• 27.07.2007 13:22

  • von Britta Weddige

Capitos Wünsche: Zwei Titel und Grönholms Verbleib

Das große Interview mit dem Ford Motorsport Direktor Jost Capito: Über die Stärken von Ford, das neue Auto und die Zukunft der WRC

(Motorsport-Total.com) - In knapp einer Woche wird mit der Rallye Finnland die zweite Hälfte der WRC-Saison 2007 eingeläutet. Das Ford-Werksteam tritt dort nicht nur als Gesamtführender in beiden WM-Wertungen an, sondern auch erstmals mit dem Focus RS WRC 07. 'Motorsport-Total.com' sprach mit Jost Capito, dem Ford Motorsport Direktor über den bisherigen Saisonverlauf und die Erwartungen für die zweite Hälfte sowie das neue Fahrzeug. Aber auch über die Neuerungen, die in der WRC in den kommenden Jahren anstehen sowie die Zukunft von Marcus Grönholm.

Titel-Bild zur News: Jost Capito

Jost Capito hat allen Grund, optimistisch in die zweite Saisonhälfte zu gehen

Frage: "Die erste Hälfte der Saison ist vorbei und Ford führt in beiden Meisterschaften. Wo lagen in dieser ersten Saisonhälfte die Stärken von Ford?"
Jost Capito: "Die Stärken lagen einmal in der Zuverlässigkeit des Fahrzeugs und auch in der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Focus. Und natürlich haben auch die Fahrer grossartige Leistungen gezeigt. Also ich würde sagen, es gab in der ersten Saisonhälfte keine Schwächen. Unser gesamtes Paket hat sich positiv weiterentwickelt."#w1#

Pause wurde genutzt

Frage: "Knapp zwei Monate Pause liegen hinter Ihnen, in Finnland wird der neue Ford Focus RS WRC sein Debüt haben. Was wurde denn in den vergangenen zwei Monaten alles getan?"
Capito: "Es wurde Verschiedenes getan. Zum einen hat natürlich das neue Fahrzeug den letzten Schliff bekommen, im Moment wird es gerade homologiert. Wir haben nicht nur am Fahrzeug entwickelt, sondern es in erster Linie getestet, um wirklich sicher zu sein, dass die Zuverlässigkeit mit dem neuen Auto nicht schlechter wird. Außerdem haben wir in der Zwischenzeit einige Aktivitäten durchgeführt, zum Beispiel Mitfahrgelegenheiten für Journalisten mit dem Focus RS WRC."

Frage: "Mit dem 'alten' Auto haben Sie in der ersten Saisonhälfte die Führung in beiden WM-Wertungen übernommen. Was können Sie da mit dem neuen Fahrzeug noch drauflegen?"
Capito: "Es gibt keine Revolution an dem neuen Auto in Vergleich zum bisherigen Fahrzeug. Das sind kleine Schritte, die sich über die Zeit, in der der jetzige Focus RS WRC eingesetzt wurde, angesammelt haben und die homologationspflichtig sind. Es gibt eine kontinuierliche Weiterentwicklung, aber Dinge, die homologiert werden müssen, darf man nur einmal im Jahr zusammen herausbringen und das ist bei uns eben jetzt für Finnland geschehen. In erster Linie wurde eine Gewichtsreduktion von Teilen erreicht. Wenn das Fahrzeug anfänglich entwickelt wird, wird es relativ leicht konstruiert und während der Entwicklung wird es natürlich immer schwerer. Und irgendwo muss man dann einen Punkt finden, wo man versucht, das Gewicht wieder zum Ausgangspunkt zu bringen - und das wurde in erster Linie gemacht."

Ford Focus RS WRC 07

Der Ford Focus RS WRC 07 feiert sein Debüt nächste Woche in Finnland Zoom

"Werden mindestens eine Asphaltrallye gewinnen"

Frage: "In der zweiten Saisonhälfte stehen auch vier Asphaltrallyes an. Da heißt es ja, dass die eher Citroën und Sébastien Loeb liegen. Haben Sie da Grund zur Sorge?"
Capito: "Man muss sehen, dass auch die Asphaltrallyes vom Charakter her unterschiedlich sind. Im vergangenen Jahr zum Beispiel hat Marcus Grönholm in Spanien geführt, bis er durch ein Turbolader-Problem gestoppt wurde. Das Auto ist sicher auch auf Asphalt konkurrenzfähig und die Fahrer haben auch das ihrige getan. Sie haben die zweimonatige Pause genutzt, um relativ viel auf Asphalt zu trainieren. Nicht nur mit dem Rallye-Auto, es ging darum prinzipiell auf Asphalt schneller zu werden. Von daher haben wir eigentlich keine Bedenken. Also ich bin davon überzeugt, dass wir mindestens eine Asphaltrallye gewinnen werden."

Frage: "Subaru ist in den letzten Läufen wieder stärker geworden. Können die Ihnen indirekt in der Weltmeisterschaft helfen, indem sie Citroën wichtige Punkte wegnehmen?"
Capito: "Ja, das kann natürlich in beide Richtungen losgehen, sie können uns auch Punkte wegnehmen (lacht; Anm. d. Red.). Generell ist es positiv, dass Subaru als dritter Hersteller jetzt wieder seine Stärke gefunden hat und auch vorne mitmischt. Das macht die Rallye an sich spannender. Ich denke, der Rest der Saison wird ausgeglichen sein. Sie werden mal uns, mal den Anderen Punkte wegnehmen können. Wir hoffen natürlich, dass sie Citroën mehr Punkte wegnehmen als uns. Aber damit sie Citroën Punkte wegnehmen können, müssen wir ohnehin vor ihnen sein, und dann spielt es wiederum keine Rolle. Denn wir müssen ja nicht aufholen, sondern wir sind im Moment die Gejagten. Um Weltmeister zu werden müssen wir weiterhin Rallyes gewinnen."

"Um Weltmeister zu werden müssen wir weiterhin Rallyes gewinnen." Jost Capito

Unterstützung für Privatteams

Frage: "Bei der ADAC Rallye Deutschland sind ingesamt elf Ford Focus RS WRC gemeldet. Bedeutet das Mehrarbeit für Sie?"
Capito: "Nein, für uns läuft es ganz normal. Es sind immer zwei Werksautos dabei, bei vier Rallyes in diesem Jahr werden es dann drei Werksautos sein, aufgrund der neuen Partnerschaft mit Abu Dhabi (Pilot ist Khalid Al Qassimi; Anm. d Red.). Die anderen Fahrzeuge sind Privatfahrzeuge. Wir von Ford finden es natürlich toll, dass so viele Privatfahrzeuge dabei sind, das unterstützen wir auch. Die meisten werden von M-Sport eingesetzt, die anderen werden von M-Sport sehr gut betreut und das ist auch der Grund, warum so viele Fords am Start sind. Die Kunden wissen, dass sie konkurrenzfähiges Material bekommen und auch siegfähiges Material bekommen, egal ob sie im letztjährigen oder auch im Vorgänger Focus fahren."

Frage: "Sie haben es schon angesprochen - Ford ist eine enge Partnerschaft mit Abu Dhabi eingegangen und das Werksteam wird dementsprechend im kommenden Jahr auch einen neuen Namen bekommen. Spricht das auch für die Werbewirksamkeit der Rallye-WM?"
Capito: "Wir von Ford wären nicht in der WRC, wenn wir nicht überzeugt wären, dass es sich für Ford wirklich lohnt und dass wir auch vom Image her zeigen können, wie zuverlässig unsere Produkte sind und dass es einen Technik-Transfer vom Rallyesport auf alle unsere Fahrzeuge gibt. Und das Engagement von Abu Dhabi zeigt, dass das nicht nur von Ford und den anderen involvierten Herstellern so gesehen wird, sondern eben auch mehr und mehr von Firmen oder Kunden, die sich in der Rallye engagieren. Abu Dhabi ist der erste Partner seit einer gewissen Zeit, der in einem so großen Stil einsteigt und wir denken, dass das auch für andere Firmen und Partner eine Signalwirkung haben könnte."

"Wir von Ford wären nicht in der WRC, wenn wir nicht überzeugt wären, dass es sich für Ford wirklich lohnt." Jost Capito

"Maßnahmen gehen in die richtige Richtung

Frage: "Ab 2009 wird es im WRC-Kalender weniger Läufe geben und in der Folge wird später auch noch das Reglement hinsichtlich der Kostenersparnis geändert. Was sagen Sie dazu?"
Capito: "Beide Maßnahmen gehen in die richtige Richtung. Die Weltmeisterschaft wird von 16 auf zwölf Läufe pro Saison reduziert, und das geschieht so, dass es jedes Jahr zwölf aus 24 sind, also dass eine Rallye in jedem Land nur jedes zweite Jahr stattfindet. Es war wichtig, dass man eine Lösung findet, um auch neue Märkte anzuspornen, in die WRC zu kommen. Wie zum Beispiel Indien, China, Russland oder andere Länder im Fernen oder Mittleren Osten. Wenn der Kalender wie bisher mit den 16 etablierten Events ausgebucht wäre, hätten andere Länder so gut wie keine Chance mehr, eine WM Rallye zu bekommen. Und die Reduzierung auf zwölf Läufe kommt, denke ich, allen entgegen. Jede Rallye sollte ihre eigene Identität haben. Und momentan geht die Rallyesaison von Januar bis Dezember, das ist sehr lang und auch sportlich und kommerziell nicht unbedingt optimal. Jetzt versucht man, die Saison mehr zu komprimieren und auf neun bis zehn Monate zu bringen. Und die Zeitspanne ist zu kurz um 16 Rallyes unterzubringen."

"Was das Reglement angeht: Ich denke, man muss ein Reglement finden - wobei die Entscheidung vom World Council jetzt auch in die richtige Richtung zielt - mit dem man die Rallye an sich fördert und auf breitere Basis stellt. Es muss einen guten Breiten- und guten Kundensport geben in Verbindung mit einer gesunden Weltmeisterschaft. Die Fahrzeuge, die um die Weltmeisterschaft fahren müssen leistungsmäßig und von der Performance her immer noch höher einzustufen sein als alle anderen Kategorien, aber sie sollten auf der Homologation für Kundenfahrzeuge oder Breitenmotorsport basieren. Das gebe einerseits einen breiteren Markt für die WRC-Fahrzeuge, die man zurückrüsten könnte auf Super2000-Fahrzeuge oder andererseits eben auch Super2000-Fahrzeuge, die aufgerüstet werden können. So hätten Teams auch die Möglichkeit, ohne zu großen finanziellen und technischen Aufwand kontinuierlich aufzusteigen. Die Erfahrung, die die Privat-Teams mit dem Auto dann haben, könnten sie übernehmen und die Autos einfach aufrüsten. Und damit ist es viel eher möglich, dass der Rallye-Sport und die Rallye Weltmeisterschaft noch interessanter wird."

"Es muss einen guten Breiten- und guten Kundensport geben in Verbindung mit einer gesunden Weltmeisterschaft." Jost Capito

Grönholm: Entscheidung im August

Frage: "Themawechsel: Spekuliert wird darüber, was Marcus Grönholm im kommenden Jahr macht. Gibt es da etwas Neues zu berichten?"
Capito: "Soviel ich weiß, will er sich im August entscheiden, ob er weiterfährt oder aufhört. Irgendwann nach der Rallye Finnland."

Frage: "Es wird auch schon viel über potentielle Nachfolger spekuliert. Ein Name, der immer wieder kursiert ist Jari-Matti Latvala. Was ist da dran?"
Capito: "Im Moment machen wir uns darüber noch keine Gedanken, sondern das machen wir dann, wenn es soweit wäre. Momentan gehen wir davon aus, dass Marcus zumindest noch ein Jahr für uns weiterfährt. Sollte er sich doch anders entscheiden, werden wir uns erst dann Gedanken über die Nachfolge machen."

Frage: "Abschließende Frage: Wenn Sie drei Wünsche frei hätten für den Rest der Saison, welche wären das?"
Capito: "Also der erste wäre, Hersteller-Weltmeister zu werden, der zweite wäre dass Marcus Fahrer-Weltmeister wird und der dritte wäre, dass Marcus noch bleibt."