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Interview mit Klaus Wohlfarth: Emotionales Jahr mit BMW 320 Judd V8

KW-Gründer Klaus Wohlfarth blickt auf das große Comeback mit Georg Plasas früherem Fahrzeug zurück und wirft einen Blick auf die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Er wirkt sichtlich gerührt, wenn man ihn auf das Bergrenn-Comeback des Jahres anspricht: Klaus Wohlfarth, Firmenchef von KW Automotive, hat mit einem kleinen Team den legendären BMW 320 Judd V8 aus einem jahrelangen Winterschlaf geholt. Jörg Weidinger lieferte in Goodwood eine Show der Extraklasse ab. Die Fans überhäuften KW mit emotionalen Briefen, alle möglichen Veranstalter mit Teilnahmeanfragen und die Medien mit Interviewanfragen. Für 'Motorsport-Total.com' nahm sich Wohlfarth Zeit zum Interview.

Frage: Ihr Team ist mit dem BMW 320 Judd V8 dieses Jahr zwei Veranstaltungen gefahren. Wie ist es gelaufen?
Klaus Wohlfarth: "Es ist sportlich überragend gelaufen. Damit hätten wir nicht rechnen können und auch nicht dürfen, dass wir bei einem Event wie Goodwood schnellstes klassisches Rennfahrzeug wurden. Das hätten wir uns nicht erträumen lassen."

"Was wir uns erhofft hatte, war, dass wir nach dieser langen Zeit Menschen erreichen, die sich mit diesem Auto irgendwie identifizieren können. Jeder hat dieses Fahrzeug mit Georg verbunden. Die Idee war eigentlich nur, das Auto in einem rennfertigen Zustand präsentieren zu können, nachdem wir die Einladung nach Goodwood bekommen haben. Das Ergebnis war wie gesagt überragend und noch besser war das Feedback aus der ganzen Welt, das wir auf diesen Einsatz erhalten haben."

"Es sind nicht alle Zuschriften bei mir eingegangen, aber es sind Anfragen aus der ganzen Welt gekommen - von Bergrennen, Rundenstreckenrennen, Shows und Messen aus der ganzen Welt gekommen sind. Und viele emotionale Zuschriften von früheren Weggefährten von Georg, die sich lobend zu dem Einsatz geäußert haben. Es waren tolle Berichte in den Medien zu lesen und die Reaktionen in den sozialen Medien waren sehr positiv."

Frage: Wie emotional war es für Sie?
Wohlfarth: "Das ist schon schwierig in Worte zu fassen. Das ganze Projekt wurde auf eine Initiative von ein paar Redakteuren gestartet, die das Fahrzeug hinter dem Vorhang gesehen haben. Ich habe mir damals zum Ziel gesetzt, das Auto in dem Zustand zu erhalten, in dem Georg es eingesetzt hat. Das war nicht ganz einfach."


BMW 320 Judd V8: Die Fahrt in Goodwood

"Ich hatte das Fahrzeug nur in Teilen übernommen. Es bis Goodwood in einen rennfertigen Zustand zu versetzen, war ein riesiger Aufwand. Da haben mir Mechaniker und junge Ingenieure geholfen. Mein Vertriebsleiter hat das Ganze koordiniert. Und erst in Goodwood sind wir alle wieder aufeinander getroffen - Mechaniker, die einst für Georg geschraubt haben, Jörg Weidinger als Fahrer und wir."

"Jörg habe ich erst in Goodwood persönlich kennengelernt. Natürlich hat er mir viele Geschichten erzählt, die mit Georgs Einsätzen verbunden waren. Das war schon sehr emotional, wenn man feststellt, dass dort so viele Leute zusammenkamen, die ein Teil der Geschichte mit Georg gewesen sind und ihre Storys zum Besten geben."

Frage: Wie viel Arbeit war nötig, um das Fahrzeug wieder rennfertig zu machen?
Wohlfarth: "Das lässt sich schwer in Stunden und Arbeitszeit beschreiben. Es haben viele kleine Teile gefehlt, die Georg selbst konstruiert hat und im Nachfolgeprojekt [BMW 134 Judd] verwendet hat. Der Motor musste komplett neu aufgebaut werden, was allerdings schon vor einigen Jahren passiert ist."


Pech für Jörg Weidinger beim FIA Hillclimb Masters

"Die Elektronik war in Goodwood noch gar nicht funktionsfähig, deshalb musste Jörg auf Traktionskontrolle und Renn-ABS verzichten. Umso erstaunlicher, wie gut er in der Lage war, das Fahrzeug zu zähmen. Natürlich ist der Jörg ein ausgezeichneter Autofahrer. Er hat eine gute Schule genossen. Bislang war mir noch gar nicht klar, wie sehr Georg Einfluss auf seine Rennfahrerkarriere genommen hat. Wie er an dem Rennwochenende das Auto bewegt hat, hat sehr an seinen Ziehvater erinnert."

Frage: Ihr seid nach Goodwood noch einmal angetreten, aber da lief es weniger gut...
Wohlfarth: "Wir sind Mitte Oktober zum FIA Hillclimb Masters nach Gubbio in Italien gegangen. Natürlich ist das Endergebnis nicht so, wie wir es uns gewünscht hätten. Wir hatten einen technischen Ausfall gleich im ersten Lauf. Da hätten wir natürlich gerne besser abgeschlossen. Uns ist die Kupplung am Start regelrecht explodiert und leider hatten wir keine Chance mehr, sie noch am Renntag zu reparieren."

"Dennoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Jörg in den beiden Freien Trainings wieder der schnellste Tourenwagen war. Und an dem Tag waren die Besten aus 21 Nationen dabei. Da knapp zwei Sekunden schneller zu sein war ein Statement, das man nicht hätten erwarten können. Gubbio ist eine Strecke, die auch in der italienischen Meisterschaft gefahren wird. Es war eine tolle Kulisse und eine tolle Strecke mit vielen begeisterten Zuschauern. Georg und das Fahrzeug waren in Italien Legenden."


Impressionen aus dem Freien Training in Gubbio

Frage: Blicken wir in die Zukunft: Ihr seid zweimal gefahren und habt überragendes Feedback erhalten. Motiviert euch das, mit dem Projekt weiterzumachen?
Wohlfarth: "Man muss zurückschauen, was wir mit dem Fahrzeug eigentlich wollten. Wir wollten es erhalten, um die Leistungen Georgs in Erinnerung zu behalten. Wir haben immer gesagt, dass unser Ziel ist, dass wir das Fahrzeug nirgendwo an den Start bringen wollen, wo wir uns mit Georg in einen Vergleich stellen würden. Wir können im Moment noch gar nicht sagen, ob und wo wir 2019 mit dem Auto aufschlagen werden."

"Es gibt sicher noch Strecken, die auf der Liste von Georg stehen. Die Einladung nach Goodwood war eines dieser Dinge. Auch gab es zu seiner Zeit das FIA Hillclimb Masters noch nicht. Er hätte sich die Gelegenheit, vor den heimischen Zuschauern dort zu fahren, sicher nicht entgehen lassen. Was es 2019 für Einsatzmöglichkeiten geben wird, müssen wir abwarten. Man muss auch wissen, dass es viel Koordination erfordert, alle, die das Projekt involviert sind, für ein Wochenende zusammen zu bekommen, um es in Georgs Sinne durchzuziehen."

Frage: Aber ihr habt vor, mit dem Auto weiter zu fahren?
Wohlfarth: "Ich bin sicher, dass man das Auto wiedersehen wird. Genau das ist die Zielsetzung. Wir möchten die Verbindung, die so viele Leute zu diesem Fahrzeug haben, aufrechterhalten. In Goodwood haben wir in diesem Jahr sportlich schon fast alles erreicht, was man erreichen kann. Aber wir haben schon noch das eine oder andere Projekt, das wir uns gut vorstellen könnten."

Frage: Etwa den Pikes Peak?
Wohlfarth (lacht): "Von den Pikes-Peak-Veranstaltern bin ich schon lange vorher angesprochen worden, ob wir dort nicht einmal antreten möchten. Wann immer sich Georg mit mir zusammengesetzt hat, war der Pikes Peak ein Thema."


Georg Plasa in St. Ursanne/Les Rangiers 2006

"Heute ist die Situation natürlich eine ganz andere als damals. Die Zeiten, die dort heute gefahren werden, sind schon in einer ganz anderen Dimension. Man hat am Pikes Peak gesehen, dass das Zeitalter des elektrisch angetriebenen Rennfahrzeugs angebrochen ist. Diese haben auf über 4.000 Metern natürlich einen großen Vorteil gegenüber einem hochdrehenden Saugmotor. Da gibt es wenige Möglichkeiten, herausragende Ergebnisse einzufahren. Es ist im Moment schwer zu sagen."

Frage: Möchten Sie noch etwas loswerden?
Wohlfarth: "Letztendlich geht mein Dank an die Fans für die vielen emotionalen Rückmeldungen und das positive Feedback auf unsere Einsätze. Das zeigt, dass der Einsatz von allen, die an dem Projekt mitgewirkt haben, von den Fans honoriert wird. Dafür meinen tiefsten Dank."

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