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  • 21.11.2016 13:01

  • von Roman Wittemeier

Weltmeister Neel Jani: WEC wird weiter bestehen

Neel Jani macht sich nach dem Gewinn des WM-Titels viele Gedanken: Warum er hofft, dass der Audi-Ausstieg sich im Nachhinein positiv auf die WEC auswirkt

(Motorsport-Total.com) - Im achten Jahr im Sportwagensport hat Neel Jani den Olymp erklommen: Der Porsche-Werksfahrer sicherte sich in der Saison 2016 gemeinsam mit Romain Dumas und Marc Lieb den Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans und den Fahrertitel in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) im Porsche 919 Hybrid. Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' macht er sich viele Gedanken: Vom WM-Titel über seine Karriere, den möglichen Abschied eines Teamkollegen bis hin zur Zukunft der WEC ohne Audi.

Titel-Bild zur News: Neel Jani

Neel Jani ist mit 32 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Karriere Zoom

Frage: "Weltmeister 2016 - wie fühlt sich das an?"
Neel Jani: "Es fühlt sich gut an. Ich glaube, wenn wir es nicht geworden wären, dann wären die nächsten Tage mühsam gewesen. Es ist ja nicht nur so, dass wir Weltmeister geworden sind. Es ist die Kombination Le Mans plus WM-Titel - und das im vielleicht härtesten Jahr, das es jemals in der WEC gegeben hat. Genau deshalb haben wir es vielleicht auch geschafft: Weil immer andere gewonnen und sich gegenseitig die Punkte weggenommen haben. Beides in einem Jahr ist unglaublich."

Frage: "Als du mit Rebellion auf der Langstrecke angefangen hast, warst du sofort einer der besten Piloten. Schnell, konstant, fehlerfrei. Warum hat es solange gedauert, bis da etwas Greifbares bei rausgekommen ist?"
Jani: "Audi hat immer anderen einen Test gegeben. Damals gab es ja lange Zeit nur Audi. Von Peugeot habe ich einmal gehört, dass sie gesagt hätten, dass ich in den Junior-Kategorien immer nur Pech gehabt hätte. Das könne auf der Langstrecke nicht gutgehen. Darum habe ich damals nie bei einem Werksteam eine Chance bekommen."

"Porsche hat mir zum Glück die Chance gegeben und ich konnte sie nutzen. Nicht nur dieses Jahr mit dem WM-Titel und dem Le-Mans-Sieg, sondern auch vergangenes Jahr schon mit den Rundenrekorden in Le Mans und so weiter. Deshalb fühle ich mich gegenüber Porsche auch sehr loyal. Sie haben mir die Chance gegeben, diesen letzten Schritt zu gehen."

Frage: "Du hast Le Mans gewonnen und den WM-Titel geholt. Was sind jetzt deine Ziele, nachdem du alles Wichtige in dieser Szene gewonnen hast?"
Jani: "Wie das halt beim Rennenfahren so ist: Es hört nie auf. Wir müssen mal schauen: Wenn wir noch ein- oder zweimal Le Mans gewinnen könnten, wäre das eine schöne Sache. Und beim WM-Titel spielen immer viele wichtige Faktoren zusammen. Schauen wir mal, wie es überhaupt mit der WEC weitergeht."

Audi-Ausstieg als Chance für die WEC

Frage: "Gestern hatte ich vor allem bei Marc Lieb das Gefühl, dass er sich von allen verabschiedet. Zeichnen sich dort Veränderungen ab?"
Jani: "Dazu kann ich leider nicht viel sagen. Ich höre die Gerüchte. Ich weiß gewisse Dinge, aber von allem auch nur die Hälfte. Eines ist klar: Dass einer der Le-Mans-Sieger der letzten Jahre kommen wird. Ich habe die E-Mail für den nächsten Test in Aragon nur an mich adressiert bekommen. Ich weiß nicht, wer sie sonst noch erhalten hat."

Neel Jani, Marc Lieb

Ein unvergessliches Erlebnis: Der Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans 2016 Zoom

Frage: "Wie bewertest du die Situation der WEC nach dem Rückzug von Audi, den fehlenden privaten LMP1 und dem Wechsel deines Ex-Teams in die LMP2?"
Jani: "Wir haben sicherlich drei unglaubliche Jahre erlebt, wahre Mega-Jahre. In diesen bin ich im richtigen Auto dabei gewesen. Das ist erst einmal das, was im Moment überwiegt. Audi ist in manchen Jahren ganz alleine angetreten. Es hat Rennen gegeben, da waren wir mit dem Rebellion der größte Konkurrent. Ich will es nicht schmälern, aber da ist es natürlich kein Wunder, dass ein Audi Le Mans gewinnt, wenn nur Rebellion der Hauptkonkurrent ist."

"Auch diese Zeiten haben die WEC und der ILMC überlebt. Dass Audi aussteigt, ist sicherlich nicht gut für die Serie. Aber andererseits ist es vielleicht die chance, die die Organisatoren brauchen, um zu realisieren, dass sie selbst aktiv werden müssen und sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen können. Ich denke, das ist vielleicht die Chance, aktiv zu werden, um einen richtig großen Schritt zu machen. Das ist meine Hoffnung."

Frage: "Macht du dir Sorgen um den Fortbestand der Serie?"
Jani: "In Sachen GT absolut nicht. Ich denke, man muss sich eher fragen, was LMP-mäßig passiert. Die Serie und die 24 Stunden von Le Mans wird es weiter geben. Die Frage ist: Mit was für Autos treten wir an? Wie gesagt, Audi hat das jahrelang teilweise fast alleine gemacht und damals hat niemand groß gefragt. Jetzt stellen sich viel mehr Leute diese Frage. Klar, Konkurrenz belebt das Geschäft. Aber es hat aber auch immer Rückschläge gegeben."