Im Exklusiv-Interview: Wo steht Philipp Öttl nach dem WSBK-Auftakt?

Philipp Öttl spricht über die Schwierigkeiten bei der Umstellung zur Yamaha R1 und erklärt, ob sich die Zielsetzung nach dem Start der Superbike-WM 2024 verändert hat

(Motorsport-Total.com) - Zwei WM-Punkte und P17 in der Meisterschaft: Philipp Öttls Start in die Superbike-WM-Saison 2024 verlief holprig. Beim Saisonauftakt auf Phillip Island (Australien) musste der Deutsche einige Rückschläge verkraften. Wir haben uns vor dem Europaauftakt in Barcelona (Spanien) mit Öttl im Fahrerlager getroffen und versucht, herauszufinden, wo der Yamaha-Pilot aktuell steht.

Titel-Bild zur News: Philipp Öttl

Philipp Öttl hofft, dass er sich ab Barcelona stärker auf das Fahren konzentrieren kann Zoom

"In Australien waren die Reifen ziemlich am Limit", blickt Öttl auf das erste Rennwochenende der WSBK-Saison 2024 zurück und schildert sein Problem: "Ich hatte das Gefühl, dass etwas mit dem Reifen ist. Ich wollte nicht riskieren, auf dieser Strecke mit einem defekten Reifen auszufallen."

Ein Sturz auf der Highspeed-Strecke in Australien hätte unangenehme Folgen gehabt. Dass Öttl mehr Potenzial hatte, als die Rennergebnisse vermuten lassen, sah man in den Trainings. "Nach den Freien Trainings lagen wir auf P9. Das war ziemlich gut", so Öttl.

"Im Moment schwankt es noch, manchmal fällt es uns leichter, manchmal schwerer. Ich muss das Motorrad noch besser verstehen", erklärt der Yamaha-Neuzugang, der sich im Winter in Spanien mit einer Stock-R1 vorbereitete und bei den Wintertests nicht viele Erfahrungen mit der Rennversion sammeln konnte.

"Mein Trainings-Motorrad, das Serien-Motorrad, verhält sich ganz anders als die Rennversion. Die WSBK-Version ist viel extremer", vergleicht Öttl im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Ich muss mich noch an das Motorrad gewöhnen. Das erfordert noch Zeit."

Philipp Öttl

Die Serien-R1 unterscheidet sich laut Öttl stark von der Rennversion Zoom

Wie Philipp Öttl seinen Fahrstil an die Yamaha R1 umstellen muss

In den beiden zurückliegenden Jahren zeigte Öttl bei GoEleven-Ducati einige starke Rennen und fuhr mehrfach in die Top 6. Wie unterscheiden sich die Ducati und die Yamaha hinsichtlich des Fahrstils?

"Man muss die Yamaha ganz anders fahren", stellt Öttl klar und präzisiert: "Ich muss höhere Kurvengeschwindigkeiten fahren." Auf Grund seiner Grand-Prix-Vergangenheit weiß der Deutsche, wie man flüssig fährt. "Ja, aber man muss das alles wieder reaktivieren", bemerkt Öttl, der sich in den beiden vergangenen Jahren an den Stil der Ducati gewöhnte.

Philipp Öttl

Mit der Ducati Panigale V4R zeigte Öttl im finalen Saisondrittel 2023 starke Leistungen Zoom

"Die Yamaha verzögert extrem gut", berichtet Öttl. "Das Schwierige ist, die Kurvengeschwindigkeit beizubehalten. Aktuell vermittelt mir das Motorrad aber noch kein konstantes Gefühl. Wir kommen der Sache näher, aber es ist noch Zeit nötig."

Philipp Öttl

An die hohen Kurvengeschwindigkeiten muss sich Öttl noch gewöhnen Zoom

Schwache Vorstellung im Vorjahr: Wie gut ist GMT94?

"Bei den Tests konnten wir alles etwas eingrenzen. Wir haben wirklich viele Dinge ausprobiert. Ich hoffe, dass wir langsam an den Punkt kommen, an dem wir weniger am Motorrad arbeiten und mehr am Fahrstil", erklärt er.

Bei den Testfahrten machte das Team umfassende Änderungen an der Geometrie und Elektronik. "Das Team versteht mich immer besser. Wir müssen so weiterarbeiten", ist er überzeugt. Angesprochen auf die Spezifikation, die Öttl bei GMT94 erhält, kann er nicht viel sagen.

Lorenzo Baldassarri

Vorgänger Lorenzo Baldassarri beendete die WSBK 2023 nur auf P18 Zoom

Der teilweise große Rückstand beim Topspeed lässt vermuten, dass GMT94 nicht das Material von Yamaha erhält, das vom Werksteam und GRT verwendet wird. "Wir müssen uns auf uns konzentrieren und versuchen, das Beste aus dem Motorrad herauszuholen", bemerkt Öttl, der keine Ausreden suchen möchte.

Die enttäuschenden Ergebnisse von GMT94 in der vergangenen WSBK-Saison deuten darauf hin, dass das Team nicht in einer Liga spielt mit dem Kundenteam GRT, das mit Dominique Aegerter und Remy Gardner einige Achtungserfolge erzielte. GMT94 erlebte im Vorjahr mit Moto2-Laufsieger Lorenzo Baldassarri eine schwierige Saison.

"Das Team bestreitet seine zweite Saison in der Superbike-WM. Klar, es gibt Teams, die mehr Erfahrung haben", kommentiert Öttl und stellt sich hinter sein Team: "Ich fühle mich im Team wohl. Die Mechaniker arbeiten gut. Im Moment arbeiten wir sehr intensiv."

"Klar, wir machen noch den einen oder anderen Fehler oder treffen eine falsche Entscheidung bei der Abstimmung. Das gehört aber dazu, um das nötige Wissen aufzubauen und zu lernen, welcher Weg der richtige ist. Es passt. Mit meinen Mechanikern komme ich gut aus, das Arbeitsklima stimmt", berichtet Öttl und betont: "Ich würde nie schlecht über mein Team reden."

Philipp Öttl

Philipp Öttl strebt konstante Top-15-Ergebnisse an Zoom

Vor dem Start der WSBK-Saison peilte Öttl die Top 10 an. Hat sich dieses Ziel nach dem durchwachsenen Start in Australien verschoben? "Im Moment muss es unser Ziel sein, in die Punkte zu fahren. Natürlich würde ich gern in die Top 10 fahren, wenn alles passt. Das ist weiterhin ein Ziel", bemerkt der Deutsche vor dem Europaauftakt in Barcelona.