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  • 05.06.2011 14:40

  • von Stefan Ziegler

Regenchaos in Budapest: Doppelsieg für Chevrolet

Action in Ungarn: Norbert Michelisz crasht in Kurve eins, der Regen schlägt zu, Robert Dahlgren ist der tragische Held und Chevrolet feiert einen Doppelsieg

(Motorsport-Total.com) - Das zweite Rennen von Ungarn dürfte den Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben, denn so viel Action ist selbst für die stets lebhaften Sprintrennen der WTCC eher selten. Erst gab es einen Crash am Start, dann fegte ein Regenschauer über die Strecke, das Rennen wurde unterbrochen, Robert Dahlgren (Polestar) wurde zum tragischen Helden und Chevrolet holte einen starken Doppelsieg.

Titel-Bild zur News: Yvan Muller, Robert Huff, Gabriele Tarquini, Franz Engstler

...und am Ende schien wieder die Sonne: Das Siegerpodest nach Rennen zwei

Yvan Muller (Chevrolet) und Rob Huff (Chevrolet) gelang es nämlich nach dem Neustart, den bis dato Führenden Gabriele Tarquini (Lukoil-Sunred) niederzuringen und den italienischen Ex-Champion auf Position drei zu verweisen. Direkt dahinter hatte sich Dahlgren postiert, fiel aufgrund einer Strafe aber zurück bis auf Rang neun. Tom Coronel (ROAL) holte sich so Platz vier vor Tiago Monteiro (Sunred).

Erfreulich aus deutscher Sicht: Franz Engstler (Engstler) landete auf Platz fünf und sicherte sich damit den Klassensieg vor Javier Villa (Proteam) und Darryl O'Young (Bamboo). Dahlgren rettete mit Rang neun noch zwei WM-Punkte über die Linie, während Fredy Barth (SEAT-Swiss) als Zehnter auch in Lauf zwei punktete. Ein solches Ergebnis war zunächst aber bei Weitem nicht absehbar gewesen.

Michelisz trifft Poulsen - der GAU für die Fans

Das zweite Rennen von Ungarn war erst wenige Sekunde alt, da überschlugen sich auch schon die Ereignisse. Der stehende Start kam den BMW Piloten erwartungsgemäß entgegen und Alain Menu (Chevrolet) hatte schlechte Karten gegen die Hecktriebler um ihn herum, doch diese eliminierten sich schon in Kurve eins gegenseitig. Auslöser dieser Kollision war ausgerechnet Lokalmatador Michelisz.

Der ungarische Rennfahrer geriet im Startgetümmel auf das Gras am rechten Fahrbahnrand und konnte daher kaum verzögern, als Kristian Poulsen (Engstler) direkt vor ihm in die Eisen stieg und einlenkte. Was folgte, war eine Crash unter Markenkollegen, wobei der BMW von Michelisz schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Auch das Fahrzeug von Poulsen erlitt heftige Beschädigungen.

Das Feld umschiffte die havarierten Rennwagen und setzte seine Fahrt fort, doch weit kamen die restlichen 17 Piloten nicht. Was war los? Als Regenspezialist Robert Dahlgren (Polestar) als Erster von der Bahn flog und durch die Grünanlagen des Hungarorings pflügte, wurde deutlich: Die dunklen Wolken über der Rennstrecke hatten begonnen, sich zu entladen - Budapest versank im Platzregen!


Fotos: WTCC in Budapest


Die Bedingungen sind unfahrbar

Und jetzt gab es auf dem Kurs kein Halten mehr, denn mit Slicks auf plötzlich nasser Fahrbahn suchten manche Fahrer ihre Chance, was die Reihenfolge hinter dem Führenden Tom Coronel (ROAL) durcheinander wirbelte. In Runde eins ging das noch relativ glatt, doch schon einen Umlauf später liefen regelrechte Sturzbäche über die Strecke, sodass die Rennleitung ein Einsehen hatte.

Just in dem Augenblick, als die Protagonisten mehr schlitterten als fuhren, zeigten die Streckenposten rote Flaggen und das Rennen wurde nach wenigen Minuten abgebrochen. Die Teams rückten sofort mit Regenreifen aus und brachten ihren Fahrern die Pneus in die erneute Startaufstellung, wo unter weiteren Schauern ein Boxenstopp nach dem anderen vorgenommen wurde. Die WTCC rüstete um.

Während einige Fans total durchnässt bereits den Heimweg antraten, hielt der Großteil der Zuschauer aus und beobachte gespannt, was sich vor der Garage des Zengö-Teams tat. Dort arbeitete die Crew fieberhaft daran, den BMW 320 TC von Michelisz wieder flottzumachen. Angesichts der großen Schäden wurde aber noch immer geschraubt, als die Rennleitung den Neustart für 14:05 Uhr ansetzte.

Michelisz mischt doch noch einmal mit

Just 15 Sekunden vor dem Neustart des Rennens ordnete sich der orangerote Rennwagen am Ende der Boxengasse in die Warteschleife ein. Die Mechaniker hatten das Unmögliche möglich gemacht und das Auto von Michelisz in der Kürze der Zeit repariert, was die Zuschauer auf den Rängen äußerst wohlwollend zur Kenntnis nahmen. Hinter dem Safety-Car ging das Feld wieder auf die Reise.

Nach zwei Runden hinter dem Sicherheitsauto konnte es weitergehen. Tarquini verhielt sich beim Neustart überaus geschickt und zog auf regennasser Strecke den Sprint zur ersten Kurve geschickt an, sodass er mit einem Vorteil in den zweiten Teil des Rennens startete. Sein kleiner Vorsprung sollte die Verfolger aber nicht lange aufhalten - Muller und Huff holten sukzessive auf und Tarquini ein.

In der vorletzten Kurve musste der bis dato Führende erst Muller ziehen lassen, ehe Huff fünf Runden später ebenfalls an Tarquini vorbeiging. Damit waren die Positionen auf den vorderen Rängen erst einmal bezogen, denn die inzwischen abtrocknenden Bedingungen machten den Reifen schwer zu schaffen. Die Spitze beschränkte sich daher darauf, das Rennen sicher und ohne Risiko zu beenden.

Dahlgren kämpft und fängt sich eine Strafe ein

Anders ging es auf den Verfolgerrängen zu, wo sich vor allem Dahlgren hervortat. Der Schwede legte sich erst mit Monteiro an, ehe er auch Pepe Oriola (Sunred) anrempelte. Monteiro hatte seinen SEAT Leon 2.0 TDI noch meisterhaft abgefangen, doch Oriola konnte sein ins Trudeln geratenes Auto nicht mehr halten. Wenig später kam die Quittung für Dahlgren: Die Rennleitung gab ihm eine Strafe.

Der hart erkämpfte und durchaus verdiente vierte Platz für den Regenspezialisten war futsch, doch nach seiner Durchfahrtsstrafe belegte Dahlgren noch immer Rang neun - immerhin. Eine Begrenzung des Schadens gelang auf Michelisz, der dem Feld mit einer Runde Rückstand hinterherhetzte, seinen Fans aber zumindest noch die schnellste Runde schenkte. Und das mit einem Flickwerk-Fahrzeug!

Ganz vorne tat sich indes nichts mehr und Muller fegte vor Huff als Sieger des zweiten Rennens über die Linie. Nach acht WM-Läufen haben nun also alle Chevrolet-Piloten mindestens einmal gewonnen und der Titelkampf spitzt sich weiter zu. Vor dem nächsten Rennwochenende im tschechischen Brünn belegt das Trio nach wie vor die drei Toppositionen in der Gesamtwertung, trotz einiger Ausfälle.

Einen eben solchen hatte Alain Menu (Chevrolet) im zweiten Rennen zu beklagen. Kurz nach dem Neustart hatte sich der Schweizer mit Tom Coronel (ROAL) angelegt und war vor Kurve vier in die Banden eingeschlagen. Michel Nykjaer (Sunred) war indes einmal mehr im Reifenpech: Ein Pneu versagte wenige Runden vor Schluss und kostete den dänischen Rennfahrer einige WM-Punkte.