• 29.09.2008 17:49

  • von Stefan Ziegler

Nève im Interview: "Arbeiten fleißig an der neuen Generation"

Chevrolet-Teamchef Eric Nève im exklusiven Interview über die Meisterschaftschancen seiner Truppe und die Aussichten für 2009

(Motorsport-Total.com) - 19 Punkte Rückstand hat Chevrolet-Pilot Rob Huff in der Gesamtwertung der Tourenwagen-Weltmeisterschaft WTCC auf Spitzenreiter Yvan Muller (SEAT). Für Teamchef Eric Nève kein Grund, vorschnell aufzustecken und die diesjährige Saison ad acta zu legen. Vielmehr will man bei Chevrolet alles auf eine Karte setzen und versuchen, die SEAT-Armada doch noch am Titelgewinn zu hindern. Im exklusiven Interview mit 'Motorsport-Total.com' sprach Nève über den weiteren Saisonverlauf und das Jahr 2009.

Titel-Bild zur News: Eric Nève und Robert Huff

Wollen auch am Saisonende 2008 jubeln: Chevrolet-Duo Eric Nève und Rob Huff

Frage: "Herr Nève, Sie wären mit ihrer Mannschaft in Imola beinahe auf die Pole-Position gefahren. Wie war das Qualifying aus ihrer Sicht?"
Eric Nève: "Eigentlich sind unsere Pläne hervorragend aufgegangen. Wir wussten ja, dass Alain und Rob sehr schwer sein würden und daher mussten wir strategiemäßig etwas auf die Beine stellen, um etwas zu erreichen. Windschatten spielt hier eine sehr große Rolle. Wir haben das am Morgen ausprobiert und dabei festgestellt, dass es auf eine Runde fast eine halbe Sekunde bringt."#w1#

Chevrolet noch immer in der Lernphase

"Nicola (Nicola Larini; Anm. d. Red.) hat sich freiwillig geopfert und hat gesagt: 'Okay, ich ziehe die Mannschaft'. Die zwei schwereren Fahrzeuge haben davon natürlich profitieren können. Dafür muss ich dem Team ein großes Lob aussprechen, weil der Teamgeist wirklich ausgezeichnet ist. SEAT hat uns um ein Zehntel geschlagen, doch das ist im Hinblick auf eine Rundenzeit von fast zwei Minuten eigentlich nichts."

"Sie haben ebenfalls diese Windschattenstrategie ausgetüftelt und das offensichtlich auch um einiges besser als wir. Wir wussten ja, dass SEAT hier aufgrund des Drehmoments und der beraguf-Passagen ziemlich stark sein würde. Daher sind wir sehr zufrieden. Vor dem Qualifying hätte ich vermutlich gesagt, dass ich froh darüber wäre, wenn alle drei Wagen in die Top 10 kommen würden. So haben wir jetzt alle Autos in den Top 7, das ist natürlich prima und sehr zufriedenstellend."

Frage: "Wie sind Sie mit der bisherigen Saison zufrieden?"
Nève: "Wir haben seit der vergangenen Saison gezeigt, dass wir regelmäßig gewinnen können. In diesem Jahr fahren wir im Prinzip an jedem Rennwochenende auf das Podium - außer in Brasilien. Dort ist nun wirklich alles schiefgegangen. Es braucht aber noch eine Steigerung von der Siegfähigkeit in den einzelnen Läufen bis zur Rolle eines ernsthaften Titelkandidaten. Wir sind jetzt seit vier Jahren in dieser Meisterschaft dabei und lernen noch immer dazu."

"Rob liegt derzeit am engsten hinter dem Tabellenführer und wir müssen nun alles auf ihn setzen. Ich bin also zufrieden mit dieser Saison. Wenn wir allerdings wirklich um die Meisterschaft fahren wollen, dann müssen wir noch ein paar Fehler abstellen. Es gab Fehler im Design, beim Team und auf der Strecke. Das waren keine großen Sachen, haben uns aber Punkte gekostet. Wenn man um den Titel fährt, dann darf man sich solche Fehler aber einfach nicht erlauben."

Rob Huff soll auf den Titel angesetzt werden

Frage: "Heißt das, Nicola Larini und Alain Menu fahren ab sofort für Rob Huff?"
Nève: "Naja, man kann nicht sagen, dass sie für jemanden fahren. Sie sind natürlich ehrgeizige und professionelle Rennfahrer. Sie haben aber in der Qualifikation bewiesen, dass sie alles dafür geben werden, um Rob zu helfen. Auch wenn Nicola für sich gefahren ist: Er hat seine Runde ganz bewusst mit einem bestimmten Abstand zu Rob eingehalten, sodass dieser von seinem Windschatten profitieren konnte."

Frage: "Wie würden Sie Ihre Ziele für die verbleibenden Saisonrennen formulieren?"
Nève: "Wir wollen in den letzten Rennen dazu in der Lage sein, einen Fahrer zu haben, der um die Meisterschaft fährt. Unser Wunsch ist, dass wir in Macau noch dabei sind."

Frage: "Sie werden ab Monza ein viertes Auto einsetzen. Was ist der Hintergrund davon?"
Nève: "Eigentlich ist da ein Sponsorenkonsortium aus Japan auf uns zugekommen, weil sie ein gutes Fahrzeug für einen japanischen Fahrer haben wollten. Der Anstoß kam also von außen. Wir haben zwar vier Autos, wollten ursprünglich aber keinen vierten Wagen einsetzen. Eines davon ist nämlich ein Testträger und wir brauchen dieses Auto selbstverständlich noch für weitere Testfahrten."

"In Zusammenarbeit mit Schweden werden wir also das schwedische Auto einsetzen. Das Fahrzeug ist auf dem gleichen Standard, wird aber vom Chevrolet Team Schweden an den Start gebracht. Wir werden dem Team natürlich zur Seite stehen, wie sie das Setup zu gestalten und das Auto weiterzuentwickeln haben. Das ist aber kein viertes Werksauto an sich."

Frage: "Werden Sie die Anzahl an Werksautos aufstocken?"
Nève: "Nein. Unsere Pläne sind auf drei Autos ausgelegt. Wir haben konkurrenzfähige Wagen, woran auch einige Privatteams schon Interesse gezeigt haben. Noch gibt es allerdings nichts Konkretes. Klar ist: Sollte sich ein Privatteam für Chevrolet entscheiden, dann würden wir ihnen natürlich weiterhelfen. Das liegt schließlich ja auch in unserem eigenen Interesse, weitere Chevrolet in der Startaufstellung zu haben."

Chevrolet 2009 mit dem "Cruze" am Start

Frage: "Was ist für Chevrolet an der WTCC interessant?"
Nève: "Wir sind seit 2005 dabei und das ist zugleich der Anfangspunkt von Chevrolet in Europa. Wir haben zu diesem Zweck Marktforschungen angestellt und dabei bemerkt, dass unsere Bekanntheit in Ländern wie Deutschland zum Teil nur drei Prozent betrug. Wenn wir also konkret in einen Supermarkt marschiert sind und gefragt haben, was sich hinter Chevrolet verbirgt, dann haben 97 von 100 Leuten zurückgefragt, ob das eine neue Seife ist. Als wir die Leute dann etwas auf die Automobilschiene geführt haben, sind sie langsam auf die richtige Spur gekommen."

"Wir hatten also zwei Probleme: Zum einen mussten wir die Bekanntheit erhöhen und zum anderen wollten wir ja auch unsere Produkte zeigen. Das kann man nur mit Motorsport machen. Mit Motorsport und der Marketingplattform, die Eurosport zur Verfügung stellt, kann man beweisen, dass man die Bekanntheit erhöhen kann. Wir müssen auf alle Fälle demonstrieren, dass wir Autos produzieren, denn wir sind ja nicht als Sponsor in der WTCC."

"Wir sind ein Hersteller und die Tourenwagen-Weltmeisterschaft ist auch sehr gut dazu geeignet um zu zeigen, um welche Autos es sich bei uns dreht. Deswegen haben wir uns für Motorsport und die WTCC entschieden, anstatt in Sport, Konzerte oder was auch immer zu investieren. In einer idealen Welt sollte man eigentlich alles machen, doch das funktioniert leider nicht."

Frage: "Gibt es schon Pläne für 2009?"
Nève: "2008 wird wahrscheinlich das letzte Jahr sein, in dem wir das gegenwärtige Modell fahren. Wir arbeiten schon sehr fleißig an der neuen Generation. Das neue Auto heißt 'Cruze'. Ziel ist, rechtzeitig zur Markteinführung auch im Motorsport damit präsent zu sein. Der Cruze wird in Paris erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Das wird im Oktober passieren und danach wird die Produktion Schritt für Schritt in Angriff genommen. Wir haben schon Material und arbeiten auch schon daran."

Frage: "Das heißt, dass Sie 2009 mit dem Cruze in der Startaufstellung stehen wollen?"
Nève: "Genau, ja."

Frage: "Inwiefern wird sich der Cruze vom Lacetti unterscheiden?"
Nève: "Zu 100 Prozent. Da wird keine einzige Schraube identisch sein. Der Cruze ist zudem die erste globale Plattform für General Motors. Und das wiederum ist das Tolle an der WTCC: Wenn man Chevrolet ist, dann verkauft man Autos in über 160 Ländern und wir sind überall zu Hause - egal wo das auch sein mag. Es ist angesichts einer globalen Plattform natürlich sehr reizvoll, in einer Weltmeisterschaft dabei zu sein."

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