 Uhr - Qualifikation Q2
Sonntag, 21. November 2010
01:00-01:15 Uhr - Warmup
04:50-05:15 Uhr - Rennen 1
06:10-06:35 Uhr - Rennen 2

