• 02.04.2008 11:46

  • von Britta Weddige

Routine - der Schlüssel zum Argentinien-Erfolg

Die Routine hat Sébastien Loeb unter argentinischen Extrembedingungen den Sieg gebracht - Diskussion um Reifenreglement

(Motorsport-Total.com) - Argentinien 2008 - das war der Härtetest für Mann und Maschine. Allein von den 14 WRC-Piloten sahen sieben die Zielrampe nicht und gäbe es SupeRally nicht, wären nur fünf angekommen. Wer es - zumindest mehr oder weniger - heil bis zum Ende der 21. Wertungsprüfung geschafft hat, konnte punkten. Und wenn es nur für die Herstellerwertung war, wie bei Jari-Matti Latvala (Ford) und Per-Gunnar Andersson (Suzuki). Ford-Pilot Mikko Hirvonen und Gigi Galli (Stobart) gelang es dank des stark ausgedünnten Feldes sogar, trotz Re-Starts unter Super Rally-Bedingungen noch unter die Top 8 zu fahren und so kräftig in der Fahrerwertung zu punkten.

Titel-Bild zur News: Sébastien Loeb

Sébastien Loeb hat die nötige Routine, um in Argentinien heil druchzukommen

"Argentinien war immer schon eine recht schwierige Rallye und auch vom Gelände her sehr hart", erklärte Experte Armin Schwarz gegenüber 'Motorsport-Total.com'. Aufhängungsbrüche gab es auf der ruppigen Piste in diesem Jahr am laufenden Band: "Im Sommer hast du einen sandigen und erdigen Belag oben drauf und sobald es in den Herbst reingeht und zu regnen beginnt, ist dieser erdige Untergrund richtig schlammig und die großen Felsbrocken hast du unten drin. Die werden dann herausgefahren, denn die Allrad-Autos reißen den Untergrund stark auf und dann sind die versteckten Steine in der Spur und beim zweiten Mal Durchfahren ist dann meistens die Aufhängung kaputt. Die Aufhängungen sind meistens in der zweiten Durchfahrt gebrochen. Die Spur fährt sich heraus, wird tiefer und tiefer. Und wo anfangs nur ein kleiner Zahn herausgeschaut hat, hast du dann eine Stufe von 30 Zentimetern."#w1#

Besonnenheit ist nötig

Sieger Sébastien Loeb konnte allen drohenden Gefahren aus dem Weg gehen. Mit zweieinhalb Minuten Vorsprung holte er seinen 39. WRC-Sieg. Der viermalige Weltmeister war laut Schwarz aber nicht deshalb so überlegen, weil er besser fahren kann als alle anderen.

"Ich denke, dass Jari-Matti Latvala und Mikko Hirvonen genauso viel können wie Loeb, aber man muss es eben über die Distanz bringen." Armin Schwarz

"Ich denke, dass Jari-Matti Latvala und Mikko Hirvonen genauso viel können wie Loeb, aber man muss es eben über die Distanz bringen", erklärte der Experte. "Und bei so einer Rallye hilft die Routine sehr viel. Der Routinier kann sich hier wesentlich besser durchsetzen als ein Junger." Wer bei diesen Bedingungen draufgängerisch fahre und aufs Gas gehe, müsse damit rechnen, dass das daneben geht. "Man muss es besonnen angehen und mit Ruhe und Sicherheit zu Werke gehen. Das ist besser, als wenn man es fliegen lässt und sich dann ein Rad wegfährt, so wie es Hirvonen oder auch Latvala gemacht haben."

Ein weiteres Beispiel für einen Routinier ist Subaru-Pilot Petter Solberg. Auch er mit der nötigen Mischung aus Speed und Besonnenheit. Und seinen fast sicheren zweiten Platz hat der Norweger nicht deshalb verloren, weil er kurz vor dem Ziel doch noch einen Fehler gemacht hat, sondern weil die Elektrik seines Impreza plötzlich komplett streikte.

Ärger um das Reifenreglement

"Ich glaube nicht, dass er etwas gesagt hätte, wenn das problemlos gegangen wäre." Armin Schwarz

Doch auch Routinier Loeb musste bei dieser Rallye kämpfen - darüber könnte sein deutlicher Vorsprung vielleicht etwas hinwegtäuschen. Immer wieder kritisierte der Citroën-Star, dass die harten Reifen, die nicht mehr nachgeschnitten werden dürfen, bei diesen Bedingungen zum Sicherheitsrisiko werden. Es war ungewöhnlich deutliche Kritik für Loeb, der sich sonst in solchen Dingen eigentlich zurückhält. "Ich glaube, dass er auch ein paar Mal sehr am Limit war und dann einfach mal seinem Unmut freien Lauf gelassen hat", so Schwarz. "Ich glaube nicht, dass er etwas gesagt hätte, wenn das problemlos gegangen wäre."

Das neue Reifenreglement mit Einheitsreifen und Nachschneideverbot soll für mehr Chancengleichheit sorgen. Ob es aber wirklich das Gelbe vom Ei ist, bezweifelt allerdings auch der deutsche Rallye-Experte: "Ich bin der Meinung, dass man dem Sport hier den Entwicklungsschritt nimmt. Erst hat man das Mousse verboten, jetzt fährt man Einheitsreifen, die nicht einmal mehr geschnitten werden dürfen. Das sind für mich Dinge, die nicht notwendig sind und die man nicht braucht." Schwarz gibt zu bedenken, dass es für die Techniker nicht nur schwieriger wird, technische Fortschritte zu machen. Es werde für die Teams auch teurer: "Wenn einer das Auto rauswirft, weil der Reifen zu hart war, dann wird es für den Hersteller um ein Vielfaches teurer, als wenn er einen Reifen schneidet und er dafür zwei Reifen mehr für eine Rallye braucht. Das sind für mich immer Sachen, die nicht zu Ende gedacht sind."