• 27.08.2012 09:14

  • von Markus Lüttgens & Roman Wittemeier

Audi fährt im Rekordtempo zum Herstellertitel

Durch den Sieg von Marcel Fässler, Andre Lotterer und Benoit Treluyer steht Audi schon zur Saisonhalbzeit als Herstellermeister der WEC fast

(Motorsport-Total.com) - Audi mit makelloser Halbzeitbilanz: In einem spannenden Kampf der Konzepte setzte sich die Hybridtechnologie des Audi R18 e-tron quattro auch beim vierten Lauf der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) durch. Bei den 24 Stunden von Le Mans hatte Audi im Juni mit dem ersten Sieg eines Hybrid-Fahrzeugs Motorsport-Geschichte geschrieben, nun folgte der zweite Triumph. In beiden Fällen steuerten Marcel Fässler, Andre Lotterer und Benoit Treluyer das siegreiche Fahrzeug mit der Startnummer eins.

Titel-Bild zur News: Marcel Fässler

So sehen Sieger aus: Lotterer/Treluyer/Fässler gewinnen auch in Silverstone Zoom

Der Schlüssel zum Sieg war gestern vor allem die Effizienz der Audi, wie Rennleiter Dieter Gass erklärte. "Es war ein sehr schwieriges Rennen. Toyota war erwartet stark, aber wir haben uns dank einer sehr guten Effizienz über die Strategie nach vorne kämpfen können", sagt Gass im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Im Verlauf von sechs Rennstunden benötigten Fässler/Lotterer/Treluyer mit ihrem Hybridfahrzeug sechs Boxenstopps und damit zwei weniger als die Zweitplatzierten Nicolas Lapierre/Kazuki Nakajima/Alexander Wurz im Toyota. Im Schnitt konnten die Audi mit einer Tankfüllung fünf Runden länger als der Toyota fahren, was auch Gass überraschte.

"Ich hatte gedacht, dass sie ein bisschen länger fahren können." Dieter Gass

"Ich hatte eigentlich gedacht, dass sie ein bisschen länger fahren können, denn in Le Mans war der Unterschied nicht so groß", so der Rennleiter. Den siegreichen Audi konnte gestern auch eine Stop-and-Go-Strafe nicht aufhalten. Treluyer wurde kurz vor Ende des ersten Renndrittels mit einem Ferrari kollidiert und daraufhin bestraft worden. Gass fand diese Strafe "schon hart" und ordnete die Aktion als Rennunfall ein. "Er ist nach links gezogen, aber der Ferrari ist auch nach rechts gezogen. So habe ich das gesehen." 32 Sekunden verlor das Fahrzeug der drei Le-Mans-Sieger deshalb, im Ziel betrug der Vorsprung dennoch 55 Sekunden.

Audi fährt fünf Runden länger als Toyota

Marcel Fässler

Das Duell Audi gegen Toyota wurde durch den Verbrauch entschieden Zoom

"Ich bin extrem glücklich, denn das ist mein erster Sieg bei einem 6-Stunden-Rennen. Schon zwei Mal lag ich in Silverstone in Führung, nun hat es endlich zum Sieg gereicht", freut sich Fässler. "Toyota war ein sehr starker Herausforderer. Unsere Mannschaft hat bei den Stopps perfekt gearbeitet und war wirklich schnell. Einfach toll!" Auch für Treluyer war es eine Siegpremiere bei einem Rennen über diese Distanz: "Noch nie habe ich ein Sechs-Stunden-Rennen gewonnen. Das war der nächste schöne Sieg für den Audi R18 e-tron quattro. Ich bin sehr zufrieden", so der Franzose.

Neben dem vierten Einzelerfolg hat Audi einen weiteren Grund zum Feiern: In der WEC-Konstrukteurswertung kann die Marke aus Ingolstadt nicht mehr eingeholt werden. Nach vier Titeln in der Rallye-Weltmeisterschaft zwischen 1982 und 1984 sowie dem Sieg im FIA-Tourenwagen-Weltcup 1995 hat Audi somit erstmals wieder einen weltweiten Titel errungen. Dagegen steigt die Spannung in der Fahrerwertung nach einem Führungswechsel nochmals: Mit ihrem zweiten Erfolg übernahmen Fässler/Lotterer/Treluyer erstmals in dieser Saison die Tabellenführung. Sie liegen zur Halbzeit gerade 4,5 Punkte vor den bisherigen Spitzenreitern Tom Kristensen und Allan McNish.


Fotos: WEC in Silverstone, Sonntag


"Ein toller Tag!", jubelt Lotterer. "Audi hat den Titel in der Tasche und meine beiden Teamkollegen und ich liegen in der Fahrerwertung in Führung. Das war ein fast fehlerfreies Rennen. Es gab lediglich eine Stop-and-Go-Strafe für Ben, nach der es dann recht knapp wurde. Aber da noch einmal ein Safety-Car kam, blieb uns am Ende ein kurzer Tankstopp erspart", so der Deutsche. "Das Auto lief perfekt. Es war ein tolles Wochenende, mit dem ich wirklich zufrieden bin. Ich freue mich schon auf Brasilien."

Reifenschaden wirft die Nummer zwei zurück

Allan McNish, Tom Kristensen

Tom Kristensen und Allan McNish verloren die WM-Führung Zoom

Kristensen und McNish hatten viel Pech auf dem Weg zu Platz drei in Silverstone. Die beiden Audi-Werksfahrer mussten sich im Audi R18 ultra mit Platz drei begnügen, da sie ebenfalls einmal ungeplant die Box ansteuern mussten. Wenige Minuten, nachdem McNish das Steuer erstmals übernommen hatte, zwang ihn ein schleichender Reifenschaden hinten rechts zu einem Reifenwechsel. Damit verlor er früh eine Runde und somit die Chance, im abwechslungsreichen Kampf der Konzepte eine größere Rolle zu spielen. Dennoch erreichte das Fahrzeug das Ziel mit nur knapp 19 Sekunden Rückstand auf den zweitplatzierten Toyota.

"Glückwunsch an Audi und an unser Schwesterfahrzeug zum Sieg", gratuliert Kristensen seinen Kollegen. "Wir waren am Anfang sparsam unterwegs, um uns einen letzten, kurzen Tankstopp am Rennende zu sparen. Doch dann kam leider einiges dazwischen", beklagt der Däne. "Die Strategie hat heute eine große Rolle gespielt", betont auch sein Partner McNish. "Unser Auto war sehr schnell. Wir wussten aber auch, wie man Kraftstoff spart. Deshalb hätten wir theoretisch einmal weniger stoppen müssen als unsere Gegner."

Keine Teamorder im WM-Duell

"Es gibt einen offenen Kampf, in den wir uns nicht großartig einmischen." Dieter Gass

"Leider brachte uns ein Reifenschaden um unsere Chance. Auch das Safety-Car hat uns bei unserer Strategie nicht geholfen. Und so wurden wir am Ende Dritte", bilanziert McNish. "Leider ist Platz drei natürlich kein Traumergebnis", zeigt sich auch Kristensen enttäuscht. "Es hätte ein deutlich engerer Kampf unseres Autos mit Toyota werden können." Bereits in drei Wochen startet Audi zum fünften WEC-Lauf. In Sao Paulo verstärkt Lokalmatador Lucas di Grassi das Fahreraufgebot von Audi als Teamkollege von McNish und Kristensen.

Nachdem die Herstellerwertung vorzeitige entschieden ist, wird die zweite Saisonhälfte vom Kampf der beiden Audi-Teams um die Fahrerkrone geprägt sein. Ob dabei am Ende der Hybrid- oder der Leichtbau-R18 gewinnt, ist Rennleiter Gass ziemlich egal: "Mein Traum ist, dass ein Audi-Team die WM gewinnt. Dafür werden wir uns einsetzen. Ich habe ehrlich gesagt keine Präferenz." Zugleich versprach Gass, dass beide Teams weiterhin frei fahren dürfen: "Es gibt einen offenen Kampf, in den wir uns nicht großartig einmischen."