• 03.06.2012 17:02

  • von Stefan Ziegler

Menu siegt als Michel Vaillant beim Europa-Finale

Chevrolet-Fahrer Alain Menu gewann das zweite Rennen von Portugal souverän und machte damit Comic-Figur Michel Vaillant zu einem WTCC-Sieger

(Motorsport-Total.com) - Genau so hatte man sich den Abschluss der Europa-Saison aus der Sicht von Chevrolet vorgestellt: Alain Menu (Chevrolet) fuhr in Portugal im zweiten Rennen zum Sieg und bescherte Michel Vaillant damit einen perfekten WTCC-Einstand. Menu hatte die französische Comic-Figur in Portimao zum Leben erweckt, indem er in ihre Rolle geschlüpft war (Fotostrecke: Menu wird Vaillant). Und er spielte seinen Part wirklich sehr gut.

Titel-Bild zur News: Alain Menu

Alain Menu fuhr als Michel Vaillant zum Sieg im zweiten Rennen von Portimao

Schon beim Start sorgte der schweizer Routinier für eine Vorentscheidung, indem er sich noch vor der ersten Kurve gegen Pepe Oriola (Tuenti) durchsetzte. Nach der ersten Runde hatte Menu bereits zwei Sekunden Vorsprung auf seinen spanischen Verfolger. In den weiteren zehn Umläufen am Autodromo Internacional do Algarve ließ Menu dann nichts mehr anbrennen und holte sich souverän den Sieg.

Oriola kreuzte als Zweiter die Ziellinie und realisierte damit - als erst 17-Jähriger! - sein bis dato bestes WTCC-Ergebnis. Tom Coronel (ROAL) wurde Dritter vor Rob Huff (Chevrolet) und Yvan Muller (Chevrolet), die sich ein klasse Duell mit Serienneuling Alberto Cerqui (ROAL) geliefert hatten. Franz Engstler (Engstler), der einzige Deutsche im Starterfeld, holte beim Europa-Abschluss noch Punkte.

Doch der Reihe nach: Beim stehenden Start zum letzten Rennen vor der Übersee-Saison wäre es beinahe zu einem heftigen Crash gekommen. Gabor Weber (Zengö) würgte sein Auto auf dem vierten Startplatz ab und hatte viel Glück, dass die nachfolgenden Piloten ausweichen konnten. Ein Schlenker rettete die jeweiligen Fahrer vor einem üblen Auffahrunfall. Die erste Schrecksekunde war überstanden.


Fotos: WTCC in Portimao


Vorn machte Menu alles richtig und erleichterte Oriola noch vor der ersten Kurve um die Führung. Coronel zog mit und ging in Kurve vier ebenfalls am jungen Spanier vorbei, der sich in Runde drei aber revanchierte und Coronel wieder auf Rang drei verwies. Damit waren die Positionen auf den Toprängen bezogen, denn Menu hatte sich schon abgesetzt und Oriola war schneller als Coronel.

Tarquini hebelt sich selbst aus

Dahinter ging es wie gewohnt kunterbunt zur Sache: In der zweiten Runde lagen Tiago Monteiro (Tuenti) und Norbert Michelisz (Zengö) miteinander im Clinch, was Gabriele Tarquini (Lukoil) zu einem sehenswerten Manöver nutzte. Am Ende der kurzen Gegengeraden schnappte er sich beide. Pech für Michelisz: Wenig später wurde er auf die Wiese gedrückt und zunächst aus den Punkterängen heraus.

Dort hatten sich in der Zwischenzeit die weiteren Chevrolet-Werksfahrer eingerichtet. Yvan Muller (Chevrolet) und Rob Huff (Chevrolet) arbeiteten sich gemeinsam nach vorn und gingen nacheinander an Monteiro vorbei - im Fall von Muller allerdings nicht ohne dem Lokalmatadoren noch einen kleinen Schubser zu verpassen. Dies war aber nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte.

Nachdem das Chevrolet-Duo auch Cerqui geschluckt hatte, entwickelte sich nämlich ein spannendes Duell zwischen den Weltmeistern Tarquini und Muller, wobei sich Huff zunächst zurückhielt. In Runde acht wurde der Druck auf Tarquini so groß, dass er in der ersten Kurve die "Kampflinie" wählte und ganz innen blieb. Dadurch räuberte er zu sehr über den Randstein und hebelte sich selbst aus.

Cerqui macht sich einen Namen

Muller nutzte die Gunst der Stunde und ging mit viel Schwung innen an Tarquini vorbei, während Huff ebenfalls seine Chance suchte. Vor der vierten Kurve passierte es schließlich: Tarquini wollte auf der Bremse wieder nach innen stechen, stolperte dabei aber über den linken Kotflügel von Huff und drehte sich von der Bahn. Muller erhielt dabei einen leichten Schlag vom kreiselnden Tarquini.

Von all dem profitierte Huff, der bei diesem Trio auf einmal die Nase vorn hatte, während Muller sich direkt hinter ihm einordnete. Tarquini musste indes aufgeben. Diese Vokabel scheint Cerqui nicht zu kennen, denn der junge BMW-Pilot legte sich eiskalt mit den Chevrolet-Piloten an, nachdem er sie in der turbulenten Kurve vier passiert hatte. Erst in der vorletzten Runde verlor er diesen Zweikampf.


Die Rennen in Portimao

Allerdings gab er sich bis zuletzt nicht geschlagen und setzte sich immer wieder neben Muller, sodass er schließlich nur mit vier Zehnteln Rückstand auf Muller über die Linie kam - eine starke Leistung. Gleiches gilt für Engstler, der die Duelle im Mittelfeld gut überstand und als Neunter immerhin noch zwei Punkte mitnahm. Lada-Fahrer James Thompson ging - nach solider Fahrt - als Elfter leer aus.

Ein perfekter WTCC-Einstand für Michel Vaillant

Auch das Ford-Team ergatterte nichts Zählbares. Nach einer völlig verkorksten Qualifikation musste James Nash (Aon) seinen zweiten Ausfall hinnehmen, Tom Chilton (Aon) kam nur als 15. an. Stefano D'Aste (Wiechers) wurde gar nur als 18. gewertet, nachdem er schon früh von Mehdi Bennani (Proteam) umgedreht worden war. Mit der Entscheidung hatte er jedoch ohnehin nichts am Hut.

Denn Menu konnte es sich zum Schluss sogar leisten in aller Seelenruhe über die Linie zu fahren. Entsprechend groß war die Freude im Parc Fermé, als Zeichentrick-Künstler Philippe Graton seiner "Fleisch gewordenen" Comic-Figur Michel Vaillant zum Laufsieg gratulieren durfte. Für Menu war es obendrein der 20. Erfolg in der WTCC, doch die WM-Führung gehört weiterhin Titelverteidiger Muller.

Der französische Chevrolet-Pilot rangiert mit jetzt 245 Punkten souverän an der Tabellenspitze. Huff (227) und Menu (208) liegen knapp dahinter in Schlagdistanz, dahinter klafft eine große Lücke. Als Vierter hat Coronel (142) bereits über einhundert Punkte Rückstand auf Muller, führt aber immerhin die Verfolgergruppe um Tarquini (134), Oriola (107) und Michelisz (106) an. Engstler (40) ist Elfter.