• 01.10.2008 15:20

  • von Roman Wittemeier

Seyffarth: "Angriff auf die Meisterschaft"

Jan Seyffarth im Interview über die Titelchancen im Porsche-Carrera-Cup, den Teamwechsel im Supercup und die Wünsche für die Zukunft: "DTM ist das Ziel"

(Motorsport-Total.com) - Im Porsche-Carrera-Cup staunt man seit einigen Wochen über Jan Seyffarth. Der junge Querfurter schaffte nach einer eher mäßigen ersten Saisonhälfte plötzlich etwas, worauf man in der Serie womöglich nun wieder viele Jahre warten muss: Einen lupenreinen Hattrick. Mit drei Rennsiegen in Folge brachte sich der 22-Jährige völlig überraschend ins Titelrennen des Carrera-Cups und nun in René Rast nur noch einen Gegner. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärte Seyffarth, wie er sich den Meistertitel auf der Zielgeraden noch schnappen möchte.

Titel-Bild zur News: Jan Seyffarth

Jan Seyffarth will sich im Carrera-Cup im Endspurt noch den Titel sichern

Frage: "Jan, du hast eine einzigartige Bilanz in Barcelona, hast sowohl im Supercup, als auch im Carrera-Cup dort gewonnen. Was verbindest du mit der Strecke?"
Jan Seyffarth: "Zweimal dort, zweimal Pole, zweimal Sieg (lacht). Irgendwie mag ich die Strecke. Das war auch in den vergangenen Jahren schon so, aber es ist früher immer der große Erfolg dort ausgeblieben. Dieses Jahr hat es zweimal perfekt gepasst."#w1#

Frage: "Aber es ist doch irgendwie seltsam. Ihr fahrt mit dem Supercup die Grand-Prix-Strecke und mit dem Carrera-Cup die Kurzanbindung. Sind das nicht zwei Paar Schuhe?"
Seyffarth: "Ja klar, es sind zwei komplett andere Charakteristiken von der Strecke her. Trotzdem: Der Teil nach der Haarnadel ist wieder komplett der gleiche. Speziell dieser letzte Teil macht wir unwahrscheinlich viel Spaß. Das mag ein kleiner Teil sein, warum es bei mir dort so gut läuft. Aber im Grunde sind es schon zwei sehr unterschiedliche Strecken. Die Gripverhältnisse sind verschieden, der Verlauf ist anders, aber irgendwie scheint es doch zu gehen."

Gründe für den Teamwechsel

"Zu tolimit hatten wir schon seit etwa zwei Jahren Kontakt, rein freundschaftlichen Kontakt." Jan Seyffarth

Frage: "Du warst beim Team von Franz Konrad sehr erfolgreich und bis dennoch kurzfristig dort weggegangen. Warum?"
Seyffarth: "Wir hatten dort vertragliche Unstimmigkeiten. Wir hatten verschiedene Vorstellungen. Wir haben uns aber überhaupt nicht im Schlechten voneinander getrennt. Wir haben uns eben so entschieden, weil wir nicht überein kommen konnten mit dem Vertrag. Dann wollten wir eigentlich gar keinen Supercup mehr fahren, aber dann kam die Entscheidung, dass Nicolas Armindo nicht mehr bei tolimit fahren wollte. Zu tolimit hatten wir schon seit etwa zwei Jahren Kontakt, rein freundschaftlichen Kontakt. Dann sind wir aber schließlich mal dorthin gefahren und dann hat sich das so ergeben."

Frage: "Die Mannschaft von Hans-Bernd Kamps hat schon viele Erfolge in den Porsche-Cups gefeiert. Aber in diesem Jahr läuft es bei tolimit einfach nicht besonders. Woran liegt das aus deiner Sicht?"
Seyffarth: "Das ist für mich schwierig zu sagen. Im Carrera-Cup sind zwei Neulinge im Auto und das ist sicherlich immer schwierig. Wenn man sich mal anschaut, welche Dichte in den Porsche-Cups herrscht, dann ist es mit zwei Neulingen wirklich nicht einfach. Dann kam im Carrera-Cup auch noch Pech hinzu. Im Supercup sind es ein neues Auto und komplett neue Reifen. Außerdem ist der Jocke Mangs auch ganz neu hinzu gekommen. Wir haben für die drei letzten Rennen noch ein paar Sachen aussortiert und waren gar nicht schlecht dabei. Aber dann kam bei mir auch Pech hinzu. Ich war in Monza extrem schnell unterwegs. Da konnte man unser Potenzial sehen. Da hätte ich nur ein wenig Glück gebraucht."

"Ich bin sicher, dass wir genauso gut hätten aufs Podium fahren können." Jan Seyffarth

Frage: "Und ausgerechnet dort gewinnt dann Armindo in deinem ehemaligen Auto von Konrad..."
Seyffarth: "Ja, der hatte das nötige Glück. Die Verhältnisse waren mit dem ständigen Wechsel von Regen und trockenen Phasen schon ein bisschen abartig. Da haben sich vorne einige Leute gerangelt, er hat es ausgenutzt und am Ende das Rennen gewonnen. Überragend war er dabei nicht. Am Ende lag er vorn und konnte sich aus allem heraushalten. Ich bin sicher, dass wir genauso gut hätten aufs Podium fahren können."

Aufholjagd im Carrera-Cup

Frage: "Im Carrera-Cup läuft die Saison noch. Da lag René Rast viele Wochen meilenweit voraus und es schien eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, wann er den Sack zumacht. Jetzt bist du aber wieder ganz nah dran. Geht da noch was?"
Seyffarth: "Ja, auf jeden Fall gibt es noch einen Angriff auf die Meisterschaft. Es ist natürlich schwer, in einem Rennen noch einmal neun Punkte gutzumachen. Aber man kann schnell ganz oben sein und man sieht auch, dass man ganz schnell mal ganz unten ist. Das bedeutet: Bei einem Ausfall von ihm, reicht mir ein siebter Platz, um Meister zu werden. Da ist noch alles offen."

"Drei Siege in Folge kann man nicht so schnell nachmachen. Vielleicht sollte das am Ende belohnt werden." Jan Seyffarth

Frage: "Also du hast wirklich einige Rechenspiele im Kopf?"
Seyffarth: "Ja, man überlegt sich das ja schon. Ich rechne da gar nicht viel herum, sondern ich weiß einfach, für welche Position ich wie viele Punkte bekomme. Aus der Spitzengruppe hatte jeder schon einmal einen Ausfall, oder zumindest schlechte Ergebnisse - außer René. Von daher könnte bei ihm die Wahrscheinlichkeit noch ein bisschen größer sein. Die ist eigentlich bei jedem vorhanden. Aber bei ihm vielleicht ein bisschen höher, dass da doch nochmal ein Ausfall kommt. So denke ich daran und ich hoffe auch. Die zweite Saisonhälfte lief gut. Drei Siege in Folge kann man nicht so schnell nachmachen. Vielleicht sollte das am Ende belohnt werden. Aber: Auch wenn wir Vizemeister werden, ist das ein super Ergebnis. Nach der ersten Saisonhälfte hätte doch niemand damit gerechnet, dass ich noch mit um den Titel fahren könnte. Der Rückstand war viel, viel zu groß."

Frage: "Also würdest du sagen, die letzten Läufe waren perfekt?"
Seyffarth: "Ja, das war wie im Traum. Ich habe dreimal hintereinander gewonnen und hatte alle drei Male nicht damit gerechnet. Man rechnet nie so wirklich damit, aber es kam eben so. In Zandvoort waren die Bedingungen für mich perfekt, genauso wie in Monza. Am Nürburgring war es nach dem Motto: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. In Barcelona hatten wir auf ein Ergebnis in den Top 5 gerechnet. Aber dann gab es die Pole-Position und den Rennsieg, das war ein Traum. Ich hoffe, dass der noch bis Ende Oktober anhält."

Noch keine konkreten Zukunftspläne

Frage: "Unabhängig von deinem endgültigen Saisonergebnis: Weist du schon, was du in der kommenden Saison machst?"
Seyffarth: "Nein, leider noch nicht. Ende der Saison gehen die Gespräche wieder los. Aber jetzt läuft das absolut noch gar nichts. Es kommt natürlich schon darauf an, wie diese Saison zu Ende geht. Ich habe zwar schon mein Potenzial bewiesen, aber so ein Erfolg ist dann immer noch ein I-Tüpfelchen. Also müssen wir das mal abwarten."

"In der DTM als Werksfahrer unterwegs zu sein, das wäre perfekt." Jan Seyffarth

Frage: "Du bist erst 22 Jahre alt. Hast du ein Fernziel im Motorsport? Wo möchtest du mal hin?"
Seyffarth: "Ich möchte so hoch wie es geht. Realistisch gesehen ist natürlich die DTM das Ziel, welches ich erreichen will. Dort als Werksfahrer unterwegs zu sein, das wäre perfekt. Ich habe auch den Traum von der Formel 1, wie viele andere auch. Aber das ist eben ein Traum und wenn er sich erfüllt, dann wäre das natürlich spitzenmäßig. Das realistische Ziel ist aber die DTM."

Frage: "Ist der Zug für den Formelsport nicht sowieso abgefahren, wenn man einmal im Tourenwagen gefahren ist? Gary Paffett hat als Champion der DTM in der Formel 1 keine echte Chance gehabt und Paul di Resta könnte es bei seinem Weg auch schwer haben, oder?"
Seyffarth: "Ich kann das schwer einschätzen. Ich hatte schon einmal einen Test im DTM-Auto und ich muss sagen, dass sich so ein DTM schon eher wieder wie ein Formelauto anfühlt. Der Sprung vom DTM-Auto zurück in den Formelsport ist vielleicht noch möglich. Aber ansonsten ist es aus einem Tourenwagen zurück natürlich schwierig. Die Fahrphysik der Autos ist total unterschiedlich, ganz andere Charakteristik. Ich stelle mir das von daher schwierig vor. Ich habe das allerdings schon einmal gemacht. Ich bin während meiner Porsche-Zeit 2005 noch einmal ein Formel-3-Rennen gefahren und habe sogar gewonnen. Wenn man sich schnell umstellen kann, dann sollte es doch möglich sein."