Audi ungetrübt: Das Schlimmste zum Schluss
Nach drei Jahren fiel der Duval/Kristensen/McNish-Dienstwagen erstmals technisch bedingt aus - Fässler/Lotterer/Duval Zweite, weil "Toyota einfach stärker" war
(Motorsport-Total.com) - Audi beendete das Jahr in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) mit Platz zwei in Bahrain. Das Weltmeister-Team musste sich damit im achten Rennen zum zweiten Mal geschlagen geben, kann aber auf eine sportlich erfolgreiche Saison zurückblicken. Dabei befand sich das Team Joest beim 6-Stunden-Rennen bis kurz vor Halbzeit in aussichtsreicher Position. Loic Duval, Tom Kristensen und Allan McNish lagen im R18 e-tron quattro mit 15 Sekunden Abstand in Schlagdistanz zum führenden Toyota.

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Der Audi-Prototyp wählte einen Abgang, an den sich Ingolstadt ungern erinnern wird Zoom
Dann berichtete Duval in Runde 95 über Funk von einem Problem in der Kraftübertragung. Zum ersten Mal in 23 Rennen, die die verschiedenen Baureihen des Audi R18 seit 2011 absolviert haben, sorgte ein technischer Defekt für einen Ausfall. Anschließend übernahmen Marcel Fässler, Andre Lotterer und Benoit Treluyer den zweiten Platz von ihren Teamkollegen. Nach über dreieinhalb Stunden sprach die Rennleitung eine Durchfahrtstrafe gegen den Schweizer wegen Überholens unter Gelb aus.
So handelte sich der R18 e-tron quattro mit der Nummer 1 in dieser Phase mehr als eine Minute Rückstand ein und überquerte nach sechs Rennstunden die Ziellinie als Zweiter. Mit diesem 15. Podestplatz in der aktuellen WEC-Saison ging für Audi in Bahrain ein Langstrecken-Jahr voller Höhepunkte zu Ende. Sechs der acht WEC-Läufe entschied das Team Joest für sich - einen mehr als im Vorjahr. Bereits vorzeitig feierte das Unternehmen mit seinem Hybrid-Sportwagen den zweiten Titelerfolg in der Marken-Weltmeisterschaft.
Audi-Verantwortliche mit glorreichem Saisonfazit
Duval/Kristensen McNish gewannen ebenfalls vorzeitig die Fahrer-Wertung. Sie folgen damit auf ihre Teamkollegen Fässler/Lotterer/Treluyer, die im vergangenen Jahr die ersten Weltmeister der neuen Serie waren. Der zwölfte Sieg von Audi bei den 24 Stunden von Le Mans, der elfte Erfolg bei den zur American Le-Mans-Series (ALMS) zählenden 12 Stunden von Sebring, der Gewinn der traditionsreichen Auszeichnung Tourist Trophy in Silverstone sowie fünf Trainingsbestzeiten in der WEC komplettieren die Bilanz.
Klar, dass Wolfgang Ullrich da nicht Wagenladungen Taschentücher verbraucht: "Mit der Saison können wir sehr zufrieden sein. Wir haben die Weltmeisterschaft und die 24 Stunden von Le Mans gewonnen und tolle Rennen gezeigt. Dass es am Samstag nicht gereicht hat, war ein bisschen schade", so der Motorsport-Chef. "Aber Toyota war ganz einfach stärker. Leider ist der R18 e-tron quattro ausgerechnet in seinem letzten Rennen zum ersten Mal mit einem technischen Defekt ausgefallen. Aber das zeigt nur, wie zuverlässig unsere Autos bisher waren."
Projekt-Leiter Chris Reinke stimmt zu: "Wir blicken auf eine ganz starke Saison zurück. Wir hätten uns als Ziel noch einen Sieg gewünscht, so haben wir in Bahrain den zweiten Platz erreicht. Unsere Fahrer waren wieder hervorragend unterwegs. Der bisher einzige technisch bedingte Ausfall eines R18 unterstreicht nur, wie stolz wir auf all die bisherigen Leistungen dieses Rennwagens sein dürfen." Das findet auch Ralf Jüttner: "Das war eine sehr erfolgreiche Saison für Audi und für das Team Joest. Leider passt das letzte Rennen nicht ganz perfekt in dieses Bild."
Fässler zieht den Hut vor Toyota

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Die Oldies Kristensen und McNish lassen sich die Laune nicht so fix vermiesen Zoom
Der Joest-Technikchef räumt ein: "Toyota hat in den vergangenen beiden Rennen einen Schritt nach vorn gemacht. Unsere Weltmeister sind heute ausgefallen. Mit dem Auto Nummer 1 haben wir alles versucht, aber dann mussten wir eine Durchfahrtstrafe absolvieren und uns geschlagen geben. Dennoch: Wir haben dieser Saison unseren Stempel aufgedrückt." Dazu beigetragen hat auch Fässler, der ebenfalls den Hut zieht: "Natürlich hätten wir gerne auch dieses Rennen gewonnen, aber die Konkurrenz war heute sehr stark."
"Wir haben im Rennverlauf unsere Strategie geändert und ich bin mit einem Reifensatz zwei Stints gefahren", erinnert sich der Routinier. "Leider ist es nicht so ausgegangen wie erhofft, denn der Grip hat am Ende nachgelassen. Aber wir mussten einfach etwas riskieren. Für den Sieg haben wir alle sehr gekämpft. Insgesamt hatten wir eine tolle Saison, auf die das ganze Audi-Team stolz sein kann." Lotterer ist da keine Ausnahme, auch wenn er sich über Bahrain etwas ärgert: "Wir haben heute versucht, Kraftstoff zu sparen. Dadurch war der Rhythmus nicht ganz so einfach."
Der Wahl-Japaner hatte alle Mühe, sich seinen Weg durch die Autos zu bahnen: "Gegen Rennende war auch das Überholen in Pulks ungewöhnlich schwierig. In jeder Runde fuhren genau dort Autos, wo man es am wenigsten gebrauchen konnte. Aber unser Auto war heute sehr gut. Grundsätzlich sind wir auf anderen Streckentypen einfach stärker." Treluyer spricht von einem sehr harten Rennen: "Die Anfangsphase auf den gebrauchten Reifen war schwierig. Auf frischen Reifen war das Auto später leichter zu fahren. Ich habe etwas zu spät meinen Rhythmus gefunden. Unser Schwesterauto war einfach besser unterwegs. Aber wir haben gemeinsam eine tolle Saison erlebt."
Weltmeister trotz Technikpech zufrieden

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In der Wüste gab es für die Weltmeister außer Frust nichts zu holen Zoom
Die Gebeutelten hatten sich nicht in Bahrains Wüstensand eigegraben. Duval zeigt sich trotzdem etwas zerknirscht: "Wie erwartet hat sich ein harter Kampf mit Toyota entwickelt. Tom Kristensen war stark unterwegs, dann übernahm ich. Es war ein strategisch interessantes Rennen. Leider trat ein Defekt in der Kraftübertragung auf. Damit war unser Rennen zu Ende." Kristensen will seiner Crew keinen Vorwurf machen: "Alle Ingenieure, Mechaniker und die übrigen Mitarbeiter haben in diesem Jahr Tage und Nächte harte Arbeit geleistet, um uns diese schönen Autos vorzubereiten. Gerne hätten wir sie auch im letzten Rennen mit einem schönen Ergebnis belohnt. Bis zum Ausfall haben wir ihnen und allen Zuschauern einen schönen Kampf gezeigt."
Allan McNish bläst ebenfalls kein Trübsal: "Loic Duval, Tom Kristensen und ich hatten eine fantastische Saison. Wir haben alle großen Siege errungen, beginnend in Silverstone, dann natürlich die 24 Stunden von Le Mans, Austin und schließlich der vorzeitige Titelgewinn", findet der Schotte. "Wir kamen ohne Druck nach Bahrain. Wir haben mit Toyota gekämpft. Als ich kurz davor stand, zum ersten Mal ins Auto zu steigen, kam die Nachricht, dass das Rennen für uns zu Ende ist. Es ist der erste technisch bedingte Ausfall. Aber das kann eine ansonsten erstklassige Saison nicht mehr trüben."

