Rückblick 2010: Yvan Muller
Im zwölften und letzten Teil des Saisonrückblicks steht der neue Weltmeister im Zentrum: Wie es Yvan Muller gelang, sich erneut zum Champion zu krönen
(Motorsport-Total.com) - 22 Sprintrennen auf vier Kontinenten, 20 Stammfahrer in zehn Teams, vier Titelanwärter auf drei Marken und ein großer Sieger: Die WTCC-Saison 2010 begeisterte von März bis November mit spannenden WM-Läufen und vielen spektakulären Duellen. 'Motorsport-Total.com' blickt zurück auf ein Rennjahr, das Yvan Muller und Chevrolet als Titelträger sah. Heute: Yvan Muller.

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Daumen hoch für eine klasse Saison: Yvan Muller hatte die WTCC 2010 im Griff
Im vergangenen Jahr unterlag Yvan Muller nur knapp seinem damaligen Teamkollegen Gabriele Tarquini, doch für 2010 brauchte der Weltmeister von 2008 eine neue Herausforderung: Muller wechselte in der Winterpause zu Chevrolet und ersetzte dort den zumeist glücklosen Nicola Larini, um gemeinsam mit Rob Huff und Alain Menu einen Anlauf auf den Titelgewinn zu unternehmen.
Dieser Neuanfang sollte sich als wahrer Glücksgriff herausstellen, denn kaum hatte Muller im Januar den Testbetrieb im Chevrolet Cruze LT aufgenommen, stellte SEAT das Werksengagement in der Tourenwagen-WM ein. Während die anderen früheren Werkspiloten fieberhaft auf Budget- und Cockpitsuche waren, konnte sich Muller in aller Ruhe und Ausführlichkeit auf die Saison vorbereiten.
Prompt kam der Franzose beim Jahresauftakt im brasilianischen Curitiba sehr gut aus den Startlöchern: Pole-Position in der Qualifikation, Sieg im ersten Rennen. Der Grundstein für eine erfolgreiche Saison war gelegt. In den darauf folgenden Wochen und Monaten gewann Muller zwar "nur" noch zwei weitere Läufe, brillierte allerdings durch eine tolle Konstanz und überlegtes Fahren.
Die WM-Entscheidung fällt am Grünen Tisch
Das Wochenende im tschechischen Brünn stellt den einzigen schwarzen Fleck auf einer ansonsten blütenweißen Weste dar - diesen "Nuller" hat Muller aber nicht einmal selbst verschuldet. Der 41-Jährige wurde in eine Kollision seiner Konkurrenten verwickelt und abgeräumt, weshalb er in beiden Rennen nicht in die Top 10 fahren konnte. In jedem anderen Lauf holte Muller mindestens acht Zähler.

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Yvan Muller wechselte zur Saison 2010 zu Chevrolet - ein sehr guter Schachzug! Zoom
Im letzten Saisondrittel stand der Chevrolet-Pilot gar siebenmal in Folge auf dem Siegertreppchen und wurde von Valencia bis Macao sechsmal Zweiter - ohne Unterbrechung! Mit diesem beeindruckenden Schlussspurt führte Muller die Entscheidung in der Fahrerwertung herbei, die 2010 erstmals nicht in Macao, sondern am Grünen Tisch fiel: Das Berufungsgericht der FIA machte Muller zum Champion.
Doch auch ohne die Disqualifikation von Okayama hätte Andy Priaulx (BMW Team RBM) in Übersee nur noch theoretische Chancen auf den Titelgewinn gehabt, zumal Muller im Jahresverlauf im Schnitt deutlich ausgeglichener gepunktet hatte. Der Franzose wurde schließlich zum zweiten Mal nach 2008 Tourenwagen-Weltmeister und ist damit erster Champion, der seinen Titel zurückholen konnte.
Das Jahr der Rekorde für Yvan Muller
Darüber hinaus ist Muller der erste Rennfahrer in der noch jungen WTCC-Geschichte, der auf zwei Marken - SEAT und Chevrolet - ganz nach vorne fahren konnte. Erstmals gelang es einem Piloten zudem, sowohl mit einem Dieselauto als auch mit einem Benziner zu triumphieren. Die Saison 2010 brachte für Muller neben einem Punkterekord also noch viele weitere Bestleistungen mit sich.

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Wirklich entspannt ist Yvan Muller nie: Der Franzose will sich ständig verbessern Zoom
Die Bilanz des Routiniers fällt daher - nur wenig überraschend - überaus positiv aus: "Es war ein sehr gutes erstes Jahr bei Chevrolet", sagt Muller gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Ich bin sehr zufrieden, denn wir stellten unter Beweis, dass ein Benziner einen Diesel schlagen kann. Wir waren überall schnell und fuhren stets um den Sieg oder das Podium. Das war der Schlüssel zum Erfolg."
So einfach, wie sich dieses Rezept liest, war es für Muller aber nicht: "Die Umstellung vom SEAT León zum Chevrolet Cruze war größer, als ich das erwartet hatte", gesteht der französische Rennfahrer. "Das war eine große Herausforderung, die mich das gesamte Jahr über beschäftigte. Normalerweise braucht man nämlich etwa eine Saison, um sein Auto richtig zu verstehen."
Fehler bleiben (fast) aus: Die Konstanz triumphiert
"Im ersten Jahr bereits den Titel zu holen ist also eine klasse Leistung", findet Muller. Eric Nève stimmt zu. Der Chevrolet Europa Motorsport-Manager wartete viele Jahre auf den WM-Sieg seiner Mannschaft und freut sich dementsprechend über den Titel-Doppelschlag 2010. Besonders angetan ist Nève von der Fahrweise seines Landsmanns, die Chevrolet unterm Strich zum Champion machte.

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Im Regen von Okayama machte Yvan Muller seine direkten Konkurrenten nass Zoom
"Yvan führte die Meisterschaft bereits nach dem ersten Rennen in Curitiba an. Tarquini und Priaulx waren natürlich harte Konkurrenten, doch Yvan konnte sich durchsetzen. Das spricht für sich und seine Stärke, sich eine Meisterschaft einzuteilen", erläutert Nève und merkt an: "Das ist schon beeindruckend. Jeder weiß, wie stark Yvan im Rennen ist. Dabei bleibt er meist ohne Zwischenfälle."
Muller leistete sich in der Tat kaum Fehler und kam in der gesamten Saison nur zweimal richtig vom Kurs ab - allerdings ohne gravierende Folgen. Einen kleinen Mauerkuss im Zeittraining von Macao steckten sowohl der 41-Jährige als auch sein Auto locker weg, anschließend fuhr Muller eben "mit zehn Prozent weniger Risiko", wie er rückblickend zu Protokoll gibt. Oder er legt noch einmal nach.
Muller lehrt die Konkurrenz das Fürchten
So geschehen in Brands Hatch, was Nève noch immer fasziniert: "Das war etwas Besonderes", meint der Franzose und berichtet: "Auf seiner schnellen Runde in Q2 flog Yvan ab, holte sich dann einen frischen Reifensatz an der Box ab und stellte das Auto auf die Pole-Position. Das zeigt, wie stark er auch mental ist. Er ist nicht nur schnell und ein sehr starker Racer, sondern auch psychisch gewieft."

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Yvan Muller am Ziel der Saison 2010 - kann er auch im neuen Jahr triumphieren? Zoom
Und genau diese Abgeklärtheit bekamen die Rivalen in diesem Jahr mehrfach zu spüren, was freilich die Frage aufwirft: Wird Muller mit der Erfahrung einer kompletten Saison bei Chevrolet 2011 etwa noch besser? Die wahrscheinliche Antwort darauf lautet: Ja, denn der zweimalige Weltmeister und sein Team arbeiten bereits intensiv an den Neuerungen für das kommende WTCC-Rennjahr.
Die Konkurrenz wird es nicht gerne hören, aber gerade daran hat Muller am meisten Spaß: "Die Entwicklungsarbeit gefällt mir im Motorsport am besten. Das Rennfahren an sich ist nicht aufregender für mich. Ich freue mich daher schon sehr auf die neuen Regeln", hält Muller fest. Und welche Ziele hast du für 2011, Yvan? "Mein Plan ist immer derselbe: Ich versuche, mein Bestes zu geben..."¿pbvin|0|3365|wtcc|0|1pb¿
Der WTCC-Saisonrückblick 2010:
01. Das erste Saisondrittel
02. Das zweite Saisondrittel
03. Das dritte Saisondrittel
04. Die Privatierwertung
05. Die Rookiewertung
06. Fakten und Zahlen zur Saison
07. Team Wiechers
08. Team Engstler
09. BMW
10. SEAT
11. Chevrolet
12. Heute: Yvan Muller

